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Expertenbeitrag: Nachhaltige Infrastruktur – mehr als nur Investments in den Klimaschutz

ESG bedeutet heute für institutionelle Investoren bereits weit mehr als Umweltschutz und das Monitoring der CO2-Fußabdrücke von Unternehmen. Neben dem E, also den Umweltaspekten, wird die Auseinandersetzung mit den Faktoren S (Soziales) und G (Governance) ebenso wichtig. Gerade das Soziale spielt bei nachhaltigen Infrastrukturprojekten eine große Rolle.

Thomas Wendt*

Das öffentliche Bewusstsein für die Ressourcenknappheit, das steigende Wohlstandsgefälle und das weltweite Bevölkerungswachstum ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Entsprechend ändern sich auch die politischen Rahmenbedingungen, besonders getrieben durch das Pariser Klimaabkommen und die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (SDGs). Beide Beschlüsse traten im Jahr 2016 in Kraft. Im Pariser Klimaabkommen wurde vereinbart, dass die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellen Werten beschränkt werden soll. Durch die 17 SDGs treten neben den dringlichsten Umweltproblemen auch soziale Bedingungen und die Unternehmensführung stärker in den Fokus. Konkrete Ziele sind zum Beispiel: „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“, „Nachhaltige Städte und Gemeinden“ oder „Widerstandsfähige Infrastruktur und nachhaltige Industrialisierung“.

Investoren für Klimaschutz und soziale Entwicklung
Der Prozess des Umdenkens hat neben Politik und Gesellschaft auch die Finanzbranche erfasst: Viele institutionelle Investoren suchen nach Anlagechancen, die ESG-Kriterien berücksichtigen. Zudem engagieren sie sich in freiwilligen Klimainitiativen, wie beispielsweise der Climate Action 100+, und ändern ihre Anlagerichtlinien. Diese enthalten immer öfter aktives Management und Monitoring der ESG-Faktoren.

Von besonderem Interesse sind Anlagen in Strategien, die eine messbar positive soziale und ökologische Wirkung haben, ohne sich negativ auf den finanziellen Ertrag auszuwirken. Eine Anlageklasse, die diese Aspekte besonders gut erfüllt, ist die Infrastruktur. Wie andere Private-Debt-Anlagen, ist sie in den vergangenen Jahren auch aufgrund der sogenannten Illiquiditätsprämie bei professionellen Anlegern beliebt: Die Umschichtung von Teilen der liquiden, öffentlich gehandelten Positionen in weniger liquide private Märkte bringt eine Diversifizierung für das Portfolio, und es können höhere risikobereinigte Renditen erzielt werden.

Infrastrukturinvestments nutzen der Gesellschaft
Jetzt werden Infrastrukturanlagen noch aus einem weiteren Grund attraktiv: Indem sie Projekte finanzieren, die ökologischen und sozialen Nutzen in Einklang mit den entsprechenden SDGs bringen, können Investoren den ESG-Fußabdruck ihrer Portfolios verbessern. Eine Fülle von Sektoren und Branchen steht hier zur Auswahl, in Entwicklungsländern genauso wie in Deutschland und Europa.

So unterstützen institutionelle Anleger durch Projekte im Transportsektor einerseits die Stärkung ländlicher Gebiete und andererseits den Ausbau nachhaltiger Transportlösungen. Dafür eignen sich beispielsweise Investments in Eisenbahn, Stadtbahn oder Ladestationen für Elektroautos. Oder sie wählen die digitale Infrastruktur, indem sie in bessere Internetkommunikation, beispielsweise durch Glasfasertechnologie, investieren. Dadurch können grundlegende, wohlstandsfördernde Dienstleistungen wie Online-Banking oder neue Wege zur Bildung ermöglicht werden. Sehr interessant sind auch Infrastrukturprojekte in den Bereichen Soziales und Gesundheit. Denkbar sind hier unter anderem Gesundheits- und Bildungseinrichtungen, Alten- und Pflegeheime oder Kindertagesstätten.

Auswahl an nachhaltigen Projekten wächst
Durch die private Natur ihrer Finanzierungen können Infrastrukturinvestoren alle Nachhaltigkeitsaspekte, die ihnen wichtig sind, direkt in die Verhandlungen mit den Projektträgern einbringen und beeinflussen diese somit über den gesamten Projektzyklus hinweg. Dadurch verbessern sie auch die Corporate Governance der Projektträger. So fordern sie immer häufiger die Transparenz der Berichterstattung und die Messung der ESG-Faktoren. Für Private-Debt-Investoren ist das sogar ein zentraler Bestandteil des Due-Diligence-Prozesses, der Dokumentation sowie der Finanzierungsgespräche. Das Umdenken in der Finanzbranche bewirkt so direkt und indirekt einen Bewusstseinswandel sowie die Umsetzung der SDG in vielen anderen Sektoren.

Für eine langfristig gute Performance sollten professionelle Investoren unterschiedliche nachhaltige Infrastruktursektoren mit breit gestreuten ESG-Vorteilen ins Portfolio nehmen. Ein Anlagespektrum, das über den Klassiker erneuerbare Energien hinaus geht, macht diese Diversifizierung leicht.

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*) Thomas Wendt, Senior Sales Director, NN Investment Partners