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Expertenbeitrag: Renditechancen bei Unternehmensanleihen aus Emerging Markets

In einem spätzyklischen Marktumfeld, das von engen Kreditspreads geprägt ist, können Unternehmensanleihen aus Emerging Markets bei einer nuancierten Betrachtung auch weiterhin Anlagechancen bieten. Tatsächlich ist die Fundamentalanalyse von Unternehmen aus Emerging Markets (EM) vielfach komplexer als in den Developed Markets (DM). Dies kann zu nachhaltigen Spread-Unterschieden zwischen EM- und DM-Unternehmensanleihen führen und Anlageopportunitäten bieten.

Nick Ivanov (oben) und Aayush V. Sonthalia

Ausschließlich für professionelle Investoren bestimmt. Alle Investments sind mit Risiken verbunden, einschließlich möglicher Kapitalverluste.

EM-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating werden zum Beispiel seit Mitte 2017 mit einem Spread von 15 bis 45 Basispunkten gegenüber entsprechenden US-Unternehmensanleihen gehandelt. Zuletzt lag die Differenz etwa in der Mitte dieses Korridors bei ca. 30 Basispunkten. Im Jahr 2018 kam es vor dem Hintergrund der drastischen Abwertung der türkischen Lira und dem negativen globalen Umfeld zu einem Abverkauf bei EM-Hochzinsanleihen. In der Spitze lag der Spread zwischen EM- und US-Hochzinsanleihen bei 50 Basispunkten.

In den meisten Fällen ist der zusätzliche Spread bei EM-Unternehmensanleihen nicht auf Kreditfaktoren zurückzuführen. In den Schwellenländern haben die Emittenten in den vergangenen Jahren ihren Netto-Verschuldungsgrad von etwa 1,9x im Jahr 2015 auf 1,6x gesenkt. Dagegen wiesen Investment-Grade- und Hochzins-Emittenten in den USA im dritten Quartal 2018 einen Netto-Verschuldungsgrad von 2,2x bzw. 3,3x auf.¹ Der Schuldenabbau bei den EM-Unternehmensanleihen hat zu einer relativ geringen Ausfallquote geführt (geschätzt auf ca. 2,2% im Jahr 2019). Für US-Hochzinsanleihen wird die Ausfallquote auf 1,5% geschätzt, der langfristige Durchschnitt liegt bei 3,0 bis 3,5%.²

Abnahme der Netto-Verschuldung bei EM Corporates



Quelle: J.P. Morgan CEMBI Index mit Stand Q3 2018 (neueste verfügbare Daten). Nur zu Illustrationszwecken.

Die Besonderheiten nutzen
Spreads und Ausfallquoten bieten bereits eine Grundlage für Relative-Value-Investments in EM-Unternehmensanleihen, und die Auswertung der individuellen Eigenheiten einzelner Märkte und Unternehmen bietet zusätzliches Renditepotenzial. Im Folgenden wird eine Reihe von Herausforderungen aufgezeigt, die den Researchprozess bei EM-Unternehmensanleihen verkompliziert. Diese individuellen Unterschiede können im Markt phasenweise zu Über- oder Unterreaktionen führen, die Anlagechancen eröffnen. Um diese Chancen zu erkennen, sind lokale Expertise und Bottom-up-Research unverzichtbar.

Staatliche Marktpräsenz: Ein entscheidender Unterschied zwischen Schwellenländern und Industrienationen ist die große Rolle, die staatseigene Unternehmen in den Emerging Markets spielen. Der J.P. Morgan CEMBI Index für Unternehmensanleihen besteht zu mehr als 40% aus staatseigenen Unternehmen. In China ist der Anteil mit 60% sogar noch höher. Neben den üblichen Problemen eines mangelhaften Berichtswesens und des schlechten Informationsflusses ist bei der Analyse von staatseigenen Unternehmen eine genaue Auswertung der Politik und der politischen Situation des Landes erforderlich.

Inflation: In einigen Schwellenländern führt eine hohe Inflationsrate zu zusätzlichen Problemen bei der Analyse von Finanzinformationen. Die sehr hohe Inflation in Argentinien macht zum Beispiel spezielle Rechnungslegungsmethoden erforderlich.

Strukturelle Komplexität: Die Organisationsstruktur von EM-Unternehmen ist häufig vielschichtig und komplex und kann Dutzende oder sogar hunderte von Tochterunternehmen umfassen. Grund für diese Strukturen sind häufig Steuerstrategien, in manchen Fällen kann das Motiv aber auch darin liegen, dass die Eigentumsverhältnisse zum Beispiel aus Sicherheitsgründen verschleiert werden sollen.

Governance-Fragen: Bei EM-Unternehmen ist die Unabhängigkeit des Vorstands nicht notwendigerweise gegeben und kann davon abhängen, ob das Unternehmen staatseigenen, in Privatbesitz oder börsennotiert ist. Börsennotierte Unternehmen haben im Allgemeinen aufgrund der börsenrechtlichen Anforderungen bessere Standards. Ein weiteres Problem kann daran liegen, dass EM-Unternehmen häufiger mit ihnen nahestehenden Unternehmen Geschäfte machen, als dies bei Firmen aus Industrienationen der Fall ist.

Neue Emittenten: Die Größe des Markts für EM-Unternehmensanleihen ist zwischen 2001 und 2018 von 860 Mrd. Euro auf 2.200 Mrd. Euro angewachsen.³ Bei vielen der neuen Anleiheemittenten kann es schwierig oder unmöglich sein, historische Daten und allgemeine Informationen über den Werdegang des Unternehmens zu finden.

Rechnungslegungsstandards: Obwohl sich Rechnungslegungsstandards und die allgemeine Transparenz in den letzten zehn Jahren verbessert haben, benutzen viele EM-Unternehmen immer noch lokale Rechnungslegungsvorschriften und nicht IFRS. So liegt zum Beispiel den Ergebnissen mexikanischer Unternehmen in vielen Fällen keine Kapitalflussrechnung bei. Eine Kapitalflussrechnung ist gegebenenfalls nur als Vorlage zur mexikanischen Börse vorgeschrieben und erfolgt häufig nur auf Spanisch. Einige lateinamerikanische Länder wie zum Beispiel Chile benutzen bei der Kapitalflussrechnung immer noch die direkte Berechnungsmethode, was es schwieriger macht, Veränderungen bei Betriebskapital und Liquidität zu verstehen. Außerdem unterscheiden sich die Qualität der Anmerkungen und der Detailgrad vieler Jahresabschlüsse je nach Land und Unternehmen erheblich.

In manchen Ländern (zum Beispiel in Russland) werden wichtige Information des Unternehmens primär durch die lokalen Medien und nicht vom Unternehmen veröffentlicht. Dies erfordert lokale Sprachkenntnisse und die Verlässlichkeit und der Wahrheitsgehalt derartiger Informationen müssen stets hinterfragt werden.

Schwieriger Vergleich: Es kann häufig schwierig sein, die historischen Daten von EM-Unternehmen zu vergleichen oder auch nur eine Vergleichsgrundlage zu erstellen. Einige EM-Unternehmen wechseln häufig ihre Rechnungswährung, was Änderungen an ihren Jahresabschlüssen notwendig macht. Andere legen keine Pro-Forma-Rechnungen vor, um Übernahmeaktivitäten, große An- oder Verkäufe transparent zu machen.

Fallstudie Syngenta AG
Syngenta AG ist ein Schweizer Agrochemieunternehmen, das von der China National Chemicals Corporation (ChemChina) erworben wurde. ChemChina ist ein staatseigenes Unternehmen und das größte Chemieunternehmen Chinas, tätig in den Bereichen Rohstoffe, Spezial- und Agrochemikalien. Die Transaktion war mit einem Wert von 44 Mrd. US-Dollar die bislang größte chinesische Akquisition eines ausländischen Unternehmens und hatte damit strategische Bedeutung. Aufgrund der Erhöhung der Verschuldung stufte Moody‘s das Kreditrating von Sygenta nach Vollzug der Transaktion in den Hochzinsbereich ab. Die Analysten von Moody‘s ließen dabei aber eine Unterstützung durch die chinesische Regierung bzw. die staatseigene ChemChina außer Acht. ChemChina stellte Syngenta Eigenkapital zur Verfügung, um Syngenta bei einer Rückzahlung von 2 Mrd. US-Dollar im Rahmen eines Buyout-Kredits zu helfen.

Wir konnten durch Gespräche mit beiden Unternehmen die Bereitschaft ChemChinas ermitteln, Syngenta zu unterstützen. Unser Research zeigte außerdem, dass Syngenta aufgrund seines Liquiditätsprofils über erheblichen Spielraum verfügte. Syngenta war der drittgrößte Akteur innerhalb des oligopolistischen globalen Marktes für Agrochemikalien und wir kamen zu der Überzeugung, dass der Markt die eigenständige Kreditwürdigkeit von Syngenta unterschätzte. Tatsächlich haben sich die Anleihen von Syngenta seit der Abstufung deutlich erholt (siehe Abbildung unten).

Syngenta: deutliche Ausweitung der Spreads durch ChemChina-Übernahme, trotz ausreichender eigener Bonität



Quelle: Bloomberg und PGIM Fixed Income, Stand: Juni 2019. Nur zu Illustrationszwecken. Verweise auf spezifische Wertpapiere und ihre Emittenten dienen ausschließlich der Veranschaulichung. Sie sind nicht als Empfehlung zum Kauf oder Verkauf derartiger Wertpapiere gedacht und sollten nicht als solche aufgefasst werden. In diesem Dokument genannte Wertpapiere können (müssen aber nicht) zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Dokuments im Rahmen der Strategie gehalten werden. Soweit solche Wertpapiere gehalten werden, wird keinerlei Aussage darüber gemacht, ob dies auch in Zukunft der Fall sein wird.

¹Quellen: J.P. Morgan für den Netto-Verschuldungsgrad für US-IG-Anleihen, BofA Merrill Lynch Global Research für den Netto-Verschuldungsgrad von US-Hochzinsanleihen (ohne Rohstoffsektor).
²Quelle für die Ausfallquoten: J.P. Morgan.
³Die Marktgröße basiert auf dem J.P. Morgan CEMBI Benchmark.


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*) Nick Ivanov, CFA, ist Head of Emerging Markets Corporate Bond Research für PGIM Fixed Income. Herr Ivanov analysiert Unternehmensanleihen aus Schwellenmärkten in Lateinamerika, Europa, dem Nahen Osten und Asien (EMEA). Bevor er im Jahr 2008 zu PGIM wechselte, arbeitete er als leitender Kreditanalyst für die Emerging Markets Group von JPMorgan Asset Management in New York und als leitender Analyst für das europäische Kreditteam von JPMorgan Fleming Asset Management, London. Er hält einen MA in Philosophie der Universität Sofia, war Stipendiat an der Universität Wien und hält einen MBA in Finance der Columbia University.

Aayush V. Sonthalia, CFA, ist Portfoliomanager für Emerging Market Corporates bei PGIM Fixed Income. Davor war er in der Credit Research Group von PGIM Fixed Income als Analyst für Unternehmensanleihen aus Asien tätig. Bevor er 2012 zu PGIM Fixed Income wechselte, war Herr Sonthalia als Portfoliomanager bei BlackRock, Inc. und als Händler, Researchanalyst und Portfoliomanager für R3 Capital und Lehman Brothers tätig. Er erwarb einen Bachelor of Engineering der Universität Mumbai und einen MBA des Indian Institute of Management, Ahmedabad.

PGIM Fixed Income ist ein globaler Assetmanager, der aktive Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 776 Mrd. US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter den IPE Referenzen und auf www.pgimfixedincome.com. (Stand: 31. März 2019).

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Quelle(n) der Daten (soweit nicht anders angegeben): PGIM Fixed Income vom 1. Juli 2019.