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Expertenbeitrag: Risikogesteuerte Multi-Asset-Strategien

Die Finanzkrise hat den Fokus einiger Anleger radikal verändert. Nachdem früher häufig Ertragsprognosen im Mittelpunkt standen, rückt heute immer häufiger das Risiko einer Anlage und ihrer Komponenten in den Vordergrund. Trotz einer strikten Risikosteuerung sollten Anleger jedoch nicht die Chancen aus den Augen verlieren.

Der Erkenntniswandel beruht auf verschiedenen Faktoren: Viele Strategien, die stark auf Marktprognosen basieren, haben in den letzten Jahren enttäuscht. Dies liegt häufig daran, dass diese Strategien in einigen Marktszenarien funktionieren, in anderen nicht. Sie weisen häufig nicht die Konsistenz auf, die nötig ist, um in unterschiedlichen Marktszenarien vernünftige Renditen zu generieren. Zudem kann man als Anleger nur schwerlich prognostizieren, ob nun ein für die Strategie positives oder negatives Marktumfeld vor einem liegt.

Ein anderer Grund für die Enttäuschung ist darin begründet, dass in der Vergangenheit viele Strategien, die einen absoluten Ertrag anstrebten, zu stark auf Aktien ausgerichtet waren. So konnte deren unterdurchschnittliche Rendite nicht durch andere Anlagen ausgeglichen werden. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass langfristig stabile Erträge mit Aktien oder mit einem Portfolio, welches schwerpunktmäßig in Aktien investiert nur schwerlich erreicht werden. Denn die Schwankungen, die aufgrund der starken Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung mit Aktien einhergehen sind oft zu hoch.

Eine erfolgreiche Investmentlösung für positive Erträge sollte den Spagat zwischen einer stabilen langfristigen Asset-Allokation und den kurzfristigen Rahmenbedingungen (im Wesentlichen zum Beispiel einem gegebenen Risikobudget) schaffen. Im Bereich der Multi-Asset Strategien hat der Fokus auf Risiko einige wichtige Vorteile: Die Verteilung der Anlagen ist relativ robust und hängt nur von wenigen Parametern ab.

Im Gegensatz dazu ist die klassische Portfolio-Optimierung auf Basis von Rendite- und Risikoschätzungen im Allgemeinen sehr stark von den Eingabegrößen abhängig. Daraus folgt, dass eine relativ kleine Änderung der Ertragsschätzungen einen vergleichsweise großen Einfluss auf die Portfolio-Allokation hat. Wenn man zusätzlich berücksichtigt, wie groß eigentlich die Unsicherheit bei der Parameterschätzung ist, folgt unmittelbar, dass derartige Optimierungen nicht ausreichend robust sind. Die gilt umso mehr in einem Marktumfeld wie dem heutigen, in dem der Manager fast täglich mit neuen Überraschungen konfrontiert wird.

Der Investmentansatz für unsere Risikogesteuerte Multi-Asset Strategie (sh. auch Abbildung im Anhang) lässt sich in drei wesentliche Schritte gliedern:


Schritt 1: Strategische Allokation
Ziel ist es, mögliche wirtschaftliche Szenarien entsprechend zu berücksichtigen, so dass das Portfolio in unterschiedlichsten Marktphasen eine ansprechende Rendite generieren kann. Abbildung 1 zeigt die Auswahl der Anlageklassen und die entsprechenden Wirtschaftsszenarien. Bei der Gewichtung berücksichtigen wir unter anderem den Risikobeitrag der verschiedenen Anlageklassen. Darüber hinaus ist es auch äußert wichtig die Volatilität der strategischen Allokation auf das zur Verfügung stehende Risikobudget abzustimmen.

Wir konzentrieren uns im Wesentlichen auf drei Anlageklassen: Aktien, Staatsanleihen und Rohstoffe. Eines der wichtigsten Kriterien aus unserer Sicht ist die Liquidität der Finanzinstrumente. Daher verwenden wir nur Anlagen, die sich im Extremfall innerhalb eines Tages komplett veräußern lassen. Die verwendeten Märkte weisen einen liquiden Derivatemarkt auf, so dass schnelle Umschichtungen zu extrem geringen Kosten auch in turbulenten Marktphasen möglich sind.

Im Aktienbereich werden zur Optimierung der strategischen Allokation niedrig-volatile Aktieninvestments eingesetzt. Unser Ansatz ist äußerst flexibel und kann daher problemlos rechtliche Einschränkungen und spezifische Kundenanforderungen berücksichtigen. Deutlich im Vordergrund steht jedoch die Abkehr von kapitalisierungs-gewichteten Verfahren hin zu risikoorientierten Methoden.


Schritt 2: Taktische Allokation
Kurzfristige Marktschwankungen erzeugen Chancen für Zusatzerträge gegenüber der strategischen Allokation. Diese können durch aktive Umschichtungen zwischen den einzelnen Anlageklassen genutzt werden. Wir sind der Ansicht, dass ein disziplinierter, systematischer Prozess dafür besonders geeignet ist.

Unsere Modelle werden getrieben durch verschiedene Ideen mit solidem fundamentalem oder marktpsychologischem Hintergrund. Alle Konzepte, die wir benutzen, müssen in verschiedenen Marktgegebenheiten und wirtschaftlichen Situationen reproduzierbar sein. Umfangreiches Research und regelmäßige Weiterentwicklung ist eine wichtige Grundlage für den langfristigen Erfolg der Modelle.

Bei der Umsetzung der taktischen Allokationen berücksichtigen wir, dass nur ein begrenztes Risikobudget zur Verfügung steht. Portfoliorisiken gehen wir nur dort ein, wo ein angemessener Ertrag zu erwarten ist. Andererseits sind wir auch sehr bedacht darauf, dass die ursprüngliche sinnvolle Struktur der strategischen Allokation nur maßvoll angepasst wird.


Schritt 3: Risikosteuerung
Ein übergeordnetes Risikomanagement sorgt dafür, dass das Verlustpotenzial des Portfolios stets im Rahmen des Risikobudgets bleibt. Für die Risikomessung bieten sich unterschiedliche Verfahren an. Wichtig erscheint uns, dass das Risikomanagement strikt systematisch und effizient umgesetzt wird und das Risikomodell folgende wichtigen Eigenschaften von Kapitalmarktrenditen berücksichtigt:

*Renditen sind nicht normalverteilt: Extreme Renditen kommen häufiger vor als die Normalverteilungsannahme postuliert.
*Volatilitäten sind nicht konstant und schwanken stark: Besonders wichtig ist das bei starken Marktbewegungen. Traditionelle Risikomodelle unterschätzen in solchen Marktsituationen häufig das Risiko.
*Korrelationen sind nicht konstant: Ein scheinbar gut diversifiziertes Portfolio ist in Extremphasen möglicherweise nicht mehr so gut diversifiziert, weil sich viele Assetklassen plötzlich in die gleiche Richtung bewegen.

Als Risikomaß halten wir daher den mittels eines t-GARCH-Copula-Schätzverfahrens täglich berechneten Expected Shortfall (ES) für ideal. Dies führt zu einer im Vergleich zu anderen Verfahren besseren risikoadjustierten Festlegung der täglichen Anlagequoten. Die Besonderheit ist dabei die schnelle Anpassung an eine veränderte Marktvolatilität.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine solche Strategie eine tägliche Kontrolle und eine systematische Vorgehensweise erfordert. Sind Risikoobergrenzen erreicht oder überschritten, muss unverzüglich gehandelt werden. Gremienentscheidungen sind hier eher schädlich. Insofern sind Asset-Manager im Vorteil, die es gewohnt sind, systematisch zu allokieren und zu implementieren.


Erprobte risikokontrollierte Multi-Asset Strategien
Die Bedeutung von Risikomaßen in der Portfolio-Steuerung hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Besonders in der strategischen aber auch in der taktischen Allokation von Multi-Asset Strategien sind diese Verfahren robuster als klassische Optimierungen von Rendite/Risiko-Relationen. Diese Stabilität zahlt sich besonders für Anleger aus, die auf der Suche nach verlässlichen und reproduzierbaren Ergebnissen bei gleichzeitiger strikter Risikokontrolle sind.

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*) Dr. Martin Kolrep ist Senior Portfolio Manager bei Invesco.