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Expertenbeitrag: SmartBeta – Innovatives Konzept für Unternehmensanleiheportfolios

SmartBeta ist ein neuer Ansatz für Europäische Unternehmensanleihen. Die regelgebundene Anlagestrategie ist ähnlich transparent wie ein Indexfonds, aber besser diversifiziert und nach den Backtestergebnissen auch performancestärker. Der strategische Ansatz ist weder aktiv noch passiv, sondern „smart“.

Frank Richter

Vermutlich ist es die Klarheit und Transparenz von Indexfonds, die Anleger gerade in unsicheren Zeiten schätzen. Denn was kann transparen­ter sein, als Aktien oder Anleihen ausschließlich nach ihrer Markt­kapitalisierung zu gewichten? Bei einem passiven Investment weiß man, was man hat: Ein Portfolio, das sich genauso entwickelt wie der Index – ohne Chance auf Mehrertrag zwar, aber dafür mit der Gewähr, dass die eigenen Ver­luste nicht wesentlich höher sein können als die durchschnittlichen Verluste der anderen. Schon vor über zehn Jahren schrieb Björn-Pe­ter Böer in der FAZ vom „Reiz des Mittelmaßes“. Zwei Finanzkrisen später begnügen sich noch mehr Investoren mit dem Durchschnitt – zumal Studien belegen, dass in manchen Assetklassen nur wenige aktiv gemanagte Fonds den Index schlagen. Dabei ist die Marktkapitalisierung eigentlich ein seltsames Aus­wahlkriterium, insbesondere für Anleihen. Ein Indexfonds für euro­päische Staatsanleihen würde zu einem nicht unerheblichen Teil aus Peripherieländerpapieren bestehen, und im Merrill Lynch EMU Corporate Bond Index (ER00) haben Bankanleihen zurzeit einen Anteil von über der Hälfte. Kapitalisierungsgewichtete Rentenindi­zes werden oft von hochverschuldeten Großemittenten dominiert. Diversifikation sieht anders aus. In der Finanzkrise sind deshalb viele Anleiheindizes eingebrochen. Aktiv gemanagte Fonds verloren oft noch mehr, da sie sich eng an ihrer Benchmark orientieren, jedoch Kosten verursachen, die der Index nicht berücksichtigt. Mindererträge sind dann unausweichlich.

Ein neues Konzept: SmartBeta im Detail
Ende 2011 gab es im Euroraum knapp 1.800 Investmentgrade-Un­ternehmensanleihen von gut 400 Emittenten. Zusammen bilden sie den (kapitalisierungsgewichteten) Merrill Lynch EMU Corporate Bond Index. Die SmartBeta-Strategie reduziert dieses Universum mit mehreren Filtern, gewichtet die verbliebenen Anlei­hen neu und stellt ein Portfolio zusammen, das regelmäßig überprüft und angepasst wird. Dieser Vorgang erfolgt in drei Schritten.

Schritt 1: „Smart Filtration“
Im ersten Schritt werden sämtliche Anleihen ausgeschlossen, de­ren Volumen weniger als 500 Mio. Euro beträgt, die ein Rating von lediglich BBB- haben, vorzeitig zurückgezahlt werden können oder nachrangig sind. Der Verzicht auf die oft illiquiden Anleihen mit einem geringen Emissionsvolumen bedeutet kaum Einbußen an Diversifikation, sorgt aber für niedrigere Transaktionskosten. An­leihen mit einem Rating von BBB-, die nur knapp zum Investment­grade-Universum zählen, drohen bei einer Herabstufung oft hohe Verluste, weil sich viele Anleger dann von ihnen trennen müssen; nachrangige Anleihen sind stärker ausfallgefährdet; und die Mög­lichkeit der vorzeitigen Rückzahlung macht die Kursentwicklung weniger berechenbar.

Ergänzt werden diese Filterregeln um ein aktives Element: Es wird nur in Titel investiert, die das Analystenteam regel­mäßig beobachtet und die es nicht negativ ein­schätzt.


Schritt 2: „Smart Diversification“
Im zweiten Schritt werden die Werte in drei Gruppen eingeteilt: konjunktursensitive Werte (zum Beispiel Industrie­unternehmen), defensive Werte (zum Beispiel Ver­sorger) und Finanzwerte. Im SmartBeta-Portfolio werden die drei Gruppen gleich gewichtet – anders als im kapitalisie­rungsgewichteten Vergleichsindex, in dem Finanzwerte ein deutliches Übergewicht haben und konjunktursensitive Emittenten nur unterdurchschnittlich vertreten sind. Auch innerhalb der Gruppen gilt der Grund­satz der Gleichgewichtung. Bei der Aufle­gung von SmartBeta Ende 2011 hatte jeder einzelne zyklische Emittent einen durchschnittlichen Portfolioanteil von 0,40%, jeder defensive Emittent einen Anteil von 0,32% und jeder Emittent aus dem Finanzsektor einen Anteil von 0,30%. Anders im Index: Hier waren BMW als der größte Industrieemittent mit 1,15% und Electricité de France, der größte defensive Emittent, mit 2,14% vertreten. Auf die Ra­bobank, den größten Emittenten aus dem Finanzsektor, entfielen sogar 3,58%.

Bei der Duration hingegen erfolgt die Orientierung am Index. Anders als bei der Branchen- und Emitten­tenstruktur wird darauf geachtet, dass die Portfolioduration möglichst nicht von der Indexduration abweicht. Erreicht wird dies durch ein Futures-Overlay. Wegen der na­hezu identischen Duration kann die Performance von SmartBeta und dem Index fair miteinander verglichen werden.


Schritt 3: „Smart Implementation“
Damit steht die Ausgangsstruktur des SmartBeta-Port­folios fest. Im dritten und letz­ten Schritt folgt der Aufbau. Dabei gilt der Grundsatz der Best Execution. Ein zentra­les Handelsteam mit Spezialisten für die einzelnen Marktsegmente achtet darauf, dass beim Kauf der Anleihen die Transak­tionskosten niedrig bleiben – durch eine sorgfältige Brokerauswahl, Blockhandel, den Einsatz spezieller Informationssyste­me und die genaue Kontrolle jeder einzel­nen Transaktion, ex ante und ex post. Natürlich bleibt diese Portfoliostruktur im Zeitablauf nicht unverändert. Die einzel­nen Papiere entwickeln sich unterschied­lich, so dass sich ihre Gewichte verschie­ben. Alte Anleihen werden fällig, neue werden emittiert. Auch kann trotz sorgfäl­tiger Filterung nicht ausgeschlossen wer­den, dass das Portfolio irgendwann Titel enthält, die den Kriterien nicht mehr genügen. Andere Emittenten wiederum machen so große Fortschritte, dass sie einige Zeit später bedenkenlos aufge­nommen hätten werden können. Früher oder später muss das Portfolio auf den neusten Stand ge­bracht werden, damit es wieder den strengen Kriterien entspricht. In der Regel wird das Portfolio erst umgeschichtet, wenn die Sektorengewichte um mehr als fünf Pro­zentpunkte von der Drittelparität abwei­chen oder sich die Einzelwertgewichte um mehr als einen Viertel Prozentpunkt von der neuen Zielallokation unterscheiden. Mit diesen Vorgaben beträgt der jährliche Portfolioumschlag meist weniger als fünf Prozent.

Fazit
Die Backtestergebnisse von SmartBeta sind sehenswert: In den letzten zehn Jahren hätte das Konzept den kapi­talisierungsgewichteten Index um zehn Pro­zentpunkte hinter sich gelassen. SmartBeta zeigt, dass sich Disziplin auszahlt und Regeln durchaus ihren Sinn haben. Sie müssen jedoch ökonomisch plau­sibel und mit einer klaren Intention sein. Vor allem aber dürfen sie in der ersten Schwächephase nicht gleich wieder verworfen werden.


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*) Frank <link>Richter ist Head of Sales Institutional Clients
bei AXA Investment Managers in Frankfurt/Main.