Foundation | Welcome

Menu


Expertenbeitrag: Vier Wirtschaftsthemen für 2018 und darüber hinaus

Die Weltwirtschaft hat auch nach der Jahreswende nicht an Schwung verloren. Aufgrund der lockeren Geldpolitik und des guten Kreditklimas hat die Weltwirtschaft seit Mitte 2016 deutlich an Fahrt aufgenommen, und das Wachstum hat mittlerweile alle wichtigen Industrienationen und Schwellenländer erfasst. Diese Entwicklung speist wiederum eine günstige, sich selbst verstärkende Wachstumsdynamik beim Welthandel, auf den globalen Arbeitsmärkten und im Investmentbereich. Trotz des robusten Wachstums gibt es kaum Anzeichen für Inflationsdruck.

Nathan Sheets

Ausschließlich für professionelle und institutionelle Investoren bestimmt

Regional hat insbesondere der Euroraum im vergangenen Jahr positiv überrascht. Das europäische Wachstum lag mit etwa 2,25 % um einen ganzen Prozentpunkt über dem geschätzten Potenzialwachstum.¹ Die japanische Wirtschaft übertraf ebenfalls die Erwartungen und auch in China und den USA lief die Wirtschaft gut. In Russland, Brasilien und Argentinien schaffte die Wirtschaft im Jahr 2017 den Weg zurück auf den Wachstumspfad. Angesichts der Breite der Wirtschaftserholung gehen wir davon aus, dass die Weltwirtschaft das neue Jahr mit einem guten Maß an Dynamik beginnt.

Wir erwarten, dass die Dauerhaftigkeit des globalen Aufschwungs letztlich von den Entwicklungen bei vier wichtigen Themen abhängt: 1) die Auswirkungen abnehmender Überkapazitäten auf die Inflation; 2) die Dauerhaftigkeit der jüngsten Erholung der globalen Investitionstätigkeit; 3) die Geschwindigkeit bei der Normalisierung der Geldpolitik und 4) die Konsequenz der chinesischen Anstrengungen zur „Entschuldung“ der Wirtschaft. Wir gehen bei diesen Punkten davon aus, dass die ausschlaggebenden wirtschaftlichen und politischen Kräfte die laufende Wirtschaftserholung unterstützen oder zumindest nicht behindern werden. Im Folgenden werden wir die Themen einzeln beleuchten und einige damit zusammenhängenden Chancen und Risiken für die Weltwirtschaft diskutieren.

1) Wie schnell wird die Inflation steigen?
In vielen Ländern ist die Arbeitslosenquote auf ein sehr niedriges Niveau gefallen. Zu nennen sind hier insbesondere die USA, Deutschland, Japan und Großbritannien. Die Inflation hat sich trotz dieser Entwicklung bislang verhalten gezeigt. In den Jahren vor der weltweiten Finanzkrise hatte ein Absinken der Arbeitslosenquote im Allgemeinen einen Anstieg der Inflation zur Folge. Dies hat sich seit der Krise geändert und die Inflationsentwicklung hat auf den drastischen Rückgang der Arbeitslosenzahl bislang kaum reagiert. Das neue Jahr wird über die Korrelation dieser zwei Faktoren neuen Aufschluss bringen. Wir erwarten, dass sich die Inflation angesichts der immer angespannteren Lage am Arbeitsmarkt im kommenden Jahr allmählich beschleunigen wird. Angesichts der Unberechenbarkeit der Inflationsentwicklung in jüngster Zeit könnte die Inflationsentwicklung aber in beide Richtungen überraschen.

2) Wird sich die Belebung der Investitionstätigkeit fortsetzen?
Die weltweite Investitionstätigkeit hat sich in den vergangenen Quartalen deutlich beschleunigt. Dies hat einen wichtigen zweiten Wachstumstreiber auf der Nachfrageseite geschaffen und den Welthandel angetrieben. Wir vermuten, dass das Wachstumspotenzial im Investitionsbereich noch nicht ausgeschöpft ist. Eine Fortsetzung der Wachstumsbelebung würde wahrscheinlich zu einer Stärkung des weltweiten Produktivitätswachstums führen. Mehr Produktivität würde wiederum Raum für ein inflationsneutrales Lohnwachstum schaffen.

3) Wie schnell werden die Zentralbanken die Geldpolitik normalisieren?
Wir sind davon überzeugt, dass die Zentralbanken die allmähliche Normalisierung ihrer Geldpolitik auch im Jahr 2018 fortsetzen werden. Die US-Notenbank wird dabei mit weiteren Zinsschritten und der Rückführung ihrer Bilanz weiterhin eine Vorreiterrolle spielen. Aber auch die britische Zentralbank wird in diesem Jahr die Zinsen voraussichtlich mindestens einmal anheben, und die EZB sollte ihr Kaufprogramm für Anleihen einstellen. Für Japan wird zwar eine Fortsetzung der konjunkturfördernden Geldpolitik erwartet, aber auch hier wird die Zentralbank ihre bisherige Politik vermutlich überdenken. Wir gehen grundsätzlich davon aus, dass die Geldpolitik trotz einer leichten Verschärfung weiterhin relativ locker bleiben wird. Die Zentralbanken werden außerdem sehr vorsichtig vorgehen und Überraschungen zu vermeiden suchen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Zentralbanken ihre Anleihekäufe bereits zurückfahren und dass es 2019 sogar zu Verkäufen kommen könnte (siehe Chart). Es besteht daher das Risiko, dass die Reaktion der Märkte auf die Beendigung der Kaufprogramme heftiger ausfällt als von uns erwartet. Außerdem könnten sich die Zentralbanken durch die günstige weltweite Entwicklung veranlasst sehen, das Tempo der Normalisierung zu erhöhen.



Quellen: US-Zentralbank, japanische Zentralbank, europäische Zentralbank, britische Zentralbank und Haver Analytics. Stand: Dezember 2017.

4) Wie problematisch ist die chinesische „Entschuldung“?
Die chinesische Regierung hat ihre Besorgnis über das Ausmaß der Verschuldung und der Fremdkapitalfinanzierung der Wirtschaft des Landes verkündet. Aus Anlass des 19. Parteikongresses wurden erste Schritte zur Abkühlung des Kreditwachstums ergriffen, die insbesondere auf die außerbilanziellen Aktivitäten des Bankensektors zielen. Wir gehen davon aus, dass sich das Realwachstum in China 2018 nur leicht verlangsamen wird. Die chinesischen Behörden wollen zwar eine ausgeglichenere Kapitalstruktur für die Wirtschaft, aber nicht auf Kosten der kurzfristigen Stabilität. Wir sehen daher die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft als wenig problematisch an, insbesondere angesichts der zunehmenden Investitionsnachfrage und des wirtschaftlichen Aufschwung im Rest der Welt. Tatsächlich wirkt dies sogar Bedenken wegen einer Überhitzung entgegen. Auch bei dieser Einschätzung gibt es aber natürlich Risiken. Aufgrund der wichtigen Rolle Chinas als Wachstumsmotor für die Weltwirtschaft könnte bereits ein relativ leichter Wachstumsrückgang durch seine Auswirkungen auf den Welthandel und die Rohstoffpreise die Wirtschaft anderer Regionen beeinträchtigen. Andererseits könnten sich die Anstrengungen zur Beschränkung des Kreditwachstums aber auch als unzureichend erweisen, was zu einer weiteren Zunahme der strukturellen Ungleichgewichte in China führen könnte. Das würde zwar für 2018 ein höheres Wachstum bedeuten, aber gegebenenfalls längerfristig Probleme schaffen.

Neben den vier hier erörterten Faktoren gibt es noch weitere Themen, die für das Wirtschaftsgeschehen Bedeutung gewinnen könnten. 2018 ist für eine Reihe großer Volkswirtschaften ein Wahljahr. Wichtig sind dabei insbesondere Italien, Mexiko, Brasilien, Russland und die USA. Die handelspolitische Ideologie der US-Regierung ist ein weiterer Risikofaktor. Ihre Skepsis gegenüber dem Nutzen wichtiger US-Handelsbeziehungen (zum Beispiel mit China, Mexiko, Kanada und Südkorea) könnte zu zusätzlichen Spannungen und zu Störungen des Welthandels führen. Wir beobachten außerdem die Auswirkungen der kürzlich verabschiedeten US-Steuerreform auf die Volkswirtschaften der USA und anderer Länder. Als letzter Punkt sind geopolitische Unsicherheiten zu nennen. Die Entwicklungen in Nordkorea, dem Nahen Osten und Venezuela werden auch 2018 in den Schlagzeilen bleiben.

Trotz unserer insgesamt optimistischen Einstellung für 2018 und 2019 bestehen insbesondere für die Industrienation weiterhin einige längerfristige Herausforderungen. Das größte Problem ist die Verschlechterung der demographischen Situation. Die Alterung der Gesellschaft führt sowohl zu einer Abnahme der steuerlichen Einnahmequellen als auch zu wachsenden staatlichen Ausgaben für Renten und Gesundheitssysteme. Insbesondere in den USA wurde hier nicht ausreichend vorgesorgt.

Das enttäuschende Produktivitätswachstum seit der Krise ist ebenfalls ein Problem. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, würde dies für die Zukunft einen niedrigeren Lebensstandard, weniger Flexibilität und geringere Möglichkeiten im Umgang mit wirtschaftlichen Schocks bedeuten.

Schließlich bleibt noch anzumerken, dass es trotz der aktuell guten Aussichten für die Weltwirtschaft irgendwann zu einer Rezession kommen wird. Wir glauben, dass die Weltwirtschaft und das Finanzsystem in besserer Verfassung sind als vor zehn Jahren. Wir stellen aber auch fest, dass in der Vergangenheit Phasen mit einer solchen günstigen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung typischerweise die Grundlage für künftige Abschwungsphasen gelegt haben. Wir werden daher auch weiterhin aufmerksam auf Anzeichen für eine wirtschaftliche Abkühlung achten.

Ihr Kapital kann Risiken ausgesetzt sein und der Wert der Anlagen kann sowohl steigen als auch fallen.

¹ Quelle: Haver Analytics (Stand: Dezember 2017).

---
*) Dr. Nathan Sheets ist Chief Economist und Head of Global Macroeconomic Research bei PGIM Fixed Income. Als Leiter des Global Macroeconomic Research Teams ist er für die Formulierung des makroökonomischen Ausblicks und der Fundamentalanalysen von Industrienationen und Emerging Markets sowie für die Analyse der internationalen Zinsentwicklung und der Kredit- und Devisenmärkte verantwortlich. Dr. Sheets war zuletzt als Staatssekretär für internationale Angelegenheiten im US-Finanzministerium tätig. Davor arbeitete er für Citigroup, den US-Zentralbankrat und den Internationalen Währungsfonds. Er promovierte am MIT.

PGIM Fixed Income ist ein globaler Assetmanager, der aktive Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 695 Mrd. US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter den IPE Referenzen und auf www.pgimfixedincome.com. (Stand: 30. September 2017)

PGIM Fixed Income handelt hauptsächlich durch PGIM, Inc., eine Tochtergesellschaft von Prudential Financial, Inc. („PFI“), die gemäß dem U.S. Investment Advisers Act of 1940 als Anlageberater eingetragen ist. In Großbritannien und verschiedenen anderen Staaten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) werden Informationen von PGIM Limited bereitgestellt (Geschäftssitz: Grand Buildings, 1-3 Strand, Trafalgar Square, London, WC2N 5HR). PGIM Limited ist von der britischen Finanzdienstleistungsaufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority) zugelassen und wird von dieser reguliert (Firmen-Referenznummer 193418). PGIM Limited verfügt in verschiedenen Jurisdiktionen des EWR über Passporting-Rechte. PFI aus den Vereinigten Staaten gehört nicht zu Prudential plc., einem Unternehmen mit Hauptsitz in Großbritannien. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich verfügbaren Informationen aus Quellen, die PGIM Fixed Income als zuverlässig erachtet. Die Informationen stellen die Ansichten und Meinungen des Autors mit Stand zum 16.01.2018 dar und dienen ausschließlich der Information. Sie stellen keine Anlageberatung dar und sollten nicht als Grundlage für eine Anlageentscheidung verwendet werden. Die zugrundeliegenden Annahmen und Ansichten unterliegen der Änderung. 2018-0228