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Expertenbeitrag: Volatilität als Assetklasse – wie Investoren von Schwankungen profitieren können

Lange Zeit wurde Volatilität nur als Maß für das Risiko eines Investments gesehen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat jedoch einige bislang geltende Regeln auf den Kopf gestellt, auch – und besonders – im Portfoliomanagement. So setzen heute Investoren zunehmend die Marktschwankungen zur Absicherung des Portfolios und zur Steigerung der Rendite ein. Der Ruf nach einer Anerkennung von Volatilität als eigene Assetklasse wird laut – und ist gerechtfertigt.

Ombretta Signori

Investoren verfolgen in der Regel zwei vorrangige Ziele: einerseits eine positive durchschnittliche Rendite und andererseits Kapitalschutz für das eingesetzte Vermögen. Vor dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise ließ sich dies mit den klassischen Anlageformen wie Aktien oder Rentenpapieren hinreichend ermöglichen. Doch seit den weltweiten Turbulenzen an den Märkten und dem Beginn der Niedrigzinspolitik müssen Investoren zunehmend auf alternative Investments zurückgreifen. Selbst wenn sich die Märkte weitgehend erholt haben, Volatilität ist nach wie vor präsent. Warum nicht von ihr profitieren und sie gezielt als Strategie im Portfolio anwenden?

Über gezielte Investments in Volatilität lassen sich sowohl eine positive durchschnittliche Rendite als auch Kapitalschutz erzielen. Eine interne Studie von AXA Investment Managers nimmt mit der Long-Volatility-Strategie und der Volatilitätsrisikoprämie zwei einander ergänzende Volatilitätsstrategien unter die Lupe und untersucht, inwiefern diese die risikobereinigten Renditen eines Portfolios verbessern könnten.

Näher betrachtet: Long-Volatility-Strategie

Aktienanleger, die ihr Portfolio vor Extremrisiken schützen wollen, können von einer gut ausgesteuerten, systematischen Long-Position in impliziter Volatilität, der sogenannten „Long Volatility“ profitieren, die das Investment gegenüber plötzlichen Kursstürzen absichert. In den USA wird die implizite Volatilität durch den VIX-Index gemessen, der die für die nächsten 30 Tage erwartete Schwankungsintensität anhand von Optionspreisen auf den Index S&P 500 ausdrückt. Seit im März 2004 Futureskontrakte mit unterschiedlichen Laufzeiten auf den VIX eingeführt wurden, haben auch Anleger Zugang zu diesem Index. Ein systematisches Long-Volatility-Exposure lässt sich umsetzen, indem man eine rollierende Long-Position in VIX-Terminkontrakten mit einmonatiger Laufzeit aufbaut und diese Index-Futures am Ende eines jeden Monats in den Zwei-Monats-Kontrakt rollt. Die Long-Volatility-Position weist ein inverses Exposure gegenüber dem Niveau der impliziten Volatilität auf, so dass der Anleger vom Mean-Reverting-Verhalten der Volatilität – also ihrer Rückkehr zum langfristigen Durchschnitt – profitieren kann. Das bedeutet, dass bei einem hohen impliziten Volatilitätsniveau entsprechend Volatilität verkauft wird, um am Rückgang zu partizipieren. Umgekehrt wird bei niedrigen Niveaus Volatilität gekauft. Der Gesamtertrag der Long-Volatility-Position entspricht der Summe der Barrendite (Interbankensatz für 1-Monats-Anlagen) zuzüglich eines festen Anteils am Gewinn beziehungsweise Verlust der Strategie. Die Long-Volatility-Strategie schneidet in Perioden mit steigender Volatilität positiv ab. Doch vor allem bietet sie zeitnahen Schutz und starke Zuwächse, wann immer die Märkte in eine Krise rutschen und die Volatilität unvermutet in die Höhe schießt.

Diversifikationsvorteil bei Aktien deutlich höher als bei Anleihen
Long-Volatility-Strategien bieten für Aktien sehr viel mehr Diversifikationsvorteile als für Anleihen: Während die negative Korrelation mit Aktien 65 Prozent beträgt, liegt sie bei Anleihen nur bei 6% (US S&P 500 und implizite Volatilitätsindizes (VIX) – 02/1990 bis 09/2011. Quellen: Bloomberg, AXA IM Research). In der Praxis bedeutet das, dass beide Anlageformen – Long Volatility und Aktien – nur äußerst selten im selben Monat negative Erträge aufweisen. Gemessen am absoluten Wert war der höchste monatliche Zuwachs bei Long Volatility mit +32 Prozent knapp doppelt so hoch wie der stärkste Kurseinbruch am US-Aktienmarkt mit -17% (US S&P 500 und implizite Volatilitätsindizes (VIX) – 02/1990 bis 09/2011. Quellen: Bloomberg, AXA IM Research). Anhand von Daten aus dem Krisenjahr 2008 zeigt sich deutlich, dass eine aktiv bewirtschaftete Long-Volatility-Strategie gewisse Extremrisiken wirkungsvoller senkt als der bloße Kauf „sicherer“ Staatsanleihen.

Näher betrachtet: Volatilitätsrisikoprämie
Beim zweiten Ansatz geht es darum, die Performance eines Portfolios durch die Volatilitätsrisikoprämie – also die Differenz zwischen impliziter und realisierter Volatilität – zu steigern. Normalerweise ist diese Differenz positiv, da Nettoverkäufer von Optionen sich theoretisch potenziellen Verlusten in unbegrenzter Höhe gegenübersehen, während das Verlustrisiko von Nettooptionskäufern begrenzt ist. Zum Ausgleich dieses asymmetrischen Risikos werden Verkäufer impliziter Volatilität mit einem Aufschlag auf die erwartete realisierte Volatilität belohnt.

Ein Beispiel soll dies illustrieren: Ein Investor geht eine Short-Position in einem Varianzswap auf den Index S&P 500 mit einer Laufzeit von einem Monat ein. Dabei handelt es sich um einen außerbörslichen Kontrakt, bei dem der Verkäufer eine Zahlung in Form des sogenannten Strike – also die bei Auflegung erwartete Varianz des Swaps, gemessen am VIX-Index – erhält. Er leistet eine Zahlung in Höhe der im Verhältnis zum S&P 500 im Folgemonat realisierten Varianz. Der Investor erzielt einen Gewinn, wenn die künftige realisierte Volatilität die aktuelle implizite Volatilität unterschreitet – daraus ergibt sich eine positive Volatilitätsrisikoprämie. Das Konzept ist mit dem Verkauf einer Versicherungsprämie vergleichbar. Da die Volatilitätsrisikoprämie so gut wie immer positiv ist, erzielt der Verkäufer eines Varianzswaps in den meisten Fällen einen Gewinn. Dabei müssen Investoren sich jedoch der Risiken bewusst sein, die mit Markteinbrüchen während Krisen verbunden sind. Wenn sich die Volatilitätsrisikoprämie ins Negative dreht, fällt die künftige realisierte Volatilität sehr viel höher aus als die aktuelle implizite Volatilität. Der bisher dramatischste Kurssturz fand während der Subprime-Krise statt.

Da als Ersteinschuss nur eine Sicherheitsleistung für den Swap-Kontrakt erforderlich ist, entspricht der Gesamtertrag der Volatilitätsrisikoprämien-Strategie der Summe des risikofreien Zinssatzes (Barrendite) zuzüglich eines festen Anteils beziehungsweise Fremdkapitalanteils am Gewinn oder Verlust der Strategie. Die Volatilitätsrisikoprämie kann außerordentlich hohe Renditen abwerfen. Doch trotz der hohen Erträge und der hervorragenden Erfolgsbilanz müssen Anleger auch die Extremrisiken der Strategie berücksichtigen.

Volatilität als anspruchsvolle Assetklasse setzt fundierte Kenntnisse voraus
Volatilität ist eine sehr anspruchsvolle Anlageform, die einige Risiken birgt und darum fundiertes Know-how voraussetzt. Zudem kann sie mit hohen Kosten verbunden sein. Investoren, die sich dieser Risiken bewusst sind und über die erforderliche Expertise verfügen, können Long-Volatility-Exposures mit Volatilitätsrisikoprämien-Strategien kombinieren, um die neue Assetklasse Volatilität zu ihrem Vorteil zu nutzen. Doch auch für Anleger, die diese Expertise nicht im eigenen Haus haben, sind Investments in Volatilitätsstrategien interessant. Für sie bieten sich aktiv gemanagte Investmentfonds an, die einen professionellen Umgang mit der Anlageklasse Volatilität anbieten, stets entsprechend dem Marktumfeld handeln und gleichzeitig das Kunststück meistern, die Strategie so kosteneffizient wie möglich umzusetzen.


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*) Ombretta Signori ist Strategieexpertin bei AXA Investment Managers.