Foundation | Welcome

Menu


Expertenbeitrag: Warum die meisten BBB-Unternehmensanleihen eine Abstufung in den Hochzinsbereich vermeiden können

BBB-Unternehmensanleihen stehen vor allem wegen der enormen Größe dieses Marktsegments im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit.

Richard Greenwood (oben) und Temple Houston

Ausschließlich für professionelle Investoren bestimmt. Alle Investments sind mit Risiken verbunden, einschließlich möglicher Kapitalverluste.

In den USA ist seit 2006 das Volumen ausstehender BBB-Unternehmensanleihen außerhalb des Finanzsektors von etwa 500 Mrd. US-Dollar auf knapp 2,5 Billionen US-Dollar angestiegen. In Europa wuchs das Segment von ca. 200 Mrd. US-Dollar auf 1,2 Billionen an.

Diese Ausweitung der Fremdfinanzierung ging häufig zu Lasten der Anleihegläubiger, während Aktionäre von höheren Dividenden und Aktienrückkäufen profitierten. Mit diesem Fremdkapital wurden außerdem zahlreiche Übernahmen finanziert. Vielfach gaben Unternehmen bewusst ihr „A“-Rating auf, um diese Transaktionen fremdfinanzieren zu können.

Da Investoren zunehmend ein Ende der expansiven Phase des Kreditzyklus erwarten, und Analysten für 2019 niedrigere Unternehmensgewinne prognostizieren, hat dieses Thema deutlich an Brisanz gewonnen. Da das BBB-Segment etwa dreimal so groß ist wie der Markt für Hochzinsanleihen, befürchten viele Marktteilnehmer markttechnische und fundamentale Konsequenzen, wenn ein signifikanter Teil dieser BBB-Anleihen in den Hochzins-Bereich abgestuft würde.¹

Eine drastische Ausweitung des Hochzinsmarktes könnte zu einem Angebotsüberhang führen. Ohne die Möglichkeit der Refinanzierung dieser Anleihen bestünde die Gefahr eines deutlichen Anstiegs der Kreditausfälle.




Hinweis: Basiert auf den Nicht-Finanzunternehmen des JP Morgan Investment Grade Corporate Bond Index. Quellen: Capital IQ und JP Morgan, Stand: 30.9.2018.

Fremdfinanzierung im Kontext
Wir glauben, dass diese Sichtweise zwei wichtige Faktoren außer Acht lässt. Erstens hat sich die Fremdkapitalquote seit 2016 etwas reduziert. Die meisten Bilanzen entwickeln sich hier in die richtige Richtung, wenn auch langsam. Außerdem ist die Verschuldungsquote nur ein Faktor in einer Kreditanalyse. Es gibt viele andere Faktoren, zum Beispiel:

*der Umfang und die Diversifizierung der Einnahmequellen des Unternehmens, sowohl im Hinblick auf Geschäftszweige als auch geographisch;

*der Umfang und die Diversifizierung der Vermögenswerte, auch geographisch, und die Frage, ob das Unternehmen über "hartes“ Sachanlagevermögen oder immaterielle Vermögenswerte verfügt;

*die Stabilität oder Zyklizität der Umsätze des Unternehmens und die Skalierbarkeit seiner Kostenstruktur. Ein Stahlunternehmen mit einem Hochofen hat zum Beispiel höhere Fixkosten als ein Unternehmen, das ein Ministahlwerk mit erheblich variableren Kosten betreibt. Im Hinblick auf den Umsatz ist die Nachfrage nach Verbraucherprodukten deutlich weniger volatil als die Nachfrage nach Rohstoffprodukten.

*Zugang zu Kapital und welche Finanzierungsoptionen und Möglichkeiten zur Generierung von Cashflow einem Unternehmen offenstehen. Dies sind zum Beispiel Bankkreditlinien, die Möglichkeit zur Besicherung von Krediten und die Fähigkeit zum schnellen Verkauf von Vermögenswerten, die nicht für den laufenden Betrieb benötigt werden.

*die Erfahrung des Managements und wie es sich in der Vergangenheit bewährt hat.

Bei vielen BBB-Unternehmen mit hoher Fremdkapitalquote handelt es sich um multinationale Organisationen mit renommierten Marken und abgrenzbaren Geschäftsbereichen, die teilweise verkauft oder an die Börse gebracht werden könnten, um die Verschuldung zurückzuführen. Mit Ausnahme des Energiesektors fand die Ausweitung der BBB-Verschuldung vor allem in stabileren Wirtschaftssektoren statt, etwa bei Verbraucherprodukten, in der Getränke- und Nahrungsmittelindustrie und bei Telekom-, Medien- und Technologieunternehmen. Diese Unternehmen haben grundsätzlich die Möglichkeit, in den USA, Europa und Asien Eigenkapital an der Börse und Fremdkapital an den Kreditmärkten zu beschaffen. In Krisensituationen könnten sie einen Teil ihrer Vermögenswerte zur Besicherung zusätzlicher Kredite benutzen. Sie können außerdem durch eine Reduzierung ihrer Kapitalinvestitionen, Dividenden und Aktienrückkäufe zusätzlichen Cashflow für den Schuldenabbau bereitstellen.

Unseren Analysen zufolge hätten die 25 größten Investment-Grade-Emittenten in den USA im Jahr 2018 durch einen Verzicht auf Aktienrückkäufe und Dividenden nicht nur ihre Zinskosten finanzieren, sondern auch einen Teil der in diesem Jahr fälligen Schulden zurückzahlen können. AT&T hat vor kurzem sogar die Verringerung der Fremdkapitalquote an 20% der kurzfristigen Anreizvergütung für die Geschäftsleitung geknüpft.²

Im Folgenden werden wir zwei aktuelle Beispiele für BBB-Unternehmen erörtern.³

Anheuser-Busch InBev (ABI BB) ist weltweit der größte Bierbrauer mit einer Marktkapitalisierung von 165 Mrd. US-Dollar und ausstehenden Schulden in Höhe von 110 Mrd. US-Dollar, mit einem Brutto-Verschuldungsgrad von 5x.³ Das europäische Unternehmen ist nicht nur von Seiten der Ratingagenturen und Gläubiger unter Druck, auch die Aktionäre des Unternehmens machen sich wegen der hohen Verschuldung Sorgen. Um seinen Cashflow zu verbessern, hat ABI BB im dritten Quartal 2018 seine Dividende um etwa 50% gekürzt. Die Einsparungen von jährlich 4 Mrd. US-Dollar sollen zur Entschuldung des Unternehmens verwendet werden. Angesichts eines Liquiditätsbestands von 16 Mrd. US-Dollar in Barmitteln, revolvierenden Kreditlinien und der relativ begrenzten kurzfristigen Kreditverbindlichkeiten war die Dividendenkürzung aus Liquiditätssicht nicht erforderlich. Wir halten diese Maßnahme trotzdem für vernünftig. Nach der Dividendenkürzung hat die Geschäftsführung eine Senkung der Verschuldungsquote um 0,5x pro Jahr zum Ziel gesetzt. Dies soll durch EBITDA-Wachstum und Sparmaßnahmen erreicht werden.

Das Unternehmen verlängerte im Januar 2019 durch Rückkäufe ausstehender Anleihen das Fälligkeitsprofil seiner Fremdkapitalstruktur. Im vierten Quartal gab die Geschäftsleitung im Rahmen einer Telefonkonferenz seine Absicht bekannt, den Netto-Verschuldungsgrad von 4,6x zum Jahresende 2018 bis Ende 2020 auf unter 4x zu senken.⁴ Berichten zufolge erwägt der Konzern außerdem, ein Teil seines Asiengeschäfts an die Börse zu bringen. Dies würde erhebliche Mittel zur Schuldenreduzierung generieren.

Ein weiteres Beispiel ist General Electric (GE) mit einer Marktkapitalisierung von 88 Mrd. US-Dollar und einem Schuldenstand von 104 Mrd. US-Dollar.³ GE war in der Vergangenheit ein typischer Mischkonzern. Nach einer strategischen Kursänderung begann das Unternehmen mit der Verschlankung des Konzerns. Die generierten Mittel wurden zur Zahlung der Dividende und für umfangreiche Aktienrückkäufe verwendet. Probleme mit Altverbindlichkeiten aus dem Versicherungsgeschäft, Defiziten bei den Pensionsplänen und ungünstige Übernahmen im Kraftwerksgeschäft belasteten das Unternehmen aber zunehmend. Die bislang so zuverlässige Dividende wurde zweimal gekürzt, was zu jährlichen Einsparungen von fast 8 Mrd. US-Dollar führen sollte.

GE dürfte außerdem in der Lage sein, seine Verschuldung durch Verkäufe zu verringern. Das jüngste Beispiel ist der Verkauf der Biopharma-Sparte für 21 Mrd. US-Dollar. GE hatte 2017 sein Öl- und Gasgeschäft mit Baker Hughes (BHGE) verschmolzen und hielt etwa 62,5% an dem börsennotierten Unternehmen. Im November 2018 reduzierte GE seine Beteiligung an Baker Hughes von 62,5% auf 50%. Der Verkauf erzielte einen Bruttoerlös von 2,3 Mrd. US-Dollar. Die verbleibende Beteiligung hat einen Wert von ca. 14 Mrd. US-Dollar. Außerdem hat GE sein Transportgeschäft mit Wabtec (WAB) verschmolzen, einem weiteren börsennotierten Unternehmen. GE erhielt im Rahmen der Transaktion von Wabtec eine Cash-Zahlung von 2,9 Mrd. US-Dollar sowie eine Beteiligung von 25%, die aktuell mit etwa 3 Mrd. US-Dollar bewertet ist. Das Unternehmen könnte außerdem die verbleibenden Unternehmen seiner Healthcare-Sparte monetarisieren oder seine Beteiligungen an BHGE und WAB verkaufen. Zudem besteht die Möglichkeit zum Verkauf von Vermögenswerten von GE Capital, der Finanzsparte des Konzerns, und die Verbesserung der Profitabilität des Kraftwerkgeschäfts durch eine Restrukturierung. Obwohl nicht gewährleistet werden kann, dass GE sein Investment-Grade-Rating behalten wird, ergreift das Unternehmen die richtigen Maßnahmen. Die Unternehmensleitung hält nach wie vor an ihrem Ziel fest, den Netto-Verschuldungsgrad auf 2,5x (ohne GE Capital) zu senken, und strebt langfristig ein „A“-Rating an.⁵

Diese Beispiele sollten zeigen, dass es im BBB-Segment viele Unternehmen mit globaler Reichweite und werthaltigen Aktiva gibt. Sie können bei einer Verschlechterung des weltweiten Marktumfelds auf erhebliche Ressourcen zurückgreifen. Nicht jeder BBB-Emittent wird im nächsten Abschwung sein Investment-Grade-Rating beibehalten, vielen sollte es aber gelingen.


¹Basiert auf einem Anteil von 61 % am Investment-Grade-Markt mit einem Volumen von 6,7 Billionen US-Dollar und dem US-Hochzinsmarkt mit 1,3 Billionen US-Dollar (Quelle: J.P. Morgan, Stand: 30.6.2018.

²Quellen: Bloomberg, Capital IQ und JPMorgan, Stand: 30.11.2018.

³Stand: 31.12.2018. Der Verschuldungsgrad und die Kreditkennzahlen in den Beispielen beziehen sich auf die weltweit insgesamt ausgegebenen Schuldtitel.

⁴Im Rahmen dieses Dokuments bezeichnet der Netto-Verschuldungsgrad den Quotienten (Gesamtverschuldung – Cash) / EBITDA.

⁵Quelle: PGIM Fixed Income.

---
*) Richard T. Greenwood, CFA, ist Managing Director, Head of PGIM Fixed Income's Global Credit Research Group und Leiter unserer Londoner Geschäftsstelle. Als Head of Global Credit Research ist Herr Greenwood für Analystenteams in Newark (New Jersey), London, Singapur und Tokio zuständig, die Unternehmensanleihen mit Investment Grade, Hochzinsanleihen, Unternehmensanleihen aus Schwellenländern, Bankkredite und Kommunalanleihen analysieren. Bevor er 1987 zu unserem Unternehmen kam, war Herr Greenwood für Marine Midland Bank tätig, wo er für die Vergabe und Verwaltung von Krediten an mittelständische Unternehmen zuständig war. Herr Greenwood hält einen BA in Economics der New York University und einen MBA in Finance der Wharton School of the University of Pennsylvania. Er ist außerdem Chartered Financial Analyst (CFA).

Temple Houston, CFA, ist Managing Director und Head of Investment Grade Corporate Bond Research für PGIM Fixed Income. Herr Houston beschäftigt sich außerdem mit Unternehmensanleihen in den Branchen Metal and Mining sowie Paper and Packaging. Er ist außerdem Co-Vorsitzender im ESG-Ausschuss von PGIM Fixed Income. Zuvor hatte er für das High Yield Credit Team die Bereiche Consumer und Forest Products betreut. Herr Houston ist zudem seit 1994 Mitglied der Credit Research Group von PGIM Fixed Income. Zuvor hatte er im Finanz- und Rechnungswesen des Unternehmens gearbeitet. Herr Houston kam 1987 zum Unternehmen. Er hält einen BS in Accounting der University of Delaware und einen MBA in Finance der Rutgers University. Er ist außerdem ein Chartered Financial Analyst (CFA).

PGIM Fixed Income ist ein globaler Assetmanager, der aktive Investmentlösungen für alle Anleihemärkte bietet. Das Unternehmen verfügt über Geschäftsstellen in Newark (New Jersey), London, Tokio und Singapur und verwaltet mehr als 743 Mrd. US-Dollar. Weitere Informationen finden Sie unter den IPE Referenzen und auf www.pgimfixedincome.com. (Stand: 30. Dezember 2018).

PGIM Fixed Income handelt hauptsächlich durch PGIM, Inc., eine Tochtergesellschaft von Prudential Financial, Inc. („PFI“), die gemäß dem U.S. Investment Advisers Act von 1940 als Anlageberater eingetragen ist. Im Vereinigten Königreich und verschiedenen anderen Staaten innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) werden Informationen von PGIM Limited bereitgestellt (Geschäftssitz: Grand Buildings, 1-3 Strand, Trafalgar Square, London, WC2N 5HR). PGIM Limited ist von der britischen Finanzdienstleistungsaufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority) zugelassen und wird von dieser reguliert (Firmen-Referenznummer 193418). PGIM Limited verfügt in verschiedenen Jurisdiktionen des EWR über Passporting-Rechte. PFI aus den Vereinigten Staaten gehört nicht zu Prudential plc., einem Unternehmen mit Hauptsitz im Vereinigten Königreich. Die in diesem Dokument enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich verfügbaren Informationen aus Quellen, die PGIM Fixed Income als zuverlässig erachtet. Die Informationen stellen die Ansichten und Meinungen des Autors mit Stand zum 31. März 2019 dar und dienen ausschließlich der Information. Dieses Informationsangebot stellt keine Anlageberatung dar und sollte nicht als Grundlage für eine Anlageentscheidung verwendet werden. Die zugrunde liegenden Annahmen und Meinungen unterliegen der Änderung. 2019-1785