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Gastbeitrag: Asset Allokation 2013 – Aktiv gegen den Anlagenotstand vorgehen

Pensionskassen konnten während der längst vergangenen goldenen Börsenjahre problemlos gute Renditen erzielen, indem sie mit den Märkten „segelten“. Diese Zeiten sind vorbei. Heute geht es darum, für institutionelle Anleger möglichst "robuste" Portfolios zu zimmern, um die Möglichkeit von großen Verlusten zu begrenzen und neue Renditequellen zu erschließen.

Institutionelle Anleger und insbesondere Pensionskassen befinden sich in einem Dilemma. Die Märkte sind zunehmend von hoher Volatilität, niedrigen Zinsen und erhöhten Korrelationen geprägt. Wie sollen die Pensionskassen also noch ihren Leistungsauftrag erfüllen und ihre Anlagerisiken steuern?

Individuelle Bedürfnisse berücksichtigen
Der heutige Anleger muss umdenken. Es braucht ein Kissen von Anlagen, das in Schocksituationen gegen Verluste schützt. Zugleich darf der Investor nicht im Kissen „versinken“, sondern muss fähig sein, flexibel auf Marktchancen zu reagieren. Starre Grundportfolios als Basis für die Bestimmung eines Vergleichsindexes haben ihre Berechtigung weitgehend verloren. Vielmehr sollten die individuellen Vorgaben der Pensionskasse hinsichtlich ihrer Risikofähigkeit und Renditebedürfnisse im Vordergrund stehen. Dabei sollte das Risiko zum Beispiel als maximal möglicher Verlust über einen bestimmten Zeitraum definiert werden. Zentrale Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung eines solchen Ansatzes sind minimale Restriktionen bei der Portfolio- konstruktion. Die Benchmark definiert sich dann nicht mehr über Anlageklassen, sondern über den Risikoappetit und implizit abgeleitete Renditeerwartungen.

In der Vergangenheit stützten sich institutionelle Anleger bei der Zusammenstellung ihres „Rucksacks“ an Aktien und Anleihen in der Regel auf Konjunktur- und Rendite- prognosen. Die Portfoliokonstruktion war dabei von untergeordneter Bedeutung – man kann auch sagen, sie wurde sträflich vernachlässigt. Doch „robuste“ Portfolios sind eben die Grundlage verantwortungsvollen Investierens.

Worum geht es? Bevor sich ein widerstandsfähiges Bündel von Anlagen zusammen- stellen lässt, muss man sich über die langfristigen Eigenschaften von Anlageklassen im Klaren sein. Nur so lassen sich in einem wechselnden Umfeld jene Anlageklassen auswählen, die für eine optimale Diversifizierung sorgen und die bestmöglich zur stetigen Entwicklung des Portfolios beitragen können.

Hier sind Anbieter von solchen Anlageprodukten gefordert. Die strategische „Asset Allokation“ – also die Zuteilung der Mittel auf Anlageklassen – muss das Marktumfeld adäquat widerspiegeln und mit dem Risikobudget des Investors übereinstimmen. Sobald sich die Situation verändert, ist eine Überprüfung der Strategie notwendig. Die Anbieter können dann taktische Anlageentscheidungen treffen.


Über den Tellerrand hinausdenken
Viele Portfolios sind nach wie vor „aktienlastig“ und die Gefahr von Schwankungen ist entsprechend hoch. Bei der Betrachtung zum Beispiel der Entwicklung des US- Aktienmarktes seit 1980 lassen sich 17 Phasen mit Rückschlägen von über 10% identifizieren. Nennenswerte positive Renditen erzielten in dieser Phase einzig lang laufende US-Staatsanleihen. Eine ähnliche Situation finden wir heute vor.

In Zeiten von Niedrigzinsrekorden auf lang laufende Staatsanleihen zu setzen, erscheint auf den ersten Blick zwar wenig ratsam. Will man jedoch die Performance eines „Multi Asset Class“-Portfolios glätten, kann eine Anlage aus dieser Optik derzeit durchaus Sinn ergeben. Auch Rohstoffe eigneten sich in den 1970er-Jahren zur Diversifikation: In acht von neun Perioden mit stark negativer Aktienperformance schafften sie einen Ausgleich. Als Grundsatz gilt: Das Halten von zu viel oder zu wenig Anteilen der einen oder anderen Anlageklasse kann sich negativ auf das Portfolio auswirken.

Generell lohnt es sich, traditionelle Anlagestrategien zu hinterfragen. Um ein einfaches Beispiel zu geben: Der Kauf von US-Dollar kann sich bereits im Umfang von 5% sehr unterschiedlich auf das Risikobudget von zwei verschiedenen Portfolios, die auf einer anderen Währungen basieren, auswirken. Viele Anleger unterschätzen, dass sich auch die Diversifikationseigenschaften von Währungen im Zeitablauf verändern. Das kann natürlich große Performanceschwankungen zur Folge haben. Damit steigt die Wah- rscheinlichkeit, dass entweder der Investor oder der Portfoliomanager im un- günstigsten Moment eine falsche Entscheidung trifft. Wer hingegen in seinem Portfolio dank echter Diversifikation eine stabile Rendite – und sei sie noch so klein – erwirtschaftet, agiert in der Regel ruhig und besonnen.


Vorteile von „aktiv“ versus „passiv“
In den vergangenen Jahren ist ein Trend zu „passiven“ Anlagen, also beispielsweise dem Kauf von börsengehandelten Indexfonds, aufgekommen. Solche Produkte haben neben Kostenvorteilen aber auch Nachteile. Zum einen können Renditen von index- gebundenen Fonds je nach Marktlage stark schwanken oder sinken. Zum anderen sind Anlagen in indexnahe Produkte gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Chancen, die sich aus Abweichungen von der Benchmark ergeben.

Aus Risikomanagement-Sicht können passive Anlagen mitunter zu Konzentrationen von Sektoren und Einzeltiteln führen, die einer effizienten Portfoliodiversifikation zuwider- laufen. So übergewichtet der Aktienindex-Anleger jene Aktien und Sektoren, deren Preise im Verhältnis zu den jeweiligen Fundamentaldaten hoch sind, und unterge- wichtet jene, deren Preise günstig erscheinen. Es wird ebenso in Sektoren investiert, die möglicherweise über nur geringe Zukunftsaussichten verfügen.

Bei Engagements in Anleihen-Indizes erhöhen Anleger ihre Gewichtung von Emittenten, die ihre Verschuldung (Leverage) steigern, da deren Anteil am Index mit dem Forderungsbestand ansteigt. Zwar versuchen neue passive Anlageprodukte mit sogenannter Fundamental-Indexierung die geschilderten Mängel zu beheben, doch fließen in diesem Fall weitreichende subjektive Entscheidungen in die Indexkomposition ein.

Indirekt sprechen die erwähnten Beispiele also einer „aktiven“ Vermögensverwaltung, die eine bewusste Abweichung von der Benchmark beinhaltet, das Wort. Ein „aktiver“ Anbieter zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er sich beispielsweise auf besonders attraktive, unterbewertete Unternehmen fokussiert, einzelne Sektoren oder Länder über- oder untergewichtet und frühzeitig grundlegende Trends zu erkennen versucht.


Altbewährte und neue „Zutaten“ für Portfolios
Aktien spielen zwar als zentrale Renditetreiber nach wie vor eine große Rolle. Doch eine Rückkehr zu dem Aufwärtstrend der Aktienmärkte, der in den Jahren zwischen 1982 und 2007 immer wieder schöne Gewinne bescherte, ist mittelfristig unwahr- scheinlich. Die Aktienmärkte dürften sich vielmehr seitwärts entwickeln.

Wie lassen sich also Aktien im heutigen Umfeld „spielen“? Der Schwerpunkt liegt auf gut rentierenden Qualitätstiteln. Sie sollten unbedingt ein fester Bestandteil von stabilen Portfolios sein. Allerdings ist bei Aktien, die eine optisch hohe Dividenden- rendite ausweisen, Vorsicht geboten. Sie sind auf den ersten Blick zwar attraktiv, aber die Dividenden könnten in Zukunft sinken. Deshalb lohnt es sich, Titel mit guten Dividenden-Perspektiven unter die Lupe zu nehmen, also lieber beispielsweise in Nestlé (Dividendenrendite 3,5%) als in Deutsche Telekom (8%) zu investieren.

Gegenwärtig besteht eine Tendenz zu niedrigeren Aktienquoten, und diese dürfte sich fortsetzen. Grund für diesen Rückgang ist die begrenzte Risikofähigkeit einer Vielzahl von institutionellen Anlegern. Die zu erwartenden Portfolio-Renditen bleiben in jedem Fall unter den historischen Werten. Dies ist aber im Wesentlichen auf die dauerhaft niedrigen Zinsen in den Staatsanleihen zurückzuführen.


Höchste Qualität bei Anleihen beachten
Die Anleihen von Ländern mit erstklassiger Bonität wie Deutschland oder der Schweiz sind nicht nur als feste zinslose Anlage zu betrachten. Vielmehr stellen sie eine billige Versicherung gegen einen möglichen Zusammenbruch des Euros dar, sind also eine mittelbare Währungsanlage. Die Staatsanleihen der Eurozone ohne Deutschland können nicht als sicher betrachtet werden. Da sind Anleihen von Schwellenländern in Dollar schon interessanter. Ihre Bonität ist zwar niedriger, aber ihre solide Entwicklung sowie die höhere laufende Verzinsung sprechen für diese Anlageklasse. Als Alternative zu Aktien sind hochverzinsliche Unternehmensanleihen, sogenannte High-Yields Bonds, sehr attraktiv. Daneben können sich auch Rohwaren wie zum Beispiel Gold lohnen.


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*) Christophe Bernard ist Chefstratege der Bank Vontobel, Vontobel Asset Management, Zürich.