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Gastbeitrag: Dividendenwerte – Ausweg aus der ewigen Zinsflaute

Das aktuelle wirtschaftliche Umfeld ist von niedrigen Zinsen und stagnierendem Wachstum geprägt. Deshalb sind Investoren verstärkt auf der Suche nach Renditechancen. Anleger, denen es um stetige Ertragsströme geht, sind dabei gut beraten, auf Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Dividenden zu setzen. Bei der Titelauswahl sind jedoch einige Faktoren zu beachten.

Matthew Lovatt

Dividendenwerte bieten attraktive Einkünfte und schneiden traditionell in allen Konjunkturphasen besser als der breite Markt ab. Außerdem korrelieren sie tendenziell mit der Inflationsentwicklung, so dass sie ein gewisses Maß an Sicherheit bieten, wenn die Inflationsrate steigt.

Dennoch: Dividende ist nicht gleich Dividende. Die Fähigkeit, ein Dividendenniveau zu halten oder sogar zu steigern, hängt von der Qualität des zugrundeliegenden Geschäfts und der Stärke der Bilanz ab. Hier kommt es zwar entscheidend auf die Einzeltitelauswahl an, doch eine an hohen Dividenden orientierte Strategie ist der Schlüsselfaktor.

Auch für die Zukunft gilt, dass die Bewertung dividendenstarker Titel weitgehend den historischen Durchschnittswerten entsprechen wird, auch wenn die Unternehmen mehr Liquidität halten als jemals zuvor.


Deutliche Outperformance von Dividendenwerten
1988 veröffentlichten die amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Eugene Fama und Kenneth French die Ergebnisse einer Studie, in der sie die deutliche und statistisch signifikante Überrendite dividendenstarker US-Aktien nachwiesen. Weitere Untersuchungen erzielten ähnliche Ergebnisse auch für andere entwickelte Märkte und Schwellenländer.

Auch wenn die Studie einige Jahre zurückliegt – die Erkenntnisse gelten heute noch: Bei Zinsen auf Allzeittief bieten Dividendenrenditen auf Aktien aus entwickelten Märkten Investoren deutlich höhere Erträge als Staatsanleihen. Investoren, denen stetige Einkünfte wichtig sind, wenden sich daher typischerweise Aktientiteln zu, die Dividenden abwerfen und wählen insbesondere Strategien, in deren Mittelpunkt Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Dividenden stehen.

Bei Marktabschwüngen oder in Phasen mit niedrigen Renditen ist die relative Outperformance von Dividendenwerten am deutlichsten. Insofern bieten sich Aktien mit hohen Erträgen als Absicherung bei ungünstigem Konjunkturverlauf an. Gerade vor dem Hintergrund des zurzeit stagnierenden Wirtschaftswachstums mag sich das für Anleger als besonders nützlich erweisen.

Darüber hinaus bieten Aktien tendenziell einen natürlichen Inflationsschutz: Historisch bedingt gibt es eine starke Korrelation zwischen Dividendenwachstum und Inflation. Das liegt unter anderem daran, dass viele Unternehmen in einem inflationären Umfeld Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben können.


Dividenden sind nicht gleich Dividenden
Die Investition in dividendenstarke Aktien hat also vielfältige Vorteile. Trotzdem sollten Investoren aber beachten, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Unternehmen gibt. Teilt man US-Dividendentitel über den Zeitraum 1927 bis 2011 je nach Dividendenrendite in unterschiedliche Kategorien auf, so zeigt sich, dass die Aktien mit den höchsten Renditen wider Erwarten nicht die höchsten Gesamterträge abwarfen. Im Durchschnitt betrugen die jährlichen Renditen im obersten Quintil der Dividendentitel 10,9% gegenüber 11,8% im zweithöchsten Quintil.

Dies liegt vor allem daran, dass auf das oberste Quintil ein hoher Anteil von Unternehmen entfällt, die am Ende ihres Lebenszyklus stehen oder sich in finanzieller Bedrängnis befinden. Daher haben sie Schwierigkeiten, ihr Dividendenniveau über längere Zeit aufrechtzuerhalten oder gar zu steigern. Traditionell fokussieren High-Income-Strategien auf Unternehmen in den Spätphasen ihres Lebenszyklus: Reife und Niedergang. In der Reifephase neigen Unternehmen zu stagnierendem Wachstum und anhaltend hohen Dividenden.

In diese Kategorie fallen typischerweise Telekommunikationsunternehmen, Versorger und große Konsumgüterunternehmen. In der Niedergangsphase geraten Unternehmen in Bedrängnis, wenn der Aktienkurs bereits gefallen ist, aber die Dividenden noch nicht entsprechend angepasst wurden. Hier besteht vor allem die Gefahr, dass Unternehmen gezwungen sind, ihre Dividende zu kürzen.


Sorgfältige Titelauswahl
Eine Erholung im Anschluss an eine Restrukturierung ist möglich, aber keinesfalls garantiert. Es deutet einiges darauf hin, dass sich ausschüttende Unternehmen vor allem durch ihren Wachstumsfokus unterscheiden. Im Zeitraum 1988 bis 2010 rentierten Aktien, deren Dividendenrendite mit Zuwächsen von mindestens zehn Prozent ins oberste Quartil fiel, pro Jahr 12,7%.

Dividendentitel mit geringeren Zuwächsen schnitten schlechter ab. Unternehmen, deren Dividende nicht zulegte, warfen pro Jahr magere zwei Prozent ab. Das spricht dafür, dass eine auf Einkommen gerichtete Strategie in jene Unternehmen investieren muss, die nicht nur aktuell eine hohe Dividendenrendite aufweisen, sondern ihre Dividende im Laufe der Zeit auch steigern können. Hier zeigt sich, wie wichtig „Stock Picking“ ist: Es bedarf gründlicher Fundamentalanalyse, um die geeigneten Unternehmen herauszufiltern.


Der beste Zeitpunkt zum Einstieg: Jetzt
Die Tatsache, dass dividendenstarke Aktien in der Vergangenheit besser abgeschnitten haben, bedeutet nicht notwendigerweise, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Anleger mögen sich zu Recht fragen, ob der Zeitpunkt für ein Engagement in Dividendentitel günstig ist. Hier sind vielfältige Faktoren zu berücksichtigen: Die Bewertung von Dividendentiteln, die Liquiditätslage der Unternehmen, die Rahmendaten der Unternehmen und die Nachhaltigkeit der Dividendenzahlungen.

Bei der Titelauswahl sollten Investoren vermeiden, zu viel für ihre Vermögenswerte zu zahlen, denn das würde ihre Erträge eindeutig schmälern. Derzeit entspricht die Bepreisung dividendenstarker Titel historischen Durchschnittswerten. Auch die Liquiditätslage ist gut: Die Unternehmen verfügen über mehr Liquidität als je zuvor. So haben beispielsweise die Kassenbestände der Unternehmen im MSCI World Index mittlerweile ein in der jüngeren Geschichte beispielloses Niveau erreicht. Angesichts des derzeit ungewissen konjunkturellen Umfelds zögern die Unternehmen wohl, diese Barmittel für interne Investitionen zu nutzen. Einige Unternehmen haben bereits begonnen, überschüssige Liquidität an Aktionäre auszuschütten; andere werden ihrem Beispiel voraussichtlich folgen. Somit dürfte der Dividendenstrom bis auf weiteres unvermindert anhalten.


Fazit
Dividendenstarke Aktien bieten Anlegern Kapitalzuwächse, stetiges Einkommen und sogar einen gewissen Inflationsschutz. Sie übertreffen den breiten Markt in allen Konjunkturphasen, besonders deutlich jedoch in Phasen niedriger Renditen und in Zeiten eines Marktabschwungs. Somit sind Dividendentitel gerade im gegenwärtig stagnierenden wirtschaftlichen Umfeld für Anleger besonders interessant. Doch Dividenden sind nicht gleich Dividenden. Unternehmen mit großen Wachstumschancen schneiden insgesamt besser ab als andere Dividendentitel. Insofern bieten sich für Investoren vor allem qualitativ hochwertige Wachstumsunternehmen an, die hohe Dividenden ausschütten. Die Zeit für ein Investment in Dividendenwerte ist derzeit günstig: Unternehmen rund um den Erdball sitzen auf Liquiditätsbergen; ihre Bewertungen entsprechen den historischen Werten.


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*) Matthew Lovatt ist Global Head of Business Development bei AXA Investment Managers.