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Gastbeitrag: Infrastrukturinvestitionen und die Grundsätze für verantwortungsvolles Investieren

Auf den ersten Blick scheinen der Bau oder die Verbesserung von Infrastruktur auf dem Gebiet der Energieversorgung, bei Autobahnen oder Flughäfen nicht vereinbar zu sein mit einem stärkeren Bewusstsein für Umwelt-, Sozial- und Führungsthemen (ESG = Environmental, Social, Governance) sowie den UN-Grundsätzen für verantwortungsvolles Investieren (PRI = Principles for Responsible Investment). Dies wäre jedoch zu kurzfristig gedacht. PRI-Grundsätze haben schon lange bevor sie formalisiert wurden, bei der Aktienauswahl von Pensionsfonds und institutionellen Anlegern eine Rolle gespielt. Jetzt sind diese Kernprinzipien ins Zentrum von Investitionsentscheidung gerückt. Ein geschärftes Bewusstsein für den ESG-Themenkatalog ist ein wichtiger Faktor für erfolgreiche Infrastrukturinvestments.

Niall Mills

Verantwortung zählt
Für viele Pensionsfonds sind nicht gelistete Infrastrukturprojekte eine immer attraktiver werdende Anlagekategorie. Sie liefern nicht nur einen vorhersehbaren Fluss an inflationsgekoppelten Renditen, die gut zu inflationsgekoppelten Verbindlichkeiten passen. Infrastruktur als Beimischung hilft auch bei der Diversifizierung des Portfolios und verringert die Abhängigkeit von Aktien und Bonds. Infrastrukturprojekte in den Bereichen Versorgung, Stromverteilung und Verkehr haben für Pensionsfonds ein attraktives Verhältnis von Risiko und Rendite. Die Infrastrukturindustrie gewinnt an Erfahrung. Erfolgreiche Manager setzten sich von ihren Wettbewerbern ab. Dies erleichtert Investoren die Auswahl. Infrastrukturinvestitionen sind langfristig ausgerichtet. Daher ist es wichtig, dass die jeweiligen Objekte gut und nach höchsten Standards betrieben werden, um die Investitionen zu sichern.

PRI-Grundsätze sind mittlerweile ins Zentrum der Überlegungen von Pensionsfonds gerückt. Geschäftsführer und Berater melden, dass neu ernannte Manager die PRI-Gründsätze ausnahmslos anwenden. Die Anlageausschüsse der Pensionsfonds sind sich bewusst, was für einen verheerenden Einfluss große Umweltkatastrophen wie die Explosion der Ölplattform Deep Water Horizon und die darauf folgende Verschmutzung im Golf von Mexiko auf den Wert der Investition haben können. Auch gibt es grundlegende Änderungen in der Einstellung der Gesellschaft. Diese lassen sich beispielsweise an der Trennung von Haushaltsmüll festmachen oder an den Bemühungen der Autohersteller, alte Benzinschlucker durch grüne, aber aufregende Modelle zu ersetzen.

Weitere Indikatoren für den Vormarsch von ESG sind die vielen Pensionsfonds, die die Grundsätze für verantwortungsvolles Investieren der Vereinten Nationen (UNPRI) unterzeichnen. Auch die Angaben über die Berücksichtigung der ESG-Grundsätze in den PRI-Statements der Pensionsfonds zeigen dies. Mangelnde ESG-Praktiken können in der Tat ein starker Hinweis auf ein schlecht geführtes Unternehmen sein. Es ist unwahrscheinlich, dass solche Unternehmen den Investoren ordentliche Rendite liefern.

Warum sind diese zwei Trends mit der Anlagepolitik von Pensionsfonds vereinbar? Bei der Beantwortung muss man berücksichtigen, dass Infrastrukturprojekte als schädlich im Sinne von ESG angesehen werden können. Das Betreiben einer Mautstrasse oder einer Kläranlage muss aus Umweltschutzgründen sorgfältig und beständig gut gemanagt werden. Gute Infrastrukturunternehmen versuchen dies erfolgreich und nachhaltig innerhalb der behördlichen Restriktionen zu tun, ohne das sie dazu extra aufgefordert werden müssten. Viele  Versorgungsgesellschaften werden daher als Teil der örtlichen Gemeinde angesehen. Dies ist nicht nur geübte Praxis, sondern hilft auch talentiertes Personal anzuwerben und zu halten sowie die Moral der Belegschaft zu verbessern.

Infrastrukturinvestitionen, besonders solche die essentielle Leistungen erbringen, werden vielfach beachtet. Wenn etwas schief läuft und sich Probleme für die Umwelt ergeben, riskieren Betreiber und Eigentümer auf Grund von Demonstrationen und negativer Berichterstattung ihre Reputation.

Langfristige Überlegungen
Um zu zeigen, wie ernst Infrastrukturmanager die PRI-Grundsätze nehmen, können wir Projekte vorstellen, die dem Umweltschutzgedanken gerecht werden.

In Deutschland zielen die für die Automobilindustrie aufgelegten Stimulierungspakete darauf ab, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektromobilautos auf deutsche Straßen zu bringen, was die Abhängigkeit von herkömmlich angetriebenen Fahrzeugen reduzieren wird. Erhebliche Entwicklungsanstrengungen hin zu einem Versorgungsnetz sind jedoch erforderlich, um die Effizienz der Stromversorgung zu maximieren. Der Energieriese RWE beispielsweise begann die Bedürfnisse durch Pilotprojekte im Raum Berlin und in der Industrieregion Ruhr zu erfüllen und errichtete bis Ende vergangenen Jahres 600 Batterieaufladestellen ein.

Ebenso in Deutschland führte der schwedische Versorger Vattenfall ein innovatives Verfahren zur  CO2-Abscheidung und Abspeicherung (CSS) ein. Dabei wird Gas in liquide Form gepresst und unter der Erde gelagert.  Ihre CSS-Oxyfuel-Pilotanlage am Standort Schwarze Pumpe in der Nähe von Berlin war weltweit die erste ihrer Art. Sie dient als Vorlage für ähnliche Anlagen in der Zukunft.

Ein weiteres gutes Beispiel für die Tatsache, dass PRI wesentlicher Bestandteil von Infrastrukturinvestitionen ist, ist die Wasserindustrie. Sie wurde 1989 in Großbritannien privatisiert, was zunächst umstritten war, vor allem weil Wasserzuteilung lange Zeit als ein essentieller Service galt. Seinerzeit wurde jedoch ein beschämender hoher Anteil von Großbritanniens Flüssen und Wasserstraßen mit der Note drei bewertet – (nach heutigen Standards wären sie E oder F). Der Fischbestand war minimal oder null. Diese toten, industriellen Wasserstraßen wurden seit der Privatisierung wiederbelebt. Dazu trug zum einen die europäische Umweltgesetzgebung bei. Zudem konnten die privatisierten Wasserfirmen Kapital aufnehmen, um Verbesserungen bezüglich der Staumenge und der Wasserbehandlung vorzunehmen. Rund 99% aller britischen Flüsse werden heute mit A oder B bewertet.

Dies bedeutet jedoch nicht das Ende aller Verbesserungen. Die Wasserindustrie wird Schätzungen zufolge weitere zehn Milliarden Pfund in den kommenden fünf Jahren investieren. Die  Gesamtinvestitionen zwischen 1989 und 2014 summieren sich so auf 100 Mrd. GBP – ein erstaunliches Niveau für nur einen Sektor.

Anglian Water – wir sind Hauptaktionär dieses führenden Wasserversorgers – investierte zum Beispiel, um den Umweltwelteinfluss durch Echtzeitdruckkontrollen zu minimieren. Durch diese Kontrollen wird der Wasserdruck während des Tages an den Bedarf der Kunden angepasset. Höherer Druck wird benötigt, um den Bedarf in Spitzenzeiten zu decken. Zum Beispiel am Morgen, wenn die Menschen duschen. Ein hoher Druck den ganzen Tag über aber würde die Leckung erhöhen, wenn Wasser nur zum Händewaschen oder zum Zähne putzen benötigt wird.

Anglian Water schätzt, dass die Installierung dieser Druckkontrollen an einem Standort 3.500 GBP kostet, im ersten Jahr aber 5.000 GBP oder 63.009 Kilowattstunden und 34 Tonnen an CO2 einspart.

Anreize, sich zu kümmern
In den vergangenen Jahren bewegten sich die  Modalitäten einer Regulierung weg von einem ökonomisch-basierten hin zu einem mehr Anreiz- basierten Ansatz. Dies übte einen starken positiven Einfluss auf Umweltstandards von Versorgern aus, da sie zusätzliche Gewinne und Förderungen für gute Leistungen erzielen können. Klar müssen die Unternehmen sorgfältig mit ihren Reserven umgehen, doch die Regulatoren zwingen sie, auf ihre Kunden zu hören. Der Einsatz von Anreizen auf Gebieten wie der Betriebs- und der Kapitaleffizienz, als auch der Kundenzufriedenheit bedeutet, dass die Top-Versorger nun zusätzliche Belohnungen einfahren können, was wiederum ihre künftige Performance steigern kann.

Diese Anreize häufen sich mit der Zeit, so dass die Unterschiede zwischen Top-Performern und schwächeren Unternehmen beständig wachsen. Besonders 2011 haben wir gesehen, dass die Ratingagenturen diese Unterschiede kommentieren. Im wesentlichen beeinflussen Performance und Effektivität die Gewinne von Versorgern. Diese Unterschiede schließen  finanzielle Kosten ein. Wie bereits erwähnt, lassen sich durch schrittweise Erfolge Geld sparen, sie dienen der Umwelt und schaffen eine positive Dynamik für die besten Versorger.

Daraus folgt, dass Infrastrukturinvestoren PRI-Grundsätze nicht ignorieren oder glauben sollten, dass diese keinen Einfluss auf ihre Vermögenswerte hätten. Es gibt einen klarer Zusammenhang zwischen einem Bemühen nach höheren Umweltstandards und finanzieller Performance. Gute Unternehmen versuchen das richtige zu tun, ohne dass man sie dazu zwingt. Im heutigen Klima wird dies sowohl durch einen guten Ruf der Firma und die Moral der Mitarbeiter als auch durch bessere finanzielle Ergebnisse belohnt. So können Infrastruktur Investments und PRI, zwei wichtige Trends für Pensionsfonds, eine lang anhaltende Partnerschaft zum gegenseitigen Wohl eingehen.


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*) Niall Mills ist Chef von Infrastructure Asset Management Europe bei First State.