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Gastbeitrag: Unlisted Infrastructure

Europa ist seit jeher die wichtigste Region für Infrastrukturgeschäfte. In den letzten zehn Jahren haben in der Region Infrastrukturobjekte im Wert von 762,1 Mrd. US-Dollar den Besitzer gewechselt – dies entspricht der Hälfte aller weltweiten Infrastrukturgeschäfte.

Der europäische Infrastrukturmarkt ist in den vergangenen 18 Monaten weiter in Fahrt gekommen. Aktuelle Transaktionen deuten darauf hin, dass sich die Bewertungen im Anschluss an die globale Finanzkrise vollständig erholt haben, sodass inzwischen erhebliche Aufschläge auf die regulierten Werte der Objekte entstehen.

Daher verfolgen Infrastrukturanleger einen zweigleisigen Ansatz, um in diesem wettbewerbs­intensiven Umfeld risikobereinigte Erträge zu erzielen. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dafür zu sorgen, dass die Bewertungen korrekt modelliert werden und hinreichend unabhängig sind. Zudem ist die Fähigkeit, die neuen Anlagen aktiv zu verwalten, um eine solide Führung, Risikosteuerung und die Outperformance des Investment Case zu erzielen, eine grundlegende Kompetenz. Diese Anlagen verwalten sich nicht von selbst, sondern erfordern kontinuierliches Engagement.


Die Themen und Entwicklungen, die für diese und zukünftige Anlagechancen maßgeblich sind, lauten:

*Privatisierung aufgrund von Sparzwängen:
Da die europäische Staatsschuldenkrise immer noch sehr aktuell ist, sind auch mehrere Länder der Region unter strengere Beobachtung geraten. Der Druck auf die hoch verschuldeten nationalen, regionalen und kommunalen Regierungen, die öffentlichen Haushalte zu sanieren und die Schuldenbelastung zu senken, steigt. Daher prüft man jetzt die Veräußerung staatlicher Objekte. Beispiele für diese Entwicklung sind die laufende Abwicklung des Wasserversorgers ATLL in Barcelona und die derzeitige Privatisierung des portugiesischen Flughafenbetreibers ANA.

*Neuausrichtung auf Kernaktivitäten: In dem von Unsicherheit geprägten Wirtschaftsumfeld überprüfen viele Unternehmen ihre Strategien und veräußern Bereiche, die nicht zum Kerngeschäft gehören. Dies war am Beispiel von Vattenfall zu beobachten, dessen finnisches Stromverteilungsgeschäft im Dezember 2011 veräußert wurde, sowie am Verkauf von Open Grid Europe durch E.ON im Sommer 2012.

*Entflechtung von Versorgungsunternehmen: Vertikal integrierte Energieversorger sind bestrebt, ihre regulierten Übertragungs- und Verteilungsnetze abzustoßen, um den aufsichtsrechtlichen Druck seitens der Europäischen Wettbewerbsbehörde zu senken. Zu den Beispielen aus den Jahren 2010 und 2011 gehörten die Veräußerung der TENP-Gaspipeline durch Eni sowie der Verkauf von Thyssengas durch RWE, beides in Deutschland.

*Erneuerbare Energien: Die europäischen Ziele auf dem Gebiet der erneuerbaren Ener­gien werden die Neuinvestitionen in diesen Sektor fördern. Trotz der jüngsten Änderungen an den Einspeisevergütungen mancher Länder wachsen die Anlagegelegenheiten im Bereich erneuerbare Energien weiter. Dabei wird insbesondere die Energieerzeugung in Offshore-Windparks eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

Zusätzlich zu diesen Trends gibt es in bestimmten Teilregionen eine Vielfalt von kurz- und mittelfristigen Anlagegelegenheiten. Die iberische Halbinsel bietet im Vergleich zu anderen europäischen Regionen nach wie vor eine steigende Zahl an Anlagechancen, doch auch auf dem deutschen, französischen und skandinavischen Markt ergeben sich immer mehr Möglichkeiten. Die Analyse von First State Investments der in Europa abgeschlossenen Geschäfte ergab, dass die Transaktionsaktivität sich jetzt zunehmend von Großbritannien nach Südeuropa und in die deutschsprachigen Regionen verlagert.


Finnland und Deutschland fallen als zwei der attraktiveren europäischen Regionen für Infrastrukturanleger auf, da sich das BIP dieser beiden Staaten im Unterschied zu dem vieler südeuropäischer Länder schnell von der starken Kontraktion in Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise 2008/2009 erholt. Darüber hinaus gehören die Verschuldung und die Haushaltsdefizite der öffentlichen Finanzen in Finnland und Deutschland zu den niedrigsten in Europa.

Beide Länder konnten ihre AAA-Bonität bei allen großen Rating-Agenturen aufrechterhalten. Das vielversprechendste Geschäft des Jahres 2012 in Deutschland war wohl der Verkauf von Open Grid Europe, dem Gasübertragungsgeschäft von E.ON, an ein Konsortium aus British Columbia Investments, ADIA, Macquarie und MEAG für 3,2 Mrd. Euro. Das in Essen ansässige Open Grid Europe ist mit 7.312 km Pipelines und 27 Verdichterstationen das führende deutsche Gasübertragungsnetz.

In Finnland fanden 2012 zwei große Infrastrukturgeschäfte statt. Beide waren darauf zurückzuführen, dass der Verkäufer sich wieder verstärkt auf sein Kerngeschäft konzentrieren wollte. Vattenfall veräußerte im Januar 2012 sein Strom- und Wärmeübertragungsnetz VattenfallVerkkoin an ein Konsortium aus Infrastrukturinvestoren und natio­nalen Pensionsfonds. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Tampere versorgt rund 400.000 Kunden im Südwesten Finnlands und hat in der Stromversorgung einen Marktanteil von 12%.

Die zweite große Transaktion in Finnland war der Verkauf von Digita Oy, dem führenden finnischen Betreiber von Sendemasten, an First State Investments durch TDF. Die Fernseh- und Radioabdeckung von Digita Oy erreicht über 99,9% der finnischen Bevölkerung. Das Attraktive an dieser Übernahme war ein gut etablierter und transparenter aufsichtsrechtlicher Rahmen, der bei stabilen und vorhersehbaren Cashflows, hohen Eintrittsbarrieren und gesetzlichen Anforderungen, hohe Ertragstransparenz sowie einen wettbewerbsfähigen Preis bot.

Angesichts einer steigenden Anzahl an europäischen Infrastrukturanlagen am Markt bringen sich private und institutionelle Investoren in Position, um sich einen Anteil an dem lukrativen, häufig hoch rentierlichen Infrastrukturmarkt zu sichern. Dies zeigt sich vielleicht am deutlichsten am Erfolg der jüngsten Kapitalbeschaffungsinitiativen spezialisierter Infrastrukturfonds.

Es besteht daher nach wie vor ein wettbewerbsintensiver Markt für attraktive Anlagen, was das Bewertungsniveau ansteigen lässt. In diesem dynamischen Umfeld sind ein disziplinierter Ansatz für die Bewertungen und eine aktive Verwaltung der einzelnen Infrastrukturinvestments der Schlüssel dafür, dass Infrastrukturanleger attraktive risikobereinigte Erträge erzielen können.

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*) Philippe Taillardat ist Co-Head of Infrastructure Investment Management bei First State Investments.


Der Beitrag stammt von unserem Kooperationspartner alternative investor information (altii). Das Unternehmen betreibt die Website www.altii.de, die Institutionelle Investoren über Alternative Investments, Fonds und Fondsmanager informiert. Zum Leistungsspektrum gehört auch das Magazin „alternative investor information“, das sich ebenfalls ausschließlich an institutionelle Anleger wendet.