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Gastbeitrag: Vorbereitung auf die digitale Revolution bei festverzinslichen Wertpapieren

Systematisches Investieren hat sich den meisten Akteuren im Bereich der festverzinslichen Wertpapiere bisher entzogen. Obwohl wir bereits seit 2001 systematische Ansätze für festverzinsliche Wertpapiere entwickeln, haben wir erst in letzter Zeit ein exponentielles Wachstum dieser Art von Strategien erlebt. Barclays Research schätzt, dass 90 bis 140 Mrd. US-Dollar an Kapital in systematischen Kreditvehikeln verwaltet werden und dass deren Beliebtheit in den letzten zwei Jahren regelrecht explodiert ist.

Paul Benson

Systematisches Investieren bei Aktien ist dagegen nicht neu. Im Jahr 1973 brachte Tom Loeb, mit dem ich bei Mellon Capital Management zusammenarbeitete, die erste Aktienindexstrategie auf den Markt, die quantitative Faktoren nutzte. Richtig los ging es aber erst in den 1990er Jahren. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Eugene Fama veröffentlichte sein äußerst einflussreiches 3-Faktoren-Modell. Gleichzeitig bedeutete das Ende des Kalten Krieges, dass Mathematiker und Wissenschaftler weniger in der Lage waren, eine Beschäftigung im Verteidigungssektor zu finden, sondern sich stattdessen der boomenden Wall Street zuwenden konnten. Der Begriff „Quant“ hielt Einzug in das Finanzlexikon, und faktorbasiertes Investieren wurde bis in die 2000er Jahre hinein immer üblicher bei Aktien.

Aber während dieser Zeit blieben die Anleihemärkte im Vergleich dazu ziemlich altmodisch. Auch heute noch wird ein Großteil des Handels mit einer einzelnen Anleihe abgewickelt. Noch schlimmer ist, dass diese Art des Handels im regulatorischen Umfeld nach 2008 weniger liquide wurde. Bei Hochzinsanleihen kann es Tage oder sogar Wochen dauern, bis die andere Seite eines Geschäfts gefunden wird, wobei die Transaktionskosten an guten Tagen 50 bis 70 Basispunkte und an angespannten Märkten bis zu 300 Basispunkte betragen.

Traditionelle Strategien für festverzinsliche Wertpapiere können auf Märkten wie dem Hochzinsmarkt deutliche Grenzen haben
Die Liquidität ist unserer Ansicht nach eine klare Einschränkung der traditionellen passiven und aktiven Strategien. Auf dem US-High-Yield-Markt beispielsweise zeigt unsere Analyse der eVestment-Datenbank, dass die meisten passiven Strategien nur 60% der 2000 Anleihen im breiten US-High-Yield-Index halten, während aktive Strategien im Allgemeinen 15-30% besitzen. Als Lösung für dieses Problem haben wir vor über einem Jahrzehnt den „Kreditportfoliohandel“ eingeführt, der darauf abzielt, die „versteckte Liquidität“ im Ökosystem der festverzinslichen ETFs zu erschließen. Wir haben festgestellt, dass wir die Transaktionskosten für US-Hochzinsanleihen auf 10 bis 20 Basispunkte senken können, während wir täglich bis zu 500 Mio. US-Dollar handeln, mit Ausführungszeiten von Minuten bis Stunden, selbst für weniger gehandelte und traditionell illiquide Anleihen. Das macht Investitionen in 90% oder mehr eines Indexes durchaus realistisch.

Eine weitere Einschränkung der traditionellen Strategien ist der analytische Aufwand. Fundamentale aktive Manager verlassen sich auf Kreditanalysten, um Ausfälle zu vermeiden und aktive Positionen umzusetzen. Doch bei über 900 einzelnen Emittenten allein auf dem US-High-Yield-Markt können selbst die am besten ausgestatteten Kreditteams nur einen Bruchteil davon abdecken. Das bedeutet im Allgemeinen, dass die Manager nur relativ wenige Alpha-Positionen eingehen können und diese gleichzeitig relativ konservativ halten (aufgrund der verstärkten Auswirkungen, die ein Ausfall hätte). Mit einem systematischen Ansatz lässt sich die Kreditanalyse jedoch automatisieren. Modelle sind unermüdlich, schnell und wiederholbar, so dass die Analyse eines gesamten Anleiheuniversums keine große Sache ist. Statt einiger weniger, konzentrierter Positionen kann ein Portfolio zahlreiche aktive „Mikro“-Positionen oder Tilts über sein gesamtes Portfolio hinweg implementieren, wenn es nach Alpha strebt.

Natürlich muss jedes Modell gut kalibriert sein und über eine ausreichende Datenqualität verfügen. Die gute Nachricht ist, dass Kreditmodelle nicht neu sind, auch wenn ihre praktische Umsetzung bekanntermaßen schwierig ist. So wurde das „Merton-Modell“ von Robert Merton, mit dem das Ausfallrisiko eines Unternehmens ermittelt werden kann, bereits 1974 veröffentlicht. Das Modell muss jedoch für den Einsatz in der Praxis optimiert werden, so dass eine sorgfältige Prüfung der Manager, die diese Verfahren anwenden, unerlässlich ist.

Chancen und Risiken von systematischen Strategien
Wir gehen davon aus, dass systematische Strategien für festverzinsliche Wertpapiere weiter an Beliebtheit gewinnen werden. Die systematische Anlage in festverzinsliche Wertpapiere ist kein Allheilmittel, aber wir sind der Meinung, dass sie in einigen Anlageklassen klare Vorteile bietet, insbesondere in Bereichen, die weniger liquide sind, wie z. B. High Yield. Systematische Ansätze können vielleicht auch eine überzeugende Diversifizierung gegenüber traditionell verwalteten Strategien bieten. Wir stellen zum Beispiel fest, dass 72% der fundamentalen aktiven High-Yield-Strategien eine Alpha-Korrelation von 0,5 oder mehr mit dem durchschnittlichen Manager aufweisen (was die potenziellen Vorteile der Manager-Diversifizierung einschränkt). Unsere Strategie hingegen hatte eine Alpha-Korrelation von weniger als 0,25 mit 90% des Universums der fundamentalen aktiven US-High-Yield-Manager (basierend auf unserer Analyse des eVestment US-High-Yield-Fondsuniversums von April 2013 bis März 2023) und eine negative Korrelation mit 60% davon.

Fazit: Die Anleger sollten darüber nachdenken, wie systematische festverzinsliche Anlagen ihnen dabei helfen können, die anstehenden Herausforderungen besser zu bewältigen, indem sie möglicherweise zuverlässigere Erträge und eine höhere Liquidität bieten.

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*) Paul Benson, Leiter des Bereichs Systematic Fixed Income bei Insight Investment