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Gastbeitrag: Wie reagieren die Preise von Kryptoassets auf den Ausgang der US-Wahl?

Wenn am 5. November die US-Wähler zur Wahlurne gehen, um zu entscheiden, wer der 47. Präsident der Vereinigten Staaten sein wird, ist das eines der wichtigsten politischen Ereignisse der Welt. Ob Trump oder Harris gewinnt, das wird global als entscheidende Weichenstellung für viele politische Fragestellungen gesehen. Neben den Präsidentschaftswahlen werden die Wähler in den USA auch entscheiden, welche Partei in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit haben wird. Und natürlich wird der Ausgang Einfluss auf die Wertentwicklung von Aktien, dem US-Dollar und andere Assetklassen haben.

Dr. André Dragosch

Die Frage nach der Reaktion der Kryptopreise auf den Ausgang der Wahl spielt dabei in diesem Jahr eine besondere Rolle. Die kommende Präsidentschaftswahl ist die erste, bei der Kryptoassets ein Teil der Diskussion sind und bei der beide Kandidaten zum Kryptomarkt Stellung bezogen haben – wenn auch, wie bei Harris, die Aussagen teils eher vage ausfielen. Das Research-Team der ETC Group hat in einer rein quantitativen Analyse untersucht, wie sich der Bitcoin nach den letzten Wahlen entwickelt hat und wie die künftige Perfomance nach dem Sieg des einen oder anderen Lagers aussehen könnte.

Nach den vergangenen US-Präsidentschaftswahlen in den Jahren 2021, 2016 und 2020 hat sich Bitcoin im Allgemeinen sehr gut entwickelt, unabhängig davon welche Partei letztlich den Präsidenten gestellt hat. Im Durchschnitt lag der Preis von Bitcoin 400 Tage nach den letzten drei Wahlterminen um ca. +4.268% oberhalb des Kurses am Wahltag. Dabei wies Bitcoin in jedem dieser vergangenen Wahlzyklen abnehmende Renditen auf, also nach der letzten US-Wahl im Jahr 2020 eine geringere Gesamtrendite im Vergleich zu 2016 und 2016 eine geringere im Vergleich zu 2012.

Wahlen zuletzt nicht der entscheidende Faktor
Die hervorragende Performance von Bitcoin in der Vergangenheit hing jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht nur mit den US-Wahlzyklen zusammen, sondern war insbesondere Folge wichtiger makro- und Kryptomarkt-spezifischer Faktoren.

Die US-Wahlzyklen fielen jeweils dicht mit Bitcoin-Halving-Ereignissen zusammen, die etwa alle vier Jahre auftreten. Beim jedem Bitcoin-Halving werden die Rewards für die Mitwirkenden, die das Netzwerk sichern, um 50% reduziert. Das wirkt sich direkt auf die Rate aus, mit der neue Bitcoin in Umlauf gebracht werden. Bleibt die Nachfrage nach Bitcoin konstant oder steigt sogar, führt das aufgrund des verknappten Angebots tendenziell zu einem Kursanstieg.

Außerdem traten die Wahlen jeweils zeitlich zusammen mit den Tiefs von US-Konjunkturzyklen auf. Beide Aspekte sind in der nachfolgenden Grafik abgebildet. Die angezeigten Tiefpunkte der Wirtschaftsaktivität werden hier durch den ISM Manufacturing Index definiert, der das Geschäftsklima und die Einkaufsaktivitäten in der Industrie misst und ein vielbeachteter Indikator ist.



Sowohl die Angebotsschocks des Halvings als auch die Erholung des Konjunkturzyklus, die in der Regel mit sinkenden Zinsen und einem Anstieg der Risikobereitschaft von Investoren einhergehen, dürften in der Vergangenheit mit hoher Wahrscheinlichkeit wesentlich zu der bemerkenswerten Bitcoin-Performance beigetragen haben.

Déjà-vu für Bitcoin-Investoren?
Um die kommenden US-Wahlen im November haben wir eine ähnliche Konstellation: Das letzte Bitcoin-Halving fand gerade am 20. April 2024 statt. Unsere früheren Analysen haben ergeben, dass der positive Effekt des Halvings erst seit August dieses Jahres seine Wirkung entfaltet und ab dann beim Bitcoin-Preis für zunehmenden Rückenwind sorgen wird. Der US-Konjunkturzyklus, basierend auf den aktuellen Werten des ISM Manufacturing Index, scheint gerade ebenfalls nahe seinem Tiefpunkt zu sein. Unter diesen Gesichtspunkten sollten also wichtige Weichen für einen Kursanstieg von Bitcoin und anderen Kryptowährungen nach dem Election Day gestellt sein.

Es bleibt die Frage, welche Auswirkungen das Ausschlagen des Pendels Richtung Demokraten oder Republikaner auf die Performance der einzelnen Währungen haben könnte. Beide Präsidentschaftskandidaten haben sich zuletzt offen für die Förderung digitaler Vermögenswerte gezeigt, wenn auch mit unterschiedlichen Nuancen. Um die potenziellen Performance-Effekte des US-Wahlergebnisses abzuschätzen, haben wir die jeweilige Sensitivität gegenüber einer Veränderung der relativen Wettquoten zwischen Trump und Harris analysiert. Dabei haben wir in unserer Analyse einen Durchschnitt der Prognosen auf den beiden Plattformen Polymarket und PredictIt verwendet, um mögliche Verzerrungen zu reduzieren.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die große Mehrheit der wichtigsten Kryptoassets positiv mit einem Anstieg der Trump-Quoten und bzw. negativ mit einem Anstieg der Harris-Quoten korreliert zu sein scheint. Einzige Ausnahme ist der Toncoin.



Kryptomarkt erwartet von Trump stärkere Impulse
Das bedeutet konkret, dass, wenn die US-Wahlen heute stattfinden würden, ein Sieg von Trump ein Kursplus von ca. +10,7% für Bitcoin (BTC) auslösen könnte. Ein Sieg von Harris würde hingegen einen Rückgang von ca. -10,5% bedeuten. Einschränkend müssen wir jedoch betonen, dass die Ergebnisse, abgesehen von den Währungen Cardano (ADA) und Dogecoin (DOGE), keine statistische Signifikanz aufweisen. Wobei die Korrelationen offenbar zunimmt, je näher der Wahltag rückt.

Außerdem weist der niedrige Wert des Bestimmtheitsmaßes (R^2) auf eine relativ geringe Bedeutung des Wahlausgangs auf die Gesamt-Performance hin – wofür ja auch die durchgängig positive Entwicklung nach den letzten drei Wahlen ein Indikator ist.

Unser Fazit: Unabhängig vom Ausgang der US-Wahl wird das sehr bullische Zusammentreffen des aktuellen Bitcoin-Halving-Zyklus und eines erneuten Konjunkturaufschwungs, der durch die jüngste geldpolitische Wende ausgelöst wird, Bitcoin und anderen Kryptoassets in den kommenden Monaten und bis weit ins Jahr 2025 hinein erheblichen Rückenwind verleihen.

Die Tatsache, dass selbst Harris im Wahlkampf etwas zu Krypto sagt, könnte bedeuten, dass die Politik in den USA unabhängig vom Wahlausgang künftig Krypto-freundlicher wird, oder dass Krypto-Investments über die Krypto-ETFs hinaus eine gute Regulierung erhalten.

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*) Dr. André Dragosch, Head of Research Europe der ETC Group – Now a part of Bitwise