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„Innerhalb unseres Anlageuniversums halten wir vor allem die Sektoren Gesundheit und Energie für interessant, gefolgt von Konsumgütern und TMT“

Die Aktienkurse notieren nahe bei oder sogar auf historischen Höchstständen. Dennoch bleibt das Thema „Equities“ angesichts des Niedrigzinsumfeldes ein spannendes Feld für institutionelle Anleger. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Steve Bulko, CIO bei Lombard Odier Investment Managers, welche Strategien und welche Themen am Markt Sinn machen.

Steve Bulko

 

IPE Institutional Investment: Herr Bulko, wie schätzen Sie derzeit die Gesamtlage für Aktienanleger ein?
Bulko: Seit der globalen Rezession in den Jahren 2008 und 2009 haben sich die Industrieländer insgesamt wieder erholt, allerdings in sehr unterschiedlichem Tempo. Während die Wirtschaft in den USA wieder wächst, stagniert die Entwicklung in Europa und Japan. Die Folge ist ein Auseinanderdriften der Geldpolitik: Das Fed verabschiedet sich schrittweise schon wieder von der expansiven Geldpolitik, gleichzeitig greifen EZB und BOJ zu neuen Instrumenten der quantitativen Lockerung, um die Wirtschaft zu beleben.
Diese Divergenz wirkt sich auch auf die Aktienkurse in den jeweiligen Heimmärkten aus. Wir konzentrieren uns klar auf Märkte in den USA, wo die Maßnahmen der quantitativen Lockerung das Vertrauen der Unternehmen und Verbraucher gestärkt und in der Folge für höhere und weniger volatile Kurse gesorgt haben. Die gute Entwicklung der wichtigsten Indizes verdeckt jedoch erhebliche Bewertungsunterschiede unter den verschiedenen Titeln und Kapitalisierungssegmenten. Weil zudem die Kursgewinne größtenteils mit wachsenden Bewertungskennziffern einhergingen, werden sich künftig einige Unternehmen durch besonders interessante Nenner in der Kurs-Gewinn-Gleichung empfehlen können. Hier werden sich Chancen für aktive Manager bieten. Gleichzeitig glauben wir aber auch, dass diese Chancen von einer höheren Volatilität und von geringeren Renditen begleitet sein werden, als wir dies aus vergangenen Jahren kennen. Es wird also weiterhin Chancen geben, dennoch werden wir durch die stärkere Volatilität auch mögliche Kursverluste im Auge behalten müssen.
In Europa und Japan sieht die Sache ganz anders aus. In diesen Regionen ist das Wirtschaftswachstum schwach, doch die Zentralbanken haben deutlich langsamer Maßnahmen zur Stützung der Finanzmärkte und der Konjunktur ergriffen. Wir glauben daher, dass die Aktienmärkte in diesen Regionen weit stärker vom makroökonomischen Umfeld angetrieben sein werden als von den Fundamentaldaten der Unternehmen.

IPE Institutional Investment: Insbesondere die US-Wirtschaft scheint auf gutem Wege zu sein, richtig?
Bulko: Wir schätzen die US-Wirtschaft in der Tat optimistisch ein. Dennoch glauben wir, dass das US-Wachstum auch negativ überraschen könnte, denn die schwache Konjunktur außerhalb der USA birgt die Gefahr externer Schocks. Zwar haben die besseren Bedingungen am Arbeits- und am Kreditmarkt, die geringeren Erdölpreise und die Kursgewinne an den Aktienmärkten das Vertrauen der Verbraucher gestärkt, wie deutlich diese Faktoren den Konsum beleben werden, lässt sich derzeit aber noch nicht verlässlich sagen. Die Verbraucher in den USA stehen am Ende eines mehrjährigen Entschuldungsprozesses, der ihr Konsumverhalten gemäß unserer Einschätzung nachhaltig verändert haben dürfte. Außerdem sind die beiden stärkenden Konsumeinflüsse – eine positive Gehaltsentwicklung auf der einen und geringere Energiekosten auf der anderen Seite – auch mit Risiken verbunden: Mit steigenden Löhnen und Gehältern sinken die Gewinne der Unternehmen, während Energieunternehmen angesichts der rückläufigen Preisentwicklung auf den Öl- und Gasmärkten ihre Investitionsbudgets bereits zurückfahren. Doch trotz dieser Gefahren, auf kurze Sicht sind die USA für uns nach wie vor die beste Option für Aktienanleger, denn die Wirtschaft entwickelt sich vergleichsweise stark, der Anleihenmarkt bietet kaum Renditepotenzial und die Unternehmen verfügen über eine hohe Liquidität, mit der sie eigene Aktien zurückkaufen oder die sie in ihr künftiges Wachstum investieren können.

IPE Institutional Investment: Dennoch bleibt ein gewisses Risiko im Markt, sodass die hohe Volatilität zum Problem wird. Ist dies das richtige Umfeld für Long/Short-Strategien wie den Ihren?
Bulko: Long/Short-Strategien sind ausgesprochen flexibel und eignen sich – je nach Ansatz – für fast jede Art von Umfeld. Insbesondere vermag, wer long und short gehen kann, direktionale Risiken in einem Portfolio zu senken. Um aber auf lange Sicht Geld zu verdienen, muss die Grundannahme richtig sein. Außerdem muss mit steigender Volatilität auch die Titelstreuung zunehmen. Das ist der eigentliche Schlüssel, um mit Long/Short-Aktienstrategien eine Rendite zu generieren.
Allgemein betrachtet sind Long/Short-Strategien darauf ausgerichtet, von steigenden Kursen zu partizipieren und gleichzeitig vor Kursverlusten zu schützen. Dabei muss der Anleger jedoch genau zwischen Fonds mit geringem Nettoengagement und Fonds mit hohem Nettoengagement am Markt unterscheiden. Während Erstere potenziell eine unkorrelierte absolute Rendite bei geringer Volatilität bieten, sind Letztere tendenziell mit höherem Beta und mit stärkerer Volatilität verbunden.
Bei Lombard Odier stellen wir ein diversifiziertes Long/Short-Aktienportfolio mit geringer Marktdirektionalität zusammen, um eine attraktive absolute Rendite bieten und gleichzeitig vor Marktvolatilität schützen und die Abwärtskorrelation senken zu können. Da unser Portfoliomanagement das Ziel verfolgt, unsere Anlagen vor Verkaufswellen zu schützen, lag die Volatilität unseres Portfolios historisch nur halb so hoch wie die des US-Aktienmarkts.

IPE Institutional Investment: Würden Sie unseren Lesern den Investmentansatz Ihres Fonds einmal ausführlicher beschreiben?
Bulko: Wir haben unseren abgesicherten Vorzeigefonds im Jahr 2007 eingeführt und bis dato ein verwaltetes Vermögen von 1,2 Mrd. US-Dollar eingesammelt. Im Juli 2014 haben wir einen Fonds mit sehr ähnlichem Anlageprozess im OGAW-Format gestartet.
Unser OGAW-Fonds folgt einer reinen Long/Short-Aktienstrategie und wird im Multi-Portfoliomanager-Ansatz realisiert. Wir haben fünf Portfoliomanager, die jeweils auf die Sektoren Konsumgüter, Gesundheit, Industrie, Energie und TMT (Technologie, Medien, Telekommunikation) spezialisiert sind. Das Kapital wird monatlich durch den CIO allokiert. Anschließend ist es Aufgabe der Portfoliomanager, neue Positionen aufzubauen und das von ihnen verwaltete Teilvermögen innerhalb bestimmter Risikolimits zu verwalten.
Alle unsere Investmentmanager haben mehr als zehn Jahre Anlageerfahrung und schon vor ihrem Eintritt in die Firma nach einem Long/Short-Ansatz investiert. Zudem beschäftigen wir lediglich ein Team je Sektor. Dieser Ansatz führt zu einer engeren Zusammenarbeit bei den Anlageideen. Das hat wiederum zur Folge, dass unsere Portfoliomanager die Positionen mit größerer Überzeugung eingehen (High-Conviction-Portfolio) und nach unserem Dafürhalten dadurch höhere Renditen für unsere Anleger erzielen.
Unsere Teams arbeiten nach einer gemeinsamen Investmentphilosophie, die auf einer Bottom-up-Titelauswahl mit umfangreicher Fundamentalanalyse basiert. Der Fonds ist auf die Generierung von Alpha bei geringem Nettoengagement ausgerichtet, wobei eher einzelne Werte geshortet werden, anstatt das gesamte Portfolio abzusichern. Darüber hinaus sind wir kein Fonds mit hohem Handelsvolumen, der geringe Kursineffizienzen auszunutzen sucht, sondern konzentrieren uns eher auf langfristige Trends, die über mehrere Quartale laufen. Die Haltefristen unserer Positionen bemessen wir deshalb eher in Monaten als in Tagen.

IPE Institutional Investment: Wie würden Sie die Rolle des CIO im Anlageprozess beschreiben?
Bulko: Meine Aufgabe als CIO ist es, das Team und die Struktur des Portfolios zu managen. Ich entscheide, ob eine Strategie oder ein einzelner Portfoliomanager hinzugenommen oder gestrichen wird. Ich verantworte zudem die monatliche Kapitalzuteilung, die sowohl auf quantitativen Faktoren (Rendite, Volatilität, Korrelation) wie auf qualitativen Faktoren (Spektrum und Katalysatoren der Anlagechancen) basiert. Darüber hinaus überwache ich das Gesamtengagement des Fonds und stelle in enger Zusammenarbeit mit dem Risikomanagement sicher, dass unsere Positionierung zu unserem Grad der Überzeugung passt.
Der CIO übernimmt als Manager die Rolle eines Gegenspielers der primären Risikoträger. Während ich einerseits gehalten bin, nicht zu stark in das Management der Teilfonds einzugreifen, arbeite ich andererseits eng mit den Portfoliomanagern zusammen und stelle ihre Thesen zu einzelnen Titeln oder zum Gesamtaufbau des Portfolios immer wieder in Frage, um ihren Anlageprozess aus anderer Perspektive zu beleuchten. Ich glaube, dass es uns mit diesem Ansatz gelingt, ein diversifiziertes Portfolio aus Positionen aufzubauen, von denen wir ausgesprochen überzeugt sind.

IPE Institutional Investment: Welche Bedeutung hat das Risikomanagement für den Anlageprozess?
Bulko: Das Risikomanagement ist ein fester Bestandteil unseres Anlageprozesses. Unser Risikomanagementteam arbeitet Hand in Hand mit unserem Investmentteam, während unser Echtzeit-Risikosystem einerseits unserem Chief Risk Officer bei der Überwachung der Limits auf Ebene des Fonds und auf Ebene der Anlagestrategie hilft und andererseits die Portfoliomanager über ihre Gesamtpositionierung und ihre Gesamtrisiken auf dem Laufenden hält. Das Risikomanagement hat aus unserer Sicht allerdings nicht einfach eine Überwachungs- und Kontrollfunktion, sondern dient auch einer besseren Portfoliooptimierung: Es unterstützt unsere Anlageteams bei Positionsauswahl und Portfolioaufbau und verhindert, dass grosse und unbeabsichtigte Risiken entstehen.

IPE Institutional Investment: Welche Ergebnisse hat der Fonds bislang im Hinblick auf Rendite und Volatilität erzielt?
Bulko: Der Fonds wurde am 16. Juli 2014 aufgelegt. Für das abgelaufene Jahr erzielte er eine Performance von +2,87%, wobei die Volatilität bei 4,4% lag und der maximale Wertverlust -2,6% betrug. Im gleichen Zeitraum rentierte der S&P 500 Total Return Index +4,88% bei einer Volatilität von 12,4% und einem maximalen Wertverlust von -7,3%. Im Januar erzielte der Fonds ein Plus von +1,94%, während der S&P 500 T.R. -3,15% einbüßte (per 15. Januar 2015). Dies zeigt, wie effektiv der Fonds vor Wertverlusten schützen kann. Der FELS-Fonds hat seit Auflage ein Plus von 4,86% generiert, während der S&P 500 T.R. nur 1,58% gewinnen konnte (per 15. Januar 2015). (Bemerkung: Alle Renditeangaben ohne die neu von Lombard Odier aufgelegte IAcc-US-Dollar-Anteilsklasse).

IPE Institutional Investment: Wie sieht die Korrelation zum Aktienmarkt aus?
Bulko: Die Korrelation unseres OGAW-Fonds zum S&P 500 T.R. und zum Russell 2000 T.R. beträgt seit seiner Auflage 0,59. Das Beta, das die Sensitivität des Fonds zu Schwankungen am Aktienmarkt misst, lag mit 0,2% seit Auflage noch deutlich darunter.

IPE Institutional Investment: Wie verhält sich der Fonds bei starken Auf- und Abwärtsschwankungen am Gesamtmarkt?
Bulko: Noch ist die Bilanz des Fonds zu kurz, um eine endgültige Aussage machen zu können. Unsere Erfahrungen seit 2007 mit einer sehr ähnlichen Strategie legen allerdings nahe, dass der Fonds bei starken Aufwärtstrends hinter der Gesamtentwicklung am Aktienmarkt zurückbleibt, insbesondere bei so starken Rallys wie im Jahr 2013. Im Gegenzug entwickelt sich der Fonds bei Marktschwächen in der Regel besser als der Aktienmarkt insgesamt.

IPE Institutional Investment: Würden Sie uns einige der Anlagechancen beschreiben, die Sie derzeit am Markt nutzen? Und nach welchen Chancen suchen Sie im Markt?
Bulko: Unter den Sektoren decken wir all diejenigen ab, die zum BIP-Wachstum beitragen. Unser Fokus liegt auf dem US-Markt. Gleichzeitig investieren wir aber opportunistisch an den globalen Aktienmärkten, wobei wir Industrieländer bevorzugen. Innerhalb unseres Anlageuniversums halten wir vor allem die Sektoren Gesundheit und Energie für interessant, gefolgt von Konsumgütern und TMT. Im Gesundheitssektor sehen wir derzeit attraktive Long-Chancen im Dienstleistungs- und im Pharmageschäft. Der sich stetig verbessernde Arbeitsmarkt in den USA und die wachsende Akzeptanz und Profitabilität von Obamacare dürften Krankenhäusern und anderen Gesundheitsdienstleistern starken Auftrieb verleihen. Der Pharmasektor hat die Forschung und Entwicklung wiederentdeckt und setzt auf Eigenentwicklungen. Ausgewählte Hersteller von Spezialmedikamenten werden deshalb höhere Kurs-Gewinn-Verhältnisse aufweisen. Im Energiesektor sehen wir Chancen sowohl auf der Long- als auch auf der Short-Seite. Die Entwicklung des Sektors begünstigt weiterhin Unternehmen aus den Bereichen Exploration und Förderung mit guten Vorkommen und soliden Bilanzen. Diese Unternehmen können ihre Marktposition weiter festigen. Gleichzeitig könnten einige schwächer aufgestellte Explorations-, Förder- oder Dienstleistungsunternehmen attraktive kurzfristige Shorting-Chancen bieten, da ein Erdölpreis von weniger als 50 US-Dollar je Barrel ihr gesamtes Geschäftsmodell in Frage stellt. Auf lange Sicht dürfte dieses „Ausspülen“ der schwächeren Wettbewerber wieder zu attraktiven mittel- bis langfristigen Long-Chancen führen, sobald die Erdölpreise wieder steigen. Der schwache Erdölpreis wird nach unserer Einschätzung auch in den Sektoren Konsumgüter und TMT mittelfristige Wachstumsimpulse setzen. Es ist schwer zu sagen, wofür genau die Konsumenten das ihnen zusätzlich zur Verfügung stehende Geld ausgeben werden (Freizeit, Kapitalgüter, Restaurantbesuche usw.). Dass sie es zumindest größtenteils ausgeben (und nicht sparen) werden, scheint hingegen ausgemacht. In unserer Prognose für TMT gehen wir davon aus, dass dieser Sektor eher von Ausgaben der Verbraucher als von Investitionen der Unternehmen profitieren wird. Wenn das wachsende Verbrauchervertrauen auch zu einer steigenden Nachfrage nach Unterhaltungs- und Haushaltsgeräten führt, dürften die Chiphersteller davon profitieren, dass immer mehr Geräte mit einer Internetanbindung ausgestattet sind.


IPE Institutional Investment: Vielen Dank für diese Einschätzungen!