IPE D.A.CH: Bonds are back, so scheint es angesichts des deutlich höheren Zinsumfeldes. Reichen die höheren Kupons um institutionelle Anleger wieder „Back in Bonds“ zu bringen? Oder tun sich viele Institutionen noch schwer und warten lieber ab?
Sussbauer: Das Interesse ist gegenüber den schwachen Vorjahren auf jeden Fall stark gestiegen. Deutsche Investoren sind traditionell sehr Yield-orientiert. Durch den Renditeanstieg sehen wir seit Ende 2022 deutlich mehr Nachfrage. Das schlägt sich auch im Markt nieder, wenn man die steigende Anzahl an Public Tenders heranzieht. Zudem schichten vor allem größeren Investoren wieder stärker in den Direktbestand um.
IPE D.A.CH: Wie ausgeprägt ist das Risikobewusstsein der Investoren, gerade nach dem insgesamt schwierigen Veranlagungsjahr 2022?
Sussbauer: Der Fokus liegt derzeit auf Investment Grade Corporates und zumindest für den Moment noch nicht auf dem Hochzinssegment oder Emerging Market Bonds. Erstere sind auf dem aktuellen Renditeniveau von über 4% eine hochattraktive Assetklasse. Das ursprüngliche Core-Segment für jede größere Pensionseinrichtung und Versicherung bietet jetzt wieder auskömmliche Renditen in der Nähe oder über den Verpflichtungen. Dazu kommt, dass die Assetklasse transparent und liquide ist sowie bei sehr kompetitiven Managementgebühren. Da musste man in früheren Jahren auf Alternatives ausweichen. Angesichts der Zinsentwicklung und der etwas höheren Spreads sehen wir jetzt die Möglichkeit, auf Renditeniveaus zu gelangen, die man lange nicht mehr für möglich gehalten hat.
IPE D.A.CH: Sind Corporates damit der neue „Sweet Spot” für Anleger oder gibt es Fallstricke angesichts der aktuellen konjunkturellen Lage und den diversen globalen Risikofaktoren?
Sussbauer: Man muss differenzieren zwischen der relativen Attraktivität von Investment Grade Corporates im Fixed-Income-Bereich und den Umschichtungen in den Portfolios, ausgehend von der sehr niedrigen Allokation in dieser Assetklasse, die davor über Jahre abgebaut wurden. Die Umschichtung wird noch ein Stück weit durch den Denominator-Effekt ausgebremst. Das heißt, die Private-Markets-Allokationen inkl. ausstehende Commitments sind im Moment zu hoch. Dies hemmt vorderhand die Portfolioumschichtung trotz attraktiven Renditeniveaus auf der Fixed-Income-Seite. Im Falle einer Bewertungskorrektur in diesem oder im nächsten Jahr auf der Private-Markets-Seite werden wir noch deutlich mehr Tenders und eine verstärkte Umschichtungen Richtung liquide Assets sehen. Wir gehen aber davon aus, dass wir bei den Spreads noch bessere Einstiegszeitpunkte in diesem Jahr sehen könnten.
IPE D.A.CH: Preisen die aktuellen Spreads die derzeitigen Risiken an den globalen Märkten ausreichend ein oder sind höhere Aufschläge zu erwarten?
Sussbauer: Wenn man sich vor Augen führt, wo wir derzeit bei den Risikoaufschlägen stehen, haben wir nur ein Soft-Landing-Szenario adäquat eingepreist. Vergleicht man das momentane Zinsniveau bei Investment Grade mit dem historischen Niedrigzinsumfeld vor circa zwei Jahren, dann stellt man fest, dass der Großteil der Entwicklung auf die zugrundeliegenden Zinsen zurückzuführen ist. Wir standen vor zwei Jahren bei ungefähr -0,7% bei 5-jährigen deutschen Bundesanleihen. Die Spreads haben sich in der Zwischenzeit nur moderat bewegt, auf aktuell ca. 140 Basispunkte. Das heißt 85% der Yieldausweitung beruht auf dem Zins und nicht auf den Risikoaufschlägen. Wenn man Investment Grade Spreads im historischen Vergleich ansieht, genauso auch High Yield Bonds, dann ist in einem Rezessionsszenario eine Ausweitung zu erwarten und für taktisch orientierte Anleger sehen wir in diesem Jahr durchaus noch attraktivere Einstiegszeitpunkte als momentan.
IPE D.A.CH: Der alte Börsenspruch „Kaufen, wenn die Kanonen donnern“ gilt also weiterhin?
Sussbauer: Für die Investoren, die gar nicht in der Assetklasse allokiert sind, was eher die Ausnahme sein dürfte, empfiehlt es sich letztendlich in mehreren Schritten einzusteigen. Institutionelle Investoren haben traditionell ein Exposure. Für sie ist es sicherlich nicht die Zeit, um sich davon zu trennen, sondern vielmehr den Bestand auszubauen. Und gerade in Stressphasen sollten sich dann noch etwas bessere Einstiegszeitpunkte ergeben.
IPE D.A.CH: Sie haben es zum Einstieg schon gesagt, High Yield steht noch nicht unbedingt im Zentrum des Interesses. Hat das damit zu tun, dass sich die Investoren über die Risiken nicht im Klaren sind und diese in den Spreads noch nicht eingepreist sind?
Sussbauer: So sehen wir es. Natürlich gibt es auch regulatorische Grenzen für High Yield Bonds, die in Deutschland typischerweise bei 5% der Gesamtallokation liegen. Aber auch das Renditeniveau spiegelt noch nicht die Rezessionsrisiken wider. Wir sind aktuell bei einem Spread von unter 500 Basispunkten. In einer Rezession kann man durchaus 600 bis 800 Basispunkte erwarten. Zudem sind die Erwartungen an die Unternehmensgewinne aus unserer Sicht derzeit zu hoch.
IPE D.A.CH: Manche Notenbanken in den Schwellenländern denken bereits wieder über Zinssenkungen nach. Wie sehen Sie Emerging Market Bonds insgesamt mit Blick auf das konjunkturelle Umfeld?
Sussbauer: Die Tatsache, dass die Zentralbanken in den Schwellenländern ab 2021 in den Zinserhöhungszyklus eingetreten sind, um die Inflation zu bekämpfen, ist neben der äußerst attraktiven Rendite ein starkes Argument für Emerging Market Debt. Bei Hard Currency Sovereigns mit über 8% Zins in einer weitestgehend abgeschlossenen Zinserhöhungsphase stellt die Duration praktisch kein Risiko mehr dar. Mit der Möglichkeit von Zinssenkungen wären auf dem aktuellen Renditeniveau Total Returns im niedrigen zweistelligen Bereich durchaus realistisch. Im Moment sehen wir wenige Assetklassen, die solche Renditen erwirtschaften können. Folglich sehen wir aus taktischer Sicht Emerging Market Debt auf jeden Fall als eine der attraktivsten Anlageklassen, in die man jetzt schon investieren kann oder Exposure ausweiten kann.
IPE D.A.CH: Warum tun sich gerade deutsche Institutionelle immer noch schwer mit der Assetklasse oder mit Investments in Emerging Market Bonds und was muss getan werden, damit sich dies ändert?
Sussbauer: Wir erwarten in den nächsten zwölf Monaten mehr Inflows. Emerging Market Debt war allerdings in den letzten zwei Jahren eine klassische Value Trap und hat sicherlich auch am stärksten unter dem starken US-Dollar gelitten. Im laufenden Jahr haben wir hier aber schon eine Entspannung beobachtet. Die US-Dollar-Schwäche, ein Zinserhöhungszyklus, der weitestgehend abgeschlossen ist, und hohe Rohstoffpreise, die vielen Ländern zugutekommen, sprechen fundamental für ein Engagement. Warum wir keinen großen Shift bei den Investoren gesehen haben, mag daran liegen, dass man jetzt zunächst naheliegende Fixed-Income-Optionen sucht und vermehrt auf Safe Haven Assets setzt. Aufgrund des niedrigen Zinsniveaus hat man sich von Investment Grade Bonds und Staatsanleihen getrennt, die Allokation in Emerging Market Debt aber einigermaßen stabil gehalten. Deshalb besteht jetzt vielleicht auch weniger Raum für eine Ausweitung der Allokation.
IPE D.A.CH: Sie haben, was die Emerging Markets angeht, den vermutlich weitestgehend abgeschlossenen Zinserhöhungszyklus angesprochen. Wie sieht ihr Ausblick aus, was die Zinspolitik der Fed und der EZB angeht?
Sussbauer: Die Zinspolitik der Fed und auch der EZB ist mit sehr viel Unsicherheit behaftet. Der Markt spekuliert letztlich, natürlich auch aufgrund der Bankenkrise, ob die beiden Zentralbanken weiterhin aggressiv gegen die Inflation vorgehen werden oder ob sich ein systemisches Risiko im Bankensektor entwickelt mit weitreichenden Folgen auf die Kreditvergabe und die Konjunktur. Der US-Arbeitsmarkt ist weiterhin sehr stark, das heißt, für uns gibt es ein gewisses Maß an Unsicherheit, was die Terminal Fed Funds Rate und das Monetary Tightening angeht. Wir raten davon ab, auf eine lange Duration zu setzen. Dies entspricht ohnehin nicht unserem Investmentansatz, der stark auf Bottom-up ausgerichtet ist.
IPE D.A.CH: Wo sehen Sie die größten Gefahren, dass man nochmal deutlich an der Zinsschraube drehen muss?
Sussbauer: Der Hauptgrund wäre eine Inflation, die weiter signifikant über dem Zielkorridor von 2% liegt und der Druck, der dadurch auf die Zentralbanken entsteht. Schockwellen an den Märkten sind dann nicht auszuschließen, weil die eingepreisten Zinssenkungen dann nicht realisiert werden können, sprich der größte Unsicherheitsfaktor bleibt in dieser Hinsicht auf jeden Fall die Inflation.
IPE D.A.CH: Hat sich in den letzten Jahren bei Investoren etwas verändert, wenn es um Direkt Investments versus Fondlösung oder Mandat geht? Oder anders gefragt, kam es zu größeren Änderungen in der Bereitschaft, mit externen Managern zu sprechen?
Sussbauer: In der Gesamtheit der Assetklassen hat sicherlich der Anteil, den man an externe Manager vergeben hat, zugenommen. Im Niedrigzinsumfeld hat man Assetklassen hinzugefügt, die sehr komplex waren, wo man aber keine eigene Expertise vorhalten konnte. Jetzt beobachten wir einen Trend hin zu den traditionellen liquiden Assetklassen, bei denen auch der Anteil der direkt im Portfolio gehaltenen Anlagen höher ist. Das gilt insbesondere für die großen Kapitalsammelstellen, die auch Portfolio- Management-Teams im Haus haben. Für mittelgroße und kleinere Pensionseinrichtungen sowie Versicherer erwarten wir jetzt keine großen Veränderungen, was die Vergabe von Asset-Management-Mandaten angeht, aber durchaus eine Stärkung des liquiden Bereichs gegenüber Alternatives.
IPE D.A.CH: Letzte Frage – welche Sub-Assetklasse bieten für 2023 das beste Chancen/Risiko-Verhältnis im Fixed Income Sector?
Sussbauer: Wir mögen die erwähnten Emerging Markets Hard Currency Bonds. Ebenso aussichtsreich dürften höher geratete Papiere im Securitized Credit-Bereich sein, also CLOs im Triple-A und Double-A-Segment. Für langfristig orientierte Investoren kommen Investment Grade Bonds in Frage, bei denen wir sicherlich substanzielle Inflows sehen werden. Taktische Opportunitäten können sich auch im Subinvestment Grades-Segment ergeben.
IPE D.A.CH: Besten Dank für diese Einblicke.