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„Investments in Volatilität haben definitiv keinen Black-Box-Charakter.“

Beim Thema Volatilität stellt sich für viele Investoren nach wie vor die Frage: Ist es eher eine Ertrags- oder doch eine Risikoquelle? Entsprechend breit gefächert sind auch die Angebote der Investmentindustrie, bis hin zu Volatilitätsstrategien die als „eigene Assetklasse“ verkauft werden. Eine Standortbestimmung nahm dazu eine vom Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) und der CAIA Association organisierte Eventreihe mit dem Titel: „Volatilität – Ertragsquelle, Risikoquelle oder Absicherungskonzept: Wie soll man sich positionieren?“ vor. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach im Rahmen der Veranstaltung mit Stephan Eckhardt, Investment-Spezialist, Amundi, Dr. Bernhard Brunner, Managing Director, Head of Multi Asset Alternatives & Hedging, Allianz Global Investors, Andreas Schmidt, Market Specialist EQD, Bloomberg L.P. und Matthias van Randenborgh, CEO, RP Crest über den aktuellen Stand der Diskussion im Markt sowie die Chancen und Risiken für Anleger.

IPE Institutional Investment: Ich möchte als erstes die im Markt bereits vielfach diskutierte These der Volatilität als Anlageklasse in die Runde geben. Wie stehen Sie dazu?
van Randenborgh: Für mich ist der Volatilitätsmarkt zunächst ganz klar eine Art Versicherungsmarkt. Anleger haben hier die Möglichkeit, einen Teil des für sie unangenehmen Investmentrisikos abzusichern. Entsprechend spannend kann die Verkäuferseite sein. Hier werden Risikoprämien vereinnahmt, die eine Absicherungsleistung vergüten. Anleger tun sich aber zum Teil noch schwer, von einer Anlageklasse Volatilität zu sprechen, da mit der Übernahme der Volatilitätsrisikoprämie keine Liquidität bereitgestellt wird.
Brunner: In jedem Fall hat sich der Markt in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Die Diskussion „Assetklasse: ja oder nein“ stand noch vor einigen Jahren in der Tat im Vordergrund. Mittlerweile fragen Investoren eher, wie hoch die Risikoprämie ist, die sie für die Übernahme von Volatilität erhalten und wie sie sich in verschiedenen Marktphasen verhält.
Eckhardt: Verwirrend sind für den Anleger sicher auch die vielen verschiedenen Ansätze beim Thema Volatilität. Die einen nehmen Prämie ein und sind positiv mit dem Aktienmarkt korreliert, andere kaufen Vola und sind negativ korreliert. Insgesamt sehen wir aber das Thema klar als Anlageklasse definiert, die ein gemischtes Portfolio gut diversifizieren kann, sei es über Optionen, Futures oder auch ETFs und verschiedene Möglichkeiten bietet Alpha zu generieren.

IPE Institutional Investment: Inwieweit haben die Marktschwankungen der Finanz- und Eurokrise das Thema in den vergangenen Jahren vorangebracht?
Brunner: Ich glaube vielmehr, dass das Niedrigzinsumfeld das Thema stärker ins Bewusstsein der Anleger befördert hat. Um die notwendigen Renditeziele erreichen zu können wird dem Thema Liquid Alternatives immer mehr Beachtung geschenkt. Hier sehen viele Anleger das Thema Volatilität aufgrund der hohen Liquidität fast schon als Basisinvestment.
Schmidt: Gerade die zur Verfügung gestellte Liquidität, die wir nicht nur OTC sondern auch auf den Schirmen sehen, hat hier in den letzten Jahren sicher geholfen, Volatilität als Anlageoption für institutionelle Anleger investierbar zu machen.

IPE Institutional Investment: Wie interessant waren bzw. sind die Märkte aktuell für Vola-Investoren?
Brunner: Wir sind mit unserer Strategie ausschließlich Short in Volatilität, verkaufen also Volatilität, und nehmen die entsprechende Risikoprämie ein. Auch auf dem mittlerweile niedrigen Niveau der impliziten Volatilität halten wir dies nach wie vor für sehr sinnvoll, da die realisierte Volatilität deutlich darunter liegt und immer noch einen interessanten Spread bietet.
Eckhardt: Wir haben mit unserer direktionalen Strategie einen long-bias, sind also überwiegend Käufer von Volatilität, und haben zu einem Stück natürlich unter dem Rückgang der Volatilität gelitten. Unsere Investoren setzen die Strategie als Diversifikationsinstrument ein, um insbesondere auf Szenarien mit einem Anstieg der Volatilität gewappnet zu sein. Wichtig ist, dem Investor gegenüber immer transparent zu sein, nur dann kann er Strategien zielgerecht in sein Portfolio einbauen.
Wenn der Anleger weiß, wie eine Strategie in welcher Marktphase performt, ist das Enttäuschungspotenzial glaube ich sehr gering. Ich denke, die hier am Tisch vertretenen Strategien sind transparent und haben definitiv keinen Black-Box-Charakter.
van Randenborgh: Dennoch kann ich mir schon vorstellen, dass auch Anleger in „Short Vola“-Strategien in den letzten Jahren enttäuscht wurden. Sie schauen nach links und sehen Aktien mit deutlichen Gewinnen, schauen nach rechts und sehen auch Renten- bzw. Credit-Produkte gut laufen und blicken dann auf ein Vola-Konzept das als Alternatives Investment langweilige 3-5% pro Jahr macht. Interessant wird es vielmehr, wenn die Aktien stolpern und es wieder eine Entkopplung bei der Kursentwicklung gibt…

IPE Institutional Investment: Werden Vola-Konzepte angesichts der stabilen Entwicklung auch als Geldmarktersatz genutzt?
Eckhardt: In der Vergangenheit, absolut ja. Als Geldmarktrenditen noch attraktiv waren, haben viele Investoren, „Money Market Plus“–Strategien genutzt. Anhand von Carry und Relative Value Arbitrage konnte man die Money Market Renditen um 2, 3 oder auch 4% verbessern. Heute werden Money Market und Carry eher separat eingesetzt.

IPE Institutional Investment: Ich höre aus der Diskussion heraus, dass derzeit jeder mit der Situation am Markt zufrieden ist – ich werde Ihnen also keinen Streit „long vs. short“ in den Mund legen können?
van Randenborgh: Dafür ist die Situation am Markt einfach zu sehr ein „win-win“ für beide Seiten. Die Absicherung gewisser Tail-risks über den Kauf von Volatilität erscheint derzeit wegen der tiefen impliziten Volatilitäten attraktiv. Auf der anderen Seite haben Herr Dr. Brunner und ich ja bereits ausgeführt, dass trotzdem der Carry der Volatilitätsrisikoprämie (Ertrag aus der Differenz der IV zur RV) positiv ist und lohnenswert mitgenommen zu werden. Beide Perspektiven sind sinnvoll, es gibt keinen Dissens.

IPE Institutional Investment: Für welche „Seite“ entscheiden sich Investoren dann derzeit mehrheitlich, ist hier ein Trend abzulesen?
Brunner: Aus Kundengesprächen heraus würde ich sagen, dass sich Investoren mittlerweile vermehrt für die Risikoprämie der Volatilität interessieren. Schwieriger ist es dagegen, Volatilität als Tail-Risk-Hedging umzusetzen, da dies doch komplexer ist als eine klassische Put-Absicherung auf den Aktienmarkt. Auch das Timing muss hier stimmen, da die Volatilität nach Korrekturen doch häufig sehr schnell zurückkommt. Aber ich stimme zu, interessant sind für Investoren beide Seiten der Volatilität, jedoch muss man sich der Unterschiedlichen Auswirkung auf das Portfolio bewusst sein.
Eckhardt: Zurzeit haben wir eher Abflüsse zu verzeichnen. Das wird sich ändern; wenn Investoren wieder zunehmend die Unsicherheit fürchten. Als „long Investor“ ist die kurzfristige Volatilität sehr schwer zu managen. Es ist hier sinnvoller auf die mittelfristige Volatilität zu gehen – z.B. ein Jahr -, wo sie eine ganz andere Kostenstruktur haben. Zudem ist aber ein aktives Management nötig, um einerseits Gewinne mitzunehmen und andererseits das Portfolio täglich auf die Marktumstände und entsprechend der Erwartungen anzupassen.
van Randenborgh: Aus meiner Erfahrung machen Investoren letztlich beides. Absicherung ist immer ein Thema, auf der anderen Seite schätzt man die Absolute Return-Eigenschaften einer Short-Vola-Strategie. Bei den Absolute Return Investoren sehe ich auch den Trend, dass nicht nur Volatilitätsrisiken den Aktienrisiken beigemischt werden, sondern diese sogar durch Volatilitätsrisikoprämien gänzlich ersetzt werden. Hier wird man aber abwarten müssen, inwieweit dies am Markt Schule macht.
Schmidt: Ich muss das Thema Overlay-Strategien dazu in die Runde geben. Hier sehen wir immer wieder Portfoliomanager, die ergänzend zu ihrem Basisportfolio das Thema nutzen, um einen Mehrertrag zu generieren und gleichzeitig das Thema Diversifikation zu forcieren.

IPE Institutional Investment: Das Stichwort Absolute Return ist bereits gefallen. Wie viel Volatilitätsstrategie bzw. entsprechende Risikoprämien stecken bereits in Absolute Return-Konzepten bzw. geht es hier überhaupt im aktuellen Umfeld noch ohne?
van Randenbourgh: In der Absolute Return Industrie waren Carry-Konzepte über Short-Vola-Strategien schon immer ein zentrales Thema. Ich würde hier nicht von einer neuen Entwicklung sprechen.
Brunner: Das führt uns wieder ein Stück an den Einstieg unserer Diskussion zurück, was ist Volatilität eigentlich? Investmentstrategie, Assetklasse oder Absolute Return-Element? Ich führe diese Diskussion sehr oft und vermutlich liegt die Wahrheit auch irgendwo in der Mitte. Für mich ist Volatilität bei Einnahme der Risikoprämie zwar klar eine Anlageklasse, allerdings zeigt das Rendite-Risiko-Profil dieser Anlageklasse Charakteristiken einer Absolut Return Strategie.
van Randenborgh: Einhundert Prozent Zustimmung! Risikoprämien aus Volatilitätskonzepten sind eine eigene Assetklasse und zwar eine, die am ehesten den gewünschten Eigenschaften einer Absolute Return Strategie entsprechen. Ich vergleiche das gerne mit einem Corporate Bond am Kreditmarkt, der seinen Mehrwert gegenüber Rentenmarkt im Sinne des Creditspreads ja aus dem kontinuierlichen Zeitwertverfall der dem Emittenten gewährten Default-Put-Option zieht. Entsprechend haben Gamma und Vega einen sehr großen „Erklärungsbeitrag“ zur Performance von Corporate Bonds.
Eckhardt: Auf der „long Seite“ kann es durchaus auch zu Phasen mit Absolute Return ähnlichen Renditeentwicklungen kommen – je nach Marktbewegung. Unsere direktionale Strategie wird aber sicher nicht vordergründig aus entsprechenden Absolute-Return-Gedanken ins Portfolio genommen. Bei steigenden Aktienmärkten werden wir immer wieder gefragt, weshalb wir nicht Short gehen um Carry einzunehmen, aber das würde nicht dem Absicherungsgedanken der Strategie entsprechen. Ich denke es ist wichtig, genau das zu liefern, was man dem Investor auch versprochen hat.
van Randenborgh: Ich glaube ein Problem in der Investmentindustrie ist auch, dass man beim Thema Absolute Return häufig eine durchgängig aktiv gemanagte Strategie erwartet. Wenn ich sowohl das Produkt von Allianz Global Investors als auch unser Produkt anschaue, so sind wir gar nicht so aktiv. Wir haben unsere strategische Allokation und müssen nicht hochfrequent umschichten.
Brunner: Rein nach Regelgebundenheit zu beurteilen greift grundsätzlich zu kurz. Sonst könnte man ja auch eine Hochfrequenz-Tradingstrategie als passiv einordnen, da sie meist nach festen Regeln abläuft. Ich denke die Definition ist grundsätzlich schwierig. Aus meiner Sicht sind wir sicher keine passive Strategie, da wir das Exposure dynamisch steuern. Dies passiert jedoch zum großen Teil nach festgelegten Regeln, um in verschiedenen Marktphasen dem Investor auch das gewünschte und erwartete Exposure bieten zu können.
Eckhardt: Dem stimme ich zu. Es geht ja in der Tat nicht darum, hier hochfrequent zu handeln, aber die Vola-Strategien müssen ständig, in der Regel täglich, an die Marktentwicklungen angepasst werden. Bei uns, beruht das auf einer Mischung von Regeln und Spielraum, der entsprechend quantitativer und qualitativer Faktoren ausgenutzt wird. Also sind wir ganz klar im aktiven Bereich. Gerade auch um die Kosten von einer long-Vola-Position so gut wie möglich zu managen und Gewinne mitzunehmen, ist der aktive Ansatz nötig. Nochmals aber meine Feststellung, dass die Investoren stets wissen, woran sie sind. Wir sprechen hier nicht von einer Black Box wie bei manchen Hedgefonds.

IPE Institutional Investment: Herzlichen Dank für diese spannende Diskussion!