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„Je weiter weg von der Heimat, desto stärker und vermietungssicherer sollten die Immobilien sein“

Immobilien in Deutschland haben über alle Nutzungsarten dank immenser Mittelzuflüsse eine Renditekompression erlebt, entsprechend schwierig gestaltet sich auch im Real Estate-Sektor die Suche nach Investmentopportunitäten. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Andreas Schultz, Geschäftsführer der Warburg-HIH Invest Real Estate über die Situation in den europäischen Immobilienmärkten und mögliche Chancen für institutionelle Anleger.

Andreas Schultz

IPE Institutional Investment: Herr Schultz, wie würden Sie die internationale Diversifikation in den Real Estate Portfolios institutioneller Anleger in Deutschland beschreiben?
Schultz: Es kommt natürlich auf den Einzelfall an, aber insgesamt sehe ich im deutschen institutionellen Sektor grundsätzlich eine ausreichende Berücksichtigung der europäischen Märkte. Viele Investoren haben hier sehr gezielt eingekauft, gerade auch aus Diversifikationsgründen. Teilweise wird sogar über die europäischen Grenzen hinaus in Asien und den USA investiert. Auf der anderen Seite gibt es natürlich auch noch Anleger, die gerade erst die Fühler in Europa ausstrecken.

IPE Institutional Investment: Woran mangelt es dann bei der einen oder anderen Adresse noch?
Schultz: Ich denke es ist am ehesten die mangelnde Erfahrung oder aber grundsätzlich auch die gegebenen Statuten des Anlegers, welche die Auseinandersetzung mit ausländischen Märkten erschwert. Hier müssen wir als Knowhow-Träger auch verstärkt auf die Anleger zugehen und die Chancen aufzeigen.

IPE Institutional Investment: Stichwort Chancen, lassen Sie uns über einzelne Länder sprechen. Wo sehen Sie zum Beispiel derzeit Opportunitäten außerhalb Deutschlands?
Schultz: Ein interessanter Markt ist sicherlich Polen. Wir sprechen hier von einer hohen baulichen Qualität zu vernünftigen Preisen gegenüber anderen europäischen Märkten. In Warschau liegen wir bei den Ankaufrenditen zwischen 100 und 150 Basispunkte über anderen Großstädten in Europa. Wir haben in diesem aus unserer Sicht sehr interessanten Markt erst kürzlich ein erstes Investment für institutionelle Kunden strukturiert und umgesetzt. Weitere werden sicherlich bald folgen.

IPE Institutional Investment: Lohnt sich die Recovery-Story in den südeuropäischen Märkten noch?
Schultz: Ganz allgemein betrachtet ist die Recovery Story im spanischen Markt am besten darstellbar. Allerdings steckt hier auch bereits wieder viel „Recovery“ in den Ankaufrenditen, so dass man schon genau hinsehen muss. Trotz der hohen Kaufpreise – wir sprechen bei Spitzenobjekten im Office-Bereich von rund 4,75% Ankaufrendite, im Einzelfall sogar noch etwas darunter – haben wir hier die Erwartung, dass nach dem spürbaren Rückgang nach der Lehman Krise über die nächsten Jahre zum Teil wieder deutlich höhere Mietpreise durchgesetzt werden können. Für uns daher ein weiterhin interessanter Markt, gerade auch unter dem Aspekt der erkennbar knapper werdenden Angebotslage.

IPE Institutional Investment: Läuft mit Spanien auch Portugal?
Schultz: In gewisser Weise ja. Wir schauen bereits seit längerem nach Lissabon. Allerdings warten wir hier noch auf eine stärker werdende Zuversicht aus dem Bankensektor für Finanzierungen, die für diesen kleineren und in seiner Entwicklung den spanischen Metropolen Madrid und Barcelona nachlaufenden Investmentmarkt nur recht schwierig bzw. teuer zu bekommen sind.

IPE Institutional Investment: Wo steht Italien?
Schultz: Italien halte ich derzeit nur im Retail-Bereich für ansatzweise interessant. Ansonsten sprechen Angebot und Preis sowie verschiedene andere Aspekte aus unserer Sicht nicht unbedingt für den Markt.

IPE Institutional Investment: Wo sehen Sie Skandinavien, der Markt scheint auch nicht mehr günstig…
Schultz: Skandinavien war und ist schwierig. Wir sprechen von viel anlagewilliges Kapital – gerade auch durch inländische institutionelle Adressen – welche die Preise schon immer auf ein gehobenes Niveau getrieben haben. Nehmen Sie beispielsweise den vom Transaktionsvolumen mit Abstand größten Markt Schweden, da sprechen wir von einer Ankaufrendite von unterhalb 4,5% für Spitzenobjekte. Für Investoren die in Deutschland steuerbefreit sind, ist das kaum attraktiv, da neben steuerlichen Aspekten auch noch das Fremdwährungsrisiko im Raum steht.

IPE Institutional Investment: Sie sprechen gerade die Steuerthematik an. Gerade für in Deutschland befreite Einrichtungen, wie Versorgungswerke, dürfte dies noch immer eine ziemliche Hypothek auf ausländische Investments sein…
Schultz: Das ist korrekt und sicher einer der Gründe, warum Investments in ausländische Märkte nicht immer als attraktiv angesehen werden. Da zählt dann noch die Diversifikation als Argument, aber bei der Rendite wird es dann unter dem Strich aus Sicht dieser Investoren oft uninteressant, zumal wir in Deutschland ja immerhin noch die Vier vor dem Komma sehen. Dafür zeigt der deutsche Markt aber auch europaweit die geringste Volatilität und der Glaube an wirtschaftliche Stabilität in unserem Land ist groß.

IPE Institutional Investment: Blicken wir noch einmal über den Tellerrand. Gerade London und Paris fallen dabei immer wieder als Zielmärkte. Wie ist hier Ihre Einschätzung?
Schultz: Die Nennung dieser beiden Märkte ist aufgrund ihrer Größe und Fungibilität nachvollziehbar. Es kommt aber – wie immer – auf das Timing an. Paris sehen wir aufgrund des fehlenden Mietsteigerungspotenzials derzeit nicht als „Investment Case“. Bei Spitzenobjekten im Bürosektor sprechen wir hier dank der ungebrochenen Nachfrage aus Asien und dem Mittleren Osten von Ankaufrenditen von unter 3,5% mit Tendenz zu 3,0%. Hier kann man durchaus auch einmal auf der Verkäuferseite stehen.

IPE Institutional Investment: London?
Schultz: England als Markt ist langfristig immer attraktiv, aber derzeit sind wir gerade in London eher auf der Verkäuferseite. Ähnlich wie in Paris ist die Nachfrage sehr hoch, ich würde fast sagen zu hoch. So gilt es auch hier, die eine oder andere Opportunität im Verkauf wahr zu nehmen. Auch bei den aus unserer Sicht interessanten „Secondary Cities“ wie Manchester ist der Renditeaufschlag für Spitzenobjekte mit weniger als 100 Basispunkten gegenüber der City of London derzeit zu gering.

IPE Institutional Investment: Lassen sie uns noch einen Blick nach Österreich werfen, wie sehen Sie den Markt?
Schultz: In Wien sind wir recht aktiv und suchen unsere Möglichkeiten. Zwar ist der Markt auch eng, die Opportunitäten begrenzt. Dies ist allerdings auch eine Chance, das Leerstandniveau war immer im einstelligen Prozentbereich und das Mietniveau im Vergleich zu anderen europäischen Märkten sehr stabil. Wien ist die zweitgrößte deutschsprachige Stadt, wächst aktuell um gut 25.000 Einwohner pro Jahr. Die Spitze im Bürosektor liegt bei rund 4,5%, die Tendenz geht aber auch hier eher Richtung 4,2%.

IPE Institutional Investment: Letzte Frage – was sollten Investoren beachten, die verstärkt im Ausland nach Anlageopportunitäten suchen?
Schultz: Je weiter weg von der Heimat, desto stärker und vermietungssicherer hinsichtlich ihrer Lage- und Objektqualität sollten die Immobilien sein. Hier sollten keine Kompromisse gemacht werden. Bei Developments braucht man viel lokales Know-how, da sollte als Anleger nicht der zweite vor dem ersten Schritt gemacht werden.

IPE Institutional Investment: Herr Schultz, besten Dank für diese vielschichtigen Einblicke.