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Kommentar: Deutsche Öffnung für Debt Funds bleibt zaghaft

Kreditfonds etablieren sich zunehmend als alternative Kapitalgeber für Unternehmen und gelten gleichzeitig immer mehr institutionellen Investoren als attraktives Investment. Die grundsätzliche Erlaubnis, solche Vehikel nun auch in Deutschland aufzulegen, ist begrüßenswert. Die Regulierung fällt aber in Teilen zu restriktiv aus.

Tobias Moroni

Debt Funds erfreuen sich einer wachsenden Aufmerksamkeit. Im Grunde sind sie dabei ein schon lange etabliertes Instrument. Einerseits bieten sie Unternehmen, die keinen direkten Zugang zu den Kapitalmärkten haben, eine alternative Finanzierungsmöglichkeit abseits klassischer Bankkredite. Andererseits eröffnen sie institutionellen Investoren alternative Anlagemöglichkeiten, die gerade im Umfeld niedriger Zinsen interessant sein können. Dabei lässt sich mit Darlehen auf zweierlei Art Geld verdienen: auf Anbieterseite durch die originäre Vergabe sowie auf Nachfrageseite durch den Erwerb.

Betrachtet man das mögliche Potenzial, handelt es sich hierbei um ein sehr interessantes Geschäft. Zwar wird das klassische Kreditgeschäft in Europa noch immer zu rund 80% von Banken abgewickelt. Klar erkennbar sind aber die Bemühungen des europäischen Regulators, im Rahmen der europäischen Kapitalmarktunion die Entwicklung bankenunabhängiger Finanzierungsinstrumente voranzutreiben. Das eröffnet Kreditfonds, die unabhängig von Banken Fremdkapital zur Verfügung stellen, erhebliche Chancen. Sie könnten, anders als die vergleichsweise stark eigenkapitalregulierten und somit behäbigen Kreditinstitute, agil in mögliche Finanzierungslücken hineinstoßen.

Bislang wird dieses Geschäft vornehmlich von Luxemburg aus betrieben. Die ersten Debt Funds wurden dort bereits vor mehr als 20 Jahren aufgelegt, und auch heute sind über 70% der Manager der größten dieser Fonds dort domiziliert. Der Standort bietet internationalen Anlegern nicht nur Fondslösungen in Form von verbrieften, sondern gerade auch in Form von unverbrieften Darlehen, mittlerweile als Alternative Investmentfonds, kurz: AIF. Aber auch in anderen Ländern, insbesondere den USA und Großbritannien, gehört Direct Lending zur etablierten Finanzierungspraxis.

In Deutschland mit seiner besonders von Haus- und Förderbanken geprägten Finanzierungslandschaft hingegen war AIFs und anderen Sondervermögen ein solches Geschäft bis vor kurzem gar nicht erlaubt: Die originäre Darlehensvergabe wurde aufsichtsrechtlich als unzulässig eingestuft. Der Erwerb von unverbrieften Darlehen war an enge Voraussetzungen geknüpft und nur für sonstige Sondervermögen sowie Spezialfonds möglich.

Diese äußerst restriktive Verwaltungspraxis, in der sich nicht zuletzt die eher zweifelhafte Sorge vor einem Schattenbank-System artikulierte, hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im vergangenen Jahr gelockert – zumindest ein wenig. So ist es Kreditfonds seither in einem bestimmten Rahmen auch in Deutschland möglich, direkt Darlehen zu vergeben. Konkretisiert wird die Öffnung gegenüber Debt Funds durch das am 18. März 2016 in Kraft getretene OGAW-V-Umsetzungsgesetz, das die nun maßgeblichen Vorschriften in das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) überführt hat.

Schon während des Gesetzgebungsprozesses hat sich jedoch abgezeichnet, dass Deutschland wieder einmal stärker auf das Regulierungspedal drückt als etliche seiner Nachbarn. Die vom deutschen Gesetzgeber nun eingeführten Änderungen betreffen insbesondere die allgemeinen offenen Spezialfonds (§ 282 KAGB), Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen (§ 284 Abs. 2 lit. i) KAGB) und die geschlossenen Spezial-AIF (§ 285 KAGB). Die originäre Darlehensvergabe ist dabei auch weiterhin nur äußerst restriktiv gestattet. Ausschließlich geschlossene Spezialfonds dürfen Darlehen vergeben, und dies auch nur in Höhe von 30 Prozent des aggregierten Kapitals sowie ausschließlich an Nicht-Verbraucher (§ 285 Abs. 1 Ziff. 1 u. 2 KAGB).

Einen signifikanten Beitrag zur europäisch gewollten Öffnung des Kreditmarktes für Nicht-Banken und damit zur Diversifizierung der Finanzierungsquellen für Unternehmen werden deutsche Fonds angesichts der nur zaghaften Öffnung hingegen kaum leisten können. Dafür erscheint die Anlagegrenze von nur 30% alles andere als geeignet. Sicherlich werden daher weiterhin die europäischen Nachbarn das Geschäft machen. Entsprechend werden hier weiter ausländische Anbieter dominieren, die ihre jeweiligen AIF-Produkte mittels EU-Vertriebspass problemlos an deutsche professionelle Anleger vertreiben können.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich hinsichtlich des Darlehenserwerbs durch Fondsprodukte: Hier sind die neuen gesetzlichen Vorschriften um einiges freigiebiger. Die Anlagevorschriften von den allgemeinen offenen Spezialfonds (§ 282 Abs. 2 S. 1 KAGB) sowie geschlossenen Spezialfonds (§ 285 Abs. 1 KAGB) statuieren nur, dass für ins Auge gefasste Vermögensgegenstände, also hier die Darlehen, ein Verkehrswert ermittelbar sein muss. Dies ist keine Schwierigkeit, sodass mangels Anlagegrenzvorschrift bis zu 100 Prozent des Fondswertes in Darlehen investiert werden dürfen. Für offene Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen ist der Erwerb unverbriefter Darlehensforderungen explizit gestattet (§ 284 Abs. 2 lit. i) KAGB). Hier hat sich der Gesetzgeber glücklicherweise von seinem ursprünglichen Vorhaben distanziert, wonach offene Spezialfonds nur 50 Prozent ihres Wertes in Darlehen investieren dürfen sollten. Damit ist die Tauglichkeit des Darlehensfonds für weite Teile der institutionellen Anlegerschaft gewahrt.

Gerade das Interesse von Versicherern und Depot-A-Managern an einem Investment in sogenannte Senior Loans über deutsche Debt Funds ist dabei vorhanden und im aktuellen Kapitalmarktumfeld gut begründet. Denn die Papiere bestechen durch ein gutes Rating, große Abschnitte und einen fixen Zins. Dabei weisen sie im Vergleich zu Pfandbriefanleihen attraktivere Renditen auf. Insbesondere Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) mit eigener Bankmutter sind gut aufgestellt, um diese Nachfrage zu bedienen, da sie auf keinen Loan Agent angewiesen sind. Auch im Bereich spezieller Nischen wie etwa dem Erwerb von Bridgefinanzierungen und Problemkrediten ergeben sich Chancen. Begrüßenswert ist hier insbesondere, dass entgegen ursprünglichen Plänen, KVGen im Rahmen der Verwaltung von unverbrieften Darlehensforderungen Änderungen der Darlehensbedingungen vornehmen dürfen und damit Prolongation sowie Restrukturierung von Darlehen nun ausdrücklich zulässig sind.

Dennoch bleibt abzuwarten, ob deutsche Produkte künftig eine spürbar wichtigere Rolle auf dem Markt für Debt Funds spielen werden. Am luxemburgischen Finanzstandort bestehen weniger Restriktionen, insbesondere im Hinblick auf die Diversifikation. Ferner ist die Auswahl an Vehikeln groß, die auf unterschiedliche Investorenbedürfnisse zugeschnitten sind: Spezialfonds, nicht-regulierte Fonds, ferner zukünftig der „Reserved Alternative Investment Fund“ (RAIF), eine neue Form nicht-regulierter AIFs mit reguliertem Manager.

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*) Tobias Moroni ist Leiter Real Assets Deutschland bei Hauck & Aufhäuser. Neben Vertrieb und Kundenmanagement der AIF-Verwahrstelle begleitet er die KVGen von der Aufnahme der Geschäftsbeziehung über das Onboarding bis hin zu den Transaktionen in den Fonds. Tobias Moroni ist Rechtsanwalt und war zuvor Prokurist sowie Abteilungsdirektor als Leiter Depotbank-Legal bei der Depotbank von Sal. Oppenheim jr. & Cie. AG & Co. KGaA.