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Kommentar: Die Inflation ist tot, lang lebe die Inflation!

Niedrige Inflation, Niedrigzinsen und geringe Arbeitslosenzahlen beflügeln die Umsätze der Unternehmen und treiben die Aktienkurse. Für 2017 verbuchten Anleger satte Gewinne. Gerade institutionelle Investoren fragen sich, ob dieser Trend anhält und ob die Inflation verschwunden bleibt. Tatsächlich deuten Lohnentwicklung, Rohstoff- und Produzentenpreise eher auf einen Preisanstieg noch in diesem Jahr.

Jon Jonson

Die Inflation gilt weltweit als vermisst. Die weltweite Verbraucherpreisinflation ist von 5% im Jahr 2011 auf rund 1,6% im Jahr 2016 gefallen, obwohl die Arbeitslosenzahlen eher das Gegenteil nahelegen: In den OECD-Ländern sind sie seit 2009 von 8,5% auf weniger als 6% zurückgegangen. Selbst in der Eurozone, wo die Krise 2013 die Arbeitslosigkeit auf über 12% hochschnellen ließ, ist sie kontinuierlich auf 8,7% im Dezember 2017 zurückgegangen. Unterdessen hat sich die Arbeitslosigkeit in den USA von fast 10% im Jahr 2010 auf weniger als 4,5% halbiert – ohne große Auswirkungen auf die Inflation.

Ein Grund dürfte das verhaltene Lohnwachstum der letzten Jahre sein: Laut Internationalem Währungsfonds stagniert es bei rund 2% p.a. Doch wie lange noch? Hinweise liefert die Analyse der Phillips-Kurve in den USA der 1960er Jahre: Das Jahrzehnt begann mit einer hohen Arbeitslosigkeit, die dann stetig zurückging. Die Auswirkung auf die Kerninflationsrate im Verbraucherpreisindex blieb jedoch bis 1966 gering. Danach verdoppelte sich die Inflation und die Teuerungsraten blieben bis Mitte der 1990er Jahre hoch. Heute zeigt die Verlaufskurve eine ähnliche Ausgangssituation wie vor dem Inflationsschub der 70er Jahre. Womöglich lässt eine Arbeitslosenquote von 4,0 oder 3,5% die Preise wieder steigen. Auslöser dafür könnten etwa die Anreize der US-Steuerreform sein.

Niedrige Inflation bei geringer Arbeitslosigkeit: Die US-Kerninflation ist heute auf einem ähnlichen Niveau wie vor den Inflationsschocks der 60er und 70er Jahre.


Quelle: Bureau of Labor Statistics

Löhne und Produzentenpreise als Inflationstreiber
Klar ist: Solange das Lohnniveau nicht deutlich anzieht, wird wohl auch die Inflation trotz niedriger Arbeitslosigkeit nicht wesentlich steigen. Ist in der aktuellen Beschäftigungslage und den Löhnen schon eine Spur der vermissten Inflation zu erkennen?

Auf den ersten Blick eher nicht: Die Daten des Bureau of Labor Statistics verraten, dass in den USA seit 2007 lediglich 25% der besetzten Stellen zu den besser bezahlten zählten, während der Niedriglohnsektor um fast 41% gewachsen ist. Die seither eher unterdurchschnittliche Lohnentwicklung ließ ebenfalls wenig Raum für Inflationsfantasien. Das könnte sich 2018 ändern: In einigen Branchen ist bereits ein Lohnwachstum zu erkennen. Auch die Gehälter im Niedriglohnsektor haben sich 2017 deutlich besser entwickelt als im Jahr zuvor. Andere Indikatoren, wie der Employment Cost Index und der Atlanta Fed Tracker zeigen ebenfalls eine Lohnerholung an.

Auch außerhalb der USA gelten steigende Löhne als Inflations-Auslöser: Die europäische Zentralbank und die japanische Notenbank ermutigen die Gewerkschaften, ihre Lohnforderungen zu erhöhen. Der Plan dürfte aufgehen: Die Aktienbewertungen sind hoch und an den Märkten werden Unternehmen, die Gewinnerwartungen verfehlen, drastisch abgestraft. Ein großer Teil der Lohnkosten dürfte daher auf die Verbraucher, nicht auf die Aktionäre, abgewälzt werden und die Inflation in die Höhe treiben.

Weiter wird sich auch die höhere Produzentenpreisinflation in China allmählich auf die Inflation in den USA auswirken. Um 18 Monate verzögert entspricht sie ziemlich genau der Kerninflation für Güter im Verbraucherpreisindex. Das überrascht nicht, da viele von US-Verbrauchern gekaufte Waren in China gefertigt oder weiterverarbeitet werden. Nach einem stetigen Rückgang von 2011 bis Ende 2016 ist die chinesische Produzentenpreisinflation in den letzten zwei Jahren um 15% rapide gestiegen. All dies sind gute Gründe, um 2018 mit höheren Preisen zu rechnen. So dürfte die Inflation in den Industrieländern von derzeit 1,5 bis 2,0% langfristig auf 2,0% und mehr steigen.

Zuflucht: Rohstoffsektor
Für Multi-Asset-Portfolios bieten sich durchaus Chancen: Die jüngsten Daten weisen auf einen geringeren Inflationsdruck im Rohstoffsektor hin, der vor allem mit den schwachen Energiepreisen zusammenhängt. Zudem machen sich Preissteigerungen hier oft erst verzögert bemerkbar. Einige Rohstoffe und rohstoff- oder energiebezogene Aktien und Unternehmensanleihen laufen dem breiten Markt etwa zwei oder drei Jahre hinterher. Wenn also die Inflation durch höhere Preise, große Nachfrage oder Lohnerhöhungen wieder steigt, sind Rohstoffe eine geeignete Absicherung.

Anleiheinvestoren stehen dagegen vor Herausforderungen: Die Programme der Zentralbanken haben zuletzt für stark rückläufige Renditen gesorgt. Allerdings gibt es für risikobereite Anleger durchaus Optionen: So bietet der italienische Anleihemarkt fast 80 Basispunkte an realer Rendite. In Mexiko locken 3,5% und in Brasilien mehr als 5%. Unter langfristigen inflationsgeschützten Titeln aus Industriestaaten bieten Canadian Real Return Bonds eine reale Rendite von etwa 30 Basispunkten, während U.S. Treasury Inflation Protected Securities rund 45 Basispunkte bringen.

Für Anleger, die nicht in US-Dollar anlegen, sind diese Optionen jedoch nicht ganz so attraktiv. Aufgrund der Unterschiede bei den kurzfristigen Zinsen zwischen dem US-Dollar und anderen Märkten würden die Renditen vollkommen aufgezehrt.

Obwohl es für Long-Only-Anleger, die nicht aus den USA stammen, schwierig sein dürfte, die offensichtlichen Unterbewertungen der globalen Inflationserwartungen zu nutzen, ist es dennoch möglich, sich defensiv aufzustellen. So kann die Duration verkürzt werden, um etwa das Risiko einer Abwärtsvolatilität am langen Ende der Zinskurve zu reduzieren.

Auch wenn die Inflation weniger dramatisch steigen dürfte als in den 1970er und 1980er Jahren, sind Anleger gut beraten, sich auf eine weltweite Rückkehr der Inflation vorzubereiten.

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*) Jon Jonson ist Senior Portfolio-Manager – Global Investment Grade und Multi-Sector Fixed Income Strategies bei Neuberger Berman


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