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Kommentar: Die unbeabsichtigten Folgen des Quantitative Easings

Populistische Parteien stehen derzeit in vielen Ländern der westlichen Welt an der Spitze der Wahlumfragen. Das liegt an steigender Ungleichheit, schwachem Wirtschaftswachstum und einer entmachteten Wählerschaft. In den USA hat das Momentum einer populistischen Partei bereits dazu geführt, dass die Demokraten signifikante Zugeständnisse zu Infrastrukturinvestments machen mussten. Ungleichheit und Quantitative Easing scheinen Hand in Hand zu gehen. Doch was ist die Ursache und was die Folge? Wir wissen es noch nicht. Der Fokus sollte nun auf Assetklassen liegen, die in einem inflationären Umfeld stark performen.

James Butterfill

Eine Definition von Populismus
Derzeit passiert etwas Ungewöhnliches in der modernen Politik, etwas das droht, die etablierten Parteien der westlichen Welt zu destabilisieren. Politischer Populismus ist eine Form politischen Ausdrucks, der selektiv und strategisch auf Themen von großer Anziehungskraft setzt. Populistische Bewegungen gedeihen oft in einem Umfeld, in der sich die Menschen von einer entrückten Elite unterdrückt fühlen. Besonders im derzeitigen Kontext sind auch Immigration und die Souveränität von Nationalstaaten wichtige Themen. Das Brexit Referendum im Vereinigten Königreich zeigt, wie schnell vermeintlich obskure Themen zu einer Denkrichtung des Mainstreams werden können. Der Aufstieg populistischer Politik im Vereinigten Königreich spiegelt sich in der gesamten westlichen Welt wider, wo die Umfragewerte populistischer Parteien steigen und diese oftmals schon die Umfragen anführen. Besonders bemerkenswert ist derzeit Trumps Aufstieg in den USA.

Populismus – warum jetzt?
In den letzten Jahren sind populistische Parteien in der westlichen Welt signifikant gewachsen. Üblicherweise setzen diese Parteien auf einen Bruch mit dem herrschenden politischen Establishment. Populistische Parteien neigen dazu, zu viel zu versprechen und eine einfache Politik von großer Anziehungskraft anzubieten, unabhängig davon, ob diese auch umgesetzt werden kann. Aber warum hat dieses Phänomen jetzt begonnen? Scheinbar gibt es einige zentrale Punkte, die den derzeitigen Aufstieg des Populismus begünstigen. Besonders die große Ungleichheit, die von stagnierender Wirtschaft und nicht vorhandenem Gehaltswachstum ausgeht, zusammen mit der steigenden kulturellen Vielfalt.

Ungleichheit und deren Auslöser
Der übliche Maßstab von Ungleichheit, der GINI Koeffizient, hat im Kontext von Populismus Schwierigkeiten, da er für die Unterschiede zwischen den Reichsten und den Ärmsten unempfänglich ist. Populismus steht im Zusammenhang damit, dass der einfache Mann von einer entfernten Elite unterdrückt wird. Deshalb ist die Palma-Ratio, die das Verhältnis zwischen den 10% der Spitzenverdiener und den unteren 40% wiedergibt, ein besserer Maßstab der Ungleichheit als der GINI. Gabriel Palma, der diese Ratio entwickelt hat, deutet in seiner Arbeit an, dass die Globalisierung ein Verteilungsszenario erschafft, in welchen die Einkommensverteilung zwischen den Reichen und den Arbeitern mit weniger Einkommen, die in immer prekäreren Jobs in einem immer „flexibleren“ Arbeitsmarkt leben, von zentraler Relevanz ist.



Abb. 1: Was die Palma-Ratio zeigt, ist, dass wir in den OECD Ländern mit der größten Ungleichheit auch einige der signifikantesten populistischen Erhebungen gesehen haben.


Abb. 2: Palma-Ratio vs. der EZB-Bilanz

Quantitative Easing scheint die Ungleichheit zu verschlimmern. Wenn man die durchschnittliche Palma-Ratio der europäischen Länder, in denen populistische Parteien in den Umfragen gut abschneiden, namentlich Österreich, Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien, heranzieht, gibt es eine Korrelation zwischen den beiden. Ungleichheit und Quantitative Easing gehen also Hand in Hand. Was ist aber der Grund und was die Folge? Wir wissen es noch nicht. Aber was klar ist, ist, dass Quantitative Easing bisher besonders für Aktien und Rentenpapiere vorteilhaft war, Anlageklassen zu denen meist nur verhältnismäßig Reiche Zugang haben.

Populismus – Auswirkungen auf Investments und die Wirtschaft
Eine der unmittelbaren Auswirkungen des Populismus war eine größere Unsicherheit, welche Investoren dazu veranlasste, sich auf qualitativ hochwertige und defensive Aktien zu fokussieren. Historisch gab es stets eine enge Korrelation zwischen einer ansteigenden Unsicherheit und der Neigung zu defensiven Aktien. Des Weiteren steigt auch die Nachfrage nach Gold, welches oft als sicherer Hafen gesehen wird, in Zeiten steigender Unsicherheit, obwohl die Korrelation hier nicht so eng ist. Unabhängig vom Wahlerfolg populistischer Parteien kann ein populistisches Momentum ein starker Katalysator für Reformen sein mit denen etablierte Parteien versuchen, die populistische Welle zu brechen – wir haben beispielsweise gesehen, dass Hillary Clinton nun 275 Mrd. US-Dollar für die Infrastruktur fordert.

Zusammen mit dem voraussichtlichen Anstieg der Infrastrukturausgaben werden wir wohl auch einen Anstieg der Sozialunterstützung sehen, um die Ungleichheit bekämpfen zu können. Infrastrukturausgaben kreieren eine erhöhte Nachfrage, während Sozialunterstützung wahrscheinlich zu höheren Konsumausgaben führt. Das Endresultat könnte zu einer höheren Inflation führen. Die populistische Politik in den USA, welche wohl Steuersenkungen beinhalten würde, die das Haushaltsdefizit vergrößern würden, könnte den US Dollar in den kommenden Jahren schwächen. Des Weiteren könnte eine protektionistische Politik zu Einschränkungen bei internationalem Handel und Investment führen, was wiederum wohl die Volatilität der weltweiten Währungen verschlimmert und damit die Unsicherheit der Investoren stärken würde.

Steigende Inflation durch den Populismus könnte den bereits starken Inflationsdruck in den USA weiter anheizen. Bei Rohstoffen könnten die starken Einschnitte auf der Angebotsseite zu weiteren Wellen von inflationären Druck führen. In einem inflationären Umfeld performen inflationsindexierte Anleihen meist gut. Da in diesem kritischen Augenblick die Inflationserwartungen besonders niedrig sind, gibt es gerade eine gute Möglichkeit für Investoren, langfristige Positionen in inflationsindexierten Anleihen aufzubauen.

Für das kommende Jahr sind einige Wahlen angesetzt, bei denen populistische Parteien neuen Auftrieb bekommen könnten. Da die Probleme von Ungleichheit nicht über Nacht gelöst werden können, gehen wir davon aus, dass die Unsicherheit im kommenden Jahr weiter hoch bleiben wird, was sichere Anlageklassen mit niedriger Volatilität begünstigt. Auch wenn der Anstieg des Populismus nicht immer zu einer Niederlage der politischen Amtsinhaber führt, werden von diesen doch oftmals einige populistische Positionen übernommen, um die Benachteiligten zu beschwichtigen. Auch die übernommenen Positionen werden wahrscheinlich inflationstreibend wirken. Investoren können ihr Portfolio schützen, indem sie in Anlageklassen gehen, die in einem inflationären Umfeld gut performen, beispielsweise Aktien, inflationsindexierte Anleihen, Edelmetalle und Infrastruktur.

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*) James Butterfill ist Head of Research and Investment Strategy bei ETF Securities.