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Kommentar: Eine Welle bei Non-performing Loans ist nicht in Sicht

Seit Jahren warten Marktakteure und -beobachter auf die große Welle auf dem deutschen Markt für Non-performing Loans (NPL). Bislang ist sie ausgeblieben und die Zeichen stehen aktuell, dass sie auch in naher Zukunft nicht kommen wird.

Oliver Priggemeyer

Ernst & Young beziffert den Bestand an Non-performing Loans (NPL) deutscher Banken in diesem Jahr auf 183 Mrd. Euro. Gleichzeitig gilt Deutschland unter NPL-Investoren als begehrtes Ziel – 46% der von Ernst & Young Real Estate Befragten sehen das so. Danach folgen Großbritannien mit 39% und Spanien mit 33%. Und dennoch: Trotz der günstigen Voraussetzungen ist das Transaktionsgeschehen bislang deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Ein Trendwechsel deutet sich nicht an.

Die Frage, ob sich eine NPL-Welle nähert, lässt sich aus zwei Blickwinkeln beantworten – zum einen aus Bankenperspektive, zum anderen aus der Perspektive der Immobilien beziehungsweise der jeweiligen Eigentümer. Betrachtet man lediglich die Kreditseite, ist festzustellen, dass die finanzierenden Institute heute viel früher den Status „Not leidend“ anlegen, etwa schon in Fällen, in denen das Reporting nicht ihren Ansprüchen genügt.

Die stärkere Sensibilität der Banken hat mehrere Gründe. Ausschlaggebend ist die umfassende Regulierung des Bankensektors durch Basel III. Denn diese geht mit höheren EK-Anforderungen und stärkerem Kostendruck einher. Die Überlegung der Banken mit Blick auf NPLs: Diese stellen nicht verzinste Aktiva dar und wirken sich entsprechend negativ auf die Eigenkapitalverzinsung aus. Zudem binden NPLs sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen, die an anderer Stelle benötigt werden. Daher bevorzugen es die Banken, sich von ihren NPL-Beständen zu trennen – theoretisch.

Wenngleich opportunistische Investoren als Käufer dieser belasteten Kredite bereitstehen, so weichen deren Preisvorstellungen doch häufig deutlich von jenen der Banken ab. Dies führt häufig dazu, dass die problembehafteten Bestände in den Büchern gehalten werden, obwohl die Ausgliederung und dadurch die Bereinigung der Bilanzen grundsätzlich der favorisierte Lösungsweg ist.

Nchtsdestotrotz gab es in der Vergangenheit einige Verkäufe und es wird sie weiterhin geben. Diese Bewegungen fallen im Markt aber kaum auf, da die Eigentümerstrukturen in der Regel beibehalten werden.

Auch auf der Immobilien- bzw. Eigentümerseite gibt es zwar durchaus Bewegungen. Diese haben jedoch ebenso wenig mit einer Welle gemein wie die Entwicklungen auf der Kreditseite. Ein Blick auf die Probleme, die zum „Distressed“-Status führen, zeigt, dass die Probleme in der Regel bekannt sind – und damit behebbar. Die betroffenen Portfolios weisen unserer Erfahrung nach mehrere Problemherde auf.

Die meist sehr heterogenen Portfolios enthalten oft Immobilien an unterschiedlichen Standorten und mit unterschiedlichen Nutzungsarten. Die einzelnen Objekte werden dabei häufig von unterschiedlichen Dienstleistern verwaltet. Außerdem weisen die Objekte fast immer diverse Finanzierungspartner und -strukturen auf. All diese Umstände machen das Management solcher Bestände zu einer Herausforderung, die der Eigentümer – und auch die Bank – nicht allein bewältigen können.

Die beschriebenen Probleme bei den Not leidenden Immobilienportfolios existieren in der Regel nicht erst seit wenigen Wochen oder Monaten, sondern sie waren oftmals schon beim Ankauf der jeweiligen Portfolios impliziert. Dass sie inzwischen jedoch offenkundiger werden als in der Vergangenheit, liegt vor allem in der Vielzahl regulatorischer Maßnahmen begründet.

Nicht nur das engere Geschäftsfeld der Banken ist betroffen, sondern im Zuge beispielsweise der Regulierung von Verwaltern alternativer Investmentfonds (AIFM) auch Immobilienanlageprodukte. Denn die neuen Regelwerke, darunter auch Solvency II, sorgen vor allem für eines: Transparenz. Im Ergebnis werden Probleme bei Immobilieninvestments offensichtlich, die zwar möglicherweise schon länger bestehen, die bislang aber kaschiert werden konnten oder auf ein geringes Interesse gestoßen sind.

Beispiel AIFM: Die Regulierung durch AIFM respektive Kapitalanlagesetzbuch (KAGB) trifft in erster Linie die Branche der geschlossenen (Immobilien-)Fonds. Seit 22. Juli 2013 werden alle geschlossenen Beteiligungsprodukte, die nach diesem Stichtag aufgelegt werden, weitgehend reguliert. Dies schließt beispielsweise umfassende Reportingpflichten gegenüber den Banken ein, wenn diese als Fremdkapitalgeber fungieren – und das ist die Regel.

Bestandsfonds fallen zwar nicht unter das KAGB – dies hat in der Branche für Freude gesorgt. Diese dürfte aber nur kurz währen. Denn: Unter anderem viele geschlossene Immobilienfonds werden dennoch betroffen sein. Der Grund: die Fremdfinanzierung. Das Analysehaus Deutsche Fondsresearch hat bei fast 70 der im vergangenen Jahr über 200 untersuchten geschlossenen Fonds einen kurzfristigen Bedarf für Anschlussfinanzierungen identifiziert, der sich allein 2014 auf rund 850 Mio. Euro belaufen wird.

Obwohl Altfonds offiziell nicht der neuen AIFM-Richtlinie bzw. dem KAGB unterliegen, ist dennoch zu erwarten, dass Banken bei Anschlussfinanzierungen Informationen nach den neuen Standards verlangen. Darauf sind viele Fondsemittenten nicht eingestellt. Bisher haben sie nur einmal im Jahr einen Geschäftsbericht erstellt und eine Hauptversammlung abgehalten. Dafür reichten Excel-Sheets. Jetzt fordern viele Finanzinstitute ausgefeilte, oft monatliche Berichte. Nicht selten ist sogar der Zugang zu Primärdaten ein Muss, also zu den Mietverträgen oder Eingangsbuchungen. Können die Anbieter dieses Reporting nicht fristgerecht liefern, wackelt die Anschlussfinanzierung. Unter Umständen wird auch ein solches Investment oder gar Portfolio als „Not leidend“ oder „distressed“ deklariert, obwohl es auf Immobilienseite keine Probleme gibt.

Erschwerend kommt hinzu: Fondsinitiatoren, die kein Neugeschäft generieren, fehlen die Einnahmen aus dem Vertrieb, die auch dazu verwendet werden, bestehende Fonds zu bewirtschaften. In der Folge müssen sie ihre Kosten reduzieren, meist durch Personalkürzungen. Im Ergebnis besteht die Gefahr, dass laufende Fonds schlechter betreut werden. Der Erfolg der Immobilieninvestments kann leiden, die Anschlussfinanzierung wird noch kritischer.

Wie oben erwähnt, ist es nicht im Sinne der Banken, diese Objekte und Finanzierungen auszugliedern. Vielmehr schalten sie häufig Dienstleister ein, die die Probleme bei den Immobilien beheben und den Cashflow sicherstellen – sei es durch ein transparentes ­Reporting oder durch originäre Arbeit, sprich: adäquates Asset Management, an der Immo­bilie.

Die Opportunisten, die den deutschen Markt als primäres Ziel für NPL-Käufe identifiziert haben, dürften auch langfristig enttäuscht werden. Dies ist nicht zuletzt eine Frage der Mentalität. Die deutschen Banken sind nach meiner Beobachtung in den seltensten Fällen bereit, Verluste in ihren Büchern zu realisieren – auch wenn sie ihre Bilanzen gern um in Schieflage geratene Bestände und Kreditportfolios bereinigen würden. Im Ergebnis werden nach und nach Objekte auf den Markt kommen, an denen bereits professionelle Dienstleister gearbeitet haben und die dadurch einen Zustand aufweisen, der es erlaubt, die Preisvorstellungen der Banken durchzusetzen.


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*) Oliver Priggemeyer ist seit dem 1. Februar 2009 Mitglied des Vorstands der IC Immobilien Holding AG und weiterer Gesellschaften der IC-Gruppe. Vor seinem Wechsel war Priggemeyer als Chief Operating Officer im Vorstand einer börsen-notierten deutschen Immobilienaktiengesellschaft und zuvor Sprecher der Geschäftsführung der EPM Assetis GmbH.

Die IC Immobilien Gruppe ist einer der führenden deutschen Asset und Property Manager für Gewerbeimmobilien. Die IC managt über 1.000 Immobilien mit einem Volumen von mehr als 12 Mrd. EUR. Zu ihren Auftraggebern gehören nationale und internationale Immobilieneigentümer.

HINWEIS: Dieser Kommentar erschien zuerst bei unserem Kooperationspartner alternative investor information (altii). Das Unternehmen betreibt die website <link http: www.altii.de>www.altii.de, die Institutionelle Investoren über Alternative Investments, Fonds und Fondsmanager informiert. Zum Leistungsspektrum gehört auch das Magazin „alternative investor information“, das sich ebenfalls ausschließlich an institutionelle Anleger wendet. Das aktuelle Heft können Sie unter <link http: www.altii.de>www.altii.de herunterladen. IPE Institutional Investment ist Kooperationspartner und Gesellschafter der altii GmbH.