Foundation | Welcome

Menu


Kommentar: EM-Bonds unter dem Einfluss von ‚Tapering‘

Der zwischenzeitliche Anstieg der Renditen von 10-jährigen US-Staatsanleihen auf fast drei Prozent hat tiefe Spuren bei Schwellenländeranlagen hinterlassen. Wie geht es dort weiter?

Cornel Bruhin (oben) und Thomas Rutz

Die leicht schwächere Konjunkturentwicklung in einigen Schwellenländern in den ersten drei Quartalen 2013, der stärkere US-Dollar und deutlich höhere US-Zinsen haben in diesem Jahr tiefe Spuren bei Schwellenländeranlagen hinterlassen und gleichzeitig zu stärkeren Verwerfungen bei Emerging-Markets-Währungen geführt. So verloren die indische Rupie, der südafrikanische Rand, die türkische Lira und der brasilianische Real in wenigen Wochen mehr als 10% ihres Wertes, um nur einige Beispiele zu nennen.

Währungsabwertungen in Emerging Markets sind hingegen kein wirklich neues Phänomen und auch eher ein zweischneidiges Schwert:

1. Für Volkswirtschaften mit einer geringen oder gar keiner Abhängigkeit von ausländischem Kapital sind schwache Lokalwährungen ein positiver Impuls. Der Wettbewerbsvorteil von heimischen Produzenten gegenüber den ausländischen Konkurrenten verbessert sich und steigert die Chancen für höhere Exporte.

2. Im Gegensatz dazu geraten Länder mit hoher Abhängigkeit von ausländischem Kapital ins Hintertreffen. Die Abwertung der Währung erhöht die Schuldenlast in Fremdwährung und hohe FX-Volatilitäten können zusätzliches Unbehagen auslösen, was im Extremfall zu einem abrupten Abriss des Kapitalflusses führen kann. Um dies zu verhindern, ergreifen die Zentralbanken wirkungsvolle Gegenmaßnahmen. Eine sehr erfolgreiche Methode sind Stützungskäufe der Währung am offenen Markt, finanziert durch überschüssige Devisen- und Goldreserven. Einige der kürzlich von der Währungsabwertung betroffenen Länder haben in den letzten Tagen zu diesem Werkzeug gegriffen und bis zu 15% ihrer gesamten Währungsreserven zu Stabilisierung der Heimwährung eingesetzt.

Die Frage ist, was zuletzt mit festverzinslichen Schwellenlandanlagen geschehen ist und was wir daraus für die folgenden Monate ableiten können?

In den ersten Monaten dieses Jahres flossen noch Milliardenbeträge in festverzinsliche Anlagen von Schwellenländern. Der Löwenanteil davon ging in Anlagen in Local Currency Bonds, mit der Hoffnung auf satte Aufwertungsgewinne. Dann jedoch setzte Unsicherheit über ein mögliches Ende der Wertpapierrückkäufe durch die US-Notenbank ein. In kurzer Zeit stiegen die Renditen der 10-jährigen US-Treasuries um bis zu 130 Basispunkte, und auch die Renditen von Staatsanleihen anderer Industrieländer stiegen an.

Auch wenn sich diese Unsicherheit wieder relativiert hat. Irgendwann droht die Liquidität, die durch die Fed und andere Zentralbanken im Überfluss in Umlauf kam und auch in lukrative Schwellenländeranleihen investiert wurde, wieder abgezogen zu werden. Marktteilnehmer müssen sich die Frage stellen, ob höhere Renditen in den Industrie­ländern weitere Kapitalabflüsse aus den Schwellenländern zur Folge haben können – und ob die Währungen von Schwellenländern nochmals kurzfristig 10% bis 20% an Wert gegenüber dem US-Dollar einbüßen könnten?

Haben sich die Aussichten für die zukünftige Wirtschaftsentwicklung und mögliche Wechselkursgewinne von Schwellenländerwährungen aber tatsächlich derart eingetrübt?

Als langjähriger Schwellenländer-Investor ist dieser Sinneswandel der Anleger schwer nachvollziehbar. Obwohl sich in vielen Schwellenländern schon 2012 eine leichte Verlangsamung des Wachstums abzeichnete, wuchsen sie im Durchschnitt insgesamt immer noch mehr als dreimal so stark wie die Industrieländer. Im Zuge des globalen Wirtschaftsaufschwungs lässt sich zudem vermuten, dass davon auch die aufstrebenden Länder profitieren: beispielsweise durch stärkere Exporte nach Europa und Nordamerika.

Einer grundlegenden Veränderung in der Entwicklung von verschiedenen Schwellen­ländern ist in der Wachstumsprognose dennoch Rechnung zu tragen: Nach der Krise im Jahr 2008 entwickelten sich die Länder zunächst sehr homogen. Doch seit etwa 2 Jahren ist die Performance merklich heterogener geworden. Die über die Jahre veränderten politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wirken sich direkt auf die einzelnen Länder oder Regionen aus – die Schere zwischen relativen Gewinnern und Verlierern ist signifikant auseinandergegangen. Dies macht das Investieren interessanter und bedingt klare und detaillierte Prozesse, um im Markt relativen Wert zu finden. Anlageopportunitäten müssen mehr einer strukturierten und disziplinierten Rendite-Risiko-Analyse unterworfen werden, mit dem Ziel, dass jede einzelne Anlage im Portfolio Mehrwert bringt.

Beispielsweise mündete die langsamere Konjunkturentwicklung, unter anderem in China, in sinkenden Rohstoffpreisen. Das schwächte Rohstoff exportierende Länder, während Nettoimporteure profitierten. Trotz der sich abzeichnenden weltweiten Konjunkturerholung handeln Rohstoffe immer noch nahe ihrer Tiefstände der letzten Jahre. Ist der Rohstoffboom also vorbei? Oder wird die Nachfrage aus den Industrieländern wieder anziehen und zu höheren Preisen führen?

Höhere Rohstoffpreise würden zumindest einige Schwellenländer wieder sehr attraktiv aussehen lassen. Die momentane Schwäche der indonesischen Rupiah wird begründet durch die enormen Zuflüsse in die Währung in den letzten Jahren, die sich nun umdrehen. Indonesien war unbestritten einer der Hauptprofiteure des Booms, die Wirtschaft wuchs in den letzten Jahren jährlich um mehr als 5,5% und für dieses Jahr werden mehr als 5% erwartet. Die Realwirtschaft des Landes hat sich also nicht derart verschlechtert, dass die großen Rupien-Verkäufe begründet werden könnten. Hier ist das Sentiment entscheidend und nicht die nackten Zahlen. Ähnliches gilt auch für Währungen von anderen Schwellenländern sowie für die Risikoprämien von Unternehmensanleihen aus diesen Ländern, die sich zeitweise auf den Höchstständen der letzten 2 Jahre befanden.

Unter dem Strich stehen die Schwellenländer verglichen mit vergangenen Krisen markant besser da: Die Währungs- und Goldreserven sind signifikant höher und die Verschuldung viel tiefer. Auch die Struktur vieler Ökonomien hat sich verändert. Die Abhängigkeit von ausländischen Investitionen hat sich stark abgeschwächt, da lokale Kapitalmärkte auf- oder ausgebaut wurden. Zudem gelingt es lokalen Pensionskassen und anderen Sozial­systemen immer besser, die Stabilität der eigenen Märkte zu fördern. Daher sind wir überzeugt, dass auch in den kommenden Jahren ein beachtlicher Teil des globalen Weltwirtschaftswachstums aus den Schwellenländern kommen wird.

Wann die US-Notenbank den Prozess des Taperings startet, ist weiter unklar. Zunächst scheint der Zeitpunkt erst einmal hinausgezögert. Die Budgetkrise lähmt die Politik, der Arbeitsmarkt ist weiterhin schwach. Die künftige Fed-Chefin Janet Yellen steht wie schon Notenbankchef Ben Bernanke für eine Politik des billigen Geldes. Aber diese Phase wird nicht ewig andauern. Werden die Zügel angezogen, wissen die Anleger, wie stark die Kapitalflüsse dadurch beeinflusst werden und wie sich das auf die Allokationen der verschiedenen Vermögensklassen auswirkt.

Mit Sicherheit aber werden Anlagen in Schwellenländern längerfristig eine attraktive Anlagealternative bieten. Unbestritten ist die Notwendigkeit, Reformen in der Binnenwirtschaft voranzutreiben und weiter in Infrastruktur zu investieren, um die Voraussetzungen für gesundes Wachstum zu schaffen. Hier wird auch der Konsum einen Beitrag beisteuern. Länder, die diesen Weg gehen, verdienen das Vertrauen der Investoren. Bei den gegenwärtigen Währungsparitäten und den attraktiven Risikoprämien sind Investments eine Überlegung wert. Bei manchen Titeln dürfte auch ein antizyklisches, handelsorientiertes Agieren, wie eine „Buy on dips“-Strategie, Erfolg versprechen.

---
*) Cornel Bruhin ist seit Juni 2012 als Portfoliomanager bei MainFirst Asset Management. Seine Erfahrung mit Emerging-Markets-Anlagen reicht bis ins Jahr 1984 zurück. Ende 2008 übernahm er das Management des Clariden Leu Emerging Markets Bond Fund. Im Juli 2011 wurde er als bester neubewerteter Schweizer Fundmanager seit der Krise von Citywire ausgezeichnet und direkt mit AAA bewertet.

*) Thomas Rutz ist seit September als Portfoliomanager bei MainFirst verantwortlich für den Emerging Markets Corporate Bond Fund Balanced. Anfang 2009 wurde er zum Head of Emerging Markets bei Clariden Leu ernannt, wo er seit 2002 unter anderem das Emerging-Markets-Bond- und -Currency-Team geleitet hat und als Senior Vice President für Währungen und die Geldmärkte zuständig war.

HINWEIS: Der Beitrag stammt von unserem Kooperationspartner alternative investor information (altii). Das Unternehmen betreibt die website <link http: www.altii.de>www.altii.de, die Institutionelle Investoren über Alternative Investments, Fonds und Fondsmanager informiert. Zum Leistungsspektrum gehört auch das Magazin „alternative investor information“, das sich ebenfalls ausschließlich an institutionelle Anleger wendet.Das aktuelle Heft können Sie unter <link http: www.altii.de>www.altii.de herunterladen. IPE ist Kooperationspartner und Gesellschafter der altii GmbH.