Foundation | Welcome

Menu


Kommentar Emerging Markets Anleihen: Globale Entwicklung belastet

Emerging Markets-Anleihen lieferten im Mai einen negativen Ertrag. Sorgen um die Entwicklung in der Eurozone sowie ein stärkerer Rückgang der Rohstoffpreise belasteten die Stimmung an den Finanzmärkten. In der Zukunft ist vor allem bei lokalen Anleihen und Währungen mit stärkeren (Ertrags-)Schwankungen zu rechnen.

Dr. Nicolas Schlotthauer*

Die Makroebene
Die Stimmung an den globalen Finanzmärkten wurde im Mai erneut stark von den Entwicklungen in westeuropäischen Ländern bestimmt. Anfang des Monats dominierte der Machtwechsel nach der Präsidentschaftswahl in Frankreich sowie das Er- gebnis der Parlamentswahlen in Griechenland die Schlagzeilen.

Die Tatsache, dass in Griechenland keine Re- gierungsbildung erreicht wurde und daher Mitte Juni Neuwahlen durchgeführt wurden, trug nicht zur Stabilisierung der Finanzmärkte bei. Im Monats- verlauf konzentrierten sich Investoren dann stark auf aktuelle Entwicklungen in Spanien. Der hohe Finanzbedarf zur Rekapitalisierung einiger Banken in diesem Land belastete ebenfalls die Risikoneigung an den Finanzmärkten. Hier trat auch trotz einiger Lösungsvorschläge von Seiten der EU-Institutionen bisher keine Verbesserung der Marktlage ein.

Eine vorsichtigere Einschätzung ergab sich für viele globale Investoren auch beim Ausblick zum Wirtschaftswachstum in China. Obwohl die jüngsten realwirtschaftlichen Indikatoren eher auf eine Stabilisierung der Aktivitätsentwicklung im Reich der Mitte hindeuten, blieb die Nervosität globaler Investoren hoch. Die Sorgen über eine mögliche Wachstumsabschwächung in China genießen derzeit auch deshalb eine so große Bedeutung, weil die Dynamik dieser Volkswirtschaft generell als wesentliche Stütze der Weltwirtschaft angesehen wird.

Viele Investoren beobachten daher genau, inwieweit die chinesischen Institutionen zu Maßnahmen greifen, die das BIP-Wachstum im Land stützen sollen. Aus unserer Sicht besteht eine große Chance, dass sich die stabile ökonomische Entwicklung in China auch in den nächsten Monaten fortsetzen und sogar ein leichter Aufwärtstrend bei den Indikatoren einstellen wird.

Nichtsdestotrotz kann kurzfristig bei globalen Investoren die Sorge über den Wachs- tumsausblick anhalten, vor allem wenn wenig Kenntnis über die wirklich relevanten Kennzahlen, Einflussfaktoren und herrschenden Institutionen vorliegen. Die generell zunehmende Risikoaversion an den globalen Finanzmärkten gepaart mit Sorgen über Chinas Wachstumsausblick sorgte im Mai auch für einen stärkeren Rückgang der Rohstoffpreise. Besonders stark war der Einbruch bei Öl- und Energiepreisen. Ein stärkeres Abrutschen der Rohstoffpreise wirft unmittelbar die Frage auf, ob sich daraus ein signifikanter Einfluss auf Staatshaushalt und Leistungsbilanz von rohstoff- exportierenden Ländern ergibt.

Allerdings ist hierbei anzuführen, dass die Rohstoffpreise trotz des jüngsten Rückgangs gerade einmal auf das Niveau von vor etwa sechs Monaten abgesunken sind. Dem- entsprechend sind auch noch keine stark negativen Effekte für das Gros der rohstoff- exportierenden Länder zu erwarten. Allerdings gilt dies nicht für alle Rohstoff- exporteure.

Kritischer ist die Situation für einzelne kleinere Länder wie zum Beispiel in Afrika, bei denen die Exporterlöse von niedrigeren Ausfuhrpreisen und sinkenden Ausfuhrniveaus überdurchschnittlich betroffen sein könnten. Darüber hinaus ist auch zu prüfen, inwieweit die Regierungen von rohstoffexportierenden Ländern in der Phase steigender Rohstoffpreise eine angemessene Vorsorge getroffen haben. Letzteres bezieht sich sowohl auf die Konsolidierung bei Staatshaushalt und Schuldenquote als auch auf Maßnahmen, die eine Diversifikation der Wirtschaftsstruktur anstreben. Sofern diese Punkte nicht erreicht wurden, wären die entsprechenden Volkswirtschaften verwundbar gegen weitere exogene Schocks.

Hartwährungsanleihen
US-Dollar-denominierte Staatsanleihen der Emerging Markets erlitten im Mai einen Rückschlag, -2,3% in US-Dollar. Die zunächst gescheiterte Regierungsbildung in Griechenland sowie Sorgen um das Bankensystem in Spanien führten abermals zu einer erhöhten Nervosität an den globalen Finanzmärkten. Einen besseren Ertrag als der Durchschnitt lieferten dabei Länder mit niedrigem Rating wie Belize, Ägypten und Pakistan. Anleihen jener Staaten weisen eine vergleichsweise geringe Liquidität auf und sind somit oftmals nicht so stark von Abverkäufen betroffen. Einige Emittenten mit solidem Wirtschaftsausblick schafften es jedoch ebenfalls in die Gruppe der "Outperformer", unter anderem Chile, Malaysia und Peru, da Investoren sich wieder verstärkt auf Länder mit hoher Qualität konzentrierten.

Demgegenüber litten Staaten mit schlechtem Rating, jedoch guter Liquidität in den entsprechenden Anleihen wie in Argentinien und Venezuela besonders stark. Investoren konnten dort zügig Risiko abbauen. Daneben verloren aber auch einige osteuropäische Emittenten aus Kroatien, Ungarn und Serbien deutlich an Wert, da deren wirtschaftliche Nähe zu den westeuropäischen Peripheriestaaten erneut als Schwäche gesehen wurde.


Lokale Bondmärkte der Schwellenländer
Die lokalen Bond-Märkte der Emerging Markets verzeichneten im Mai ebenfalls einen größeren Rückschlag mit einem Ertrag deutlich unter der Null-Linie: -2,3% in Euro. Einen besonders starken Einfluss auf die Performance übte dabei die Entwicklung vieler Emerging-Markets-Währungen aus. Deren Kursverlauf gegen den Euro wurde im Mai einerseits von der steigenden Risikoaversion an den globalen Finanzmärkten getrieben. Andererseits sorgte aber auch die deutliche Abwertung des Euro gegen den US-Dollar (über 7%) im Mai für eine starke Divergenz bei den Emerging-Markets-Währungen.

Viele Währungen in Lateinamerika und Asien verloren zwar an Wert gegen US-Dollar, konnten aber gegen den Euro trotzdem noch leicht zulegen. Ausnahme war hier nur der mexikanische Peso, der stärker unter Druck geriet. Ein völlig anderes Bild zeigte sich bei den Währungen in Osteuropa. Hier konnte sich nur die türkische Lira gegen den Euro behaupten. Demgegenüber ergaben sich für den ungarischen Forint, den polnischen Zloty sowie den russischen Rubel jeweils deutliche Abwertungen gegen den Euro. Der Rubel wurde zusätzlich vom stärkeren Rückgang beim Ölpreis belastet.

Auch beim Ertrag der lokalen Anleihen, in jeweiliger Landeswährung, war eine breitere Streuung zu beobachten. Gut liefen nur die Anleihen der Türkei sowie von einigen Ländern in Lateinamerika wie im Fall von Brasilien, Chile und Mexiko. Letztere profitierten vom globalen Trend sinkender Renditen sowie vom Ausblick, dass eine weitere Lockerung der Geldpolitik möglich ist. Eine schwache Performance gab es hingegen bei den lokalen Anleihen von Kolumbien sowie von Ungarn und Russland. Diese beiden osteuropäischen Anleihemärkte litten unter der schwachen Entwicklung der Währungen und der daraus resultierenden generellen Nervosität der Anleger.


Fazit
Die zuvor beschriebenen Ereignisse beeinflussten auch die Kapitalströme bei Emerging-Markets. Nach Monaten von teils sehr hohen Mittelzuflüssen waren im Mai erstmalig stärkere Mittelabflüsse aus Anleihemärkten zu beobachten. Letztere traten vor allem bei lokalen Bond-Märkten auf. Dadurch ergab sich auch eine Abschwächung für etliche Emerging-Markets-Währungen. Bei einzelnen Ländern wie Brasilien, Indonesien, Mexiko und Polen war eine so abrupte, starke Abwertung zu verzeichnen, dass die Zentral- banken einen Eingriff in den Devisenmarkt zur Stärkung der eigenen Währung, als notwendig erachteten. Dies erfolgte sowohl über den Verkauf von US-Dollar bzw. Euro als auch über andere Instrumente wie zum Beispiel Einlagenfazilitäten.

Die jüngsten Entwicklungen zeigen einmal mehr, welche Herausforderungen sich für offene Volkswirtschaften bei der Gestaltung der Geldpolitik und durch den Einfluss starker Wechselkursschwankungen ergeben. Angesichts des kontinuierlichen Interes- ses globaler Investoren, in lokale Emerging-Markets-Anleihen zu investieren, werden solche Entwicklungen anhalten. Dementsprechend ist auch für die Zukunft mit stärkeren (Ertrags-) Schwankungen vor allem bei lokalen Anleihen und Währungen von Emerging-Market-Ländern zu rechnen.

---
*) Dr. Nicolas Schlotthauer, Head of Emerging Markets Debt, DB Advisor.
(Kontakt: nicolas.schlotthauer(at)db.com bzw. +49 (69) 71 706 34 85)