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Kommentar Emerging Markets-Anleihen: Leichte Korrektur

Emerging-Markets-Anleihen kamen im November aufgrund erhöhter Risikoaversion leicht unter Druck. Zum Monatsende war jedoch bereits wieder eine Erholung zu verzeichnen. Die wirtschaftliche Entwicklung zeigt sich in vielen Schwellenländern weiterhin stabil.

Dr. Nicolas Schlotthauer

Makroebene
Auch im November stellte sich, was die Nachrichtenlage an den globalen Finanzmärkten betrifft, keine Beruhigung ein. Stattdessen kam es in vielen Ländern zu einer weiteren Verschlechterung der ökonomischen oder politischen Entwicklung.

In den Industrieländern belasteten verschiedene Ereignisse die Stimmung an den Finanzmärkten. Die Schuldenkrise in Westeuropa lastete weiterhin schwer auf der Marktentwicklung, insbesondere da nunmehr die Stabilität sowohl von größeren Ländern, wie Frankreich und Italien, als auch des Bankensystems in Westeuropa insgesamt in Frage gestellt wird.

Hinzu kamen schlechte Nachrichten aus den USA. Das zur Lösung der Schuldenproblematik eingesetzte „Super-Komitee“ hat in der geforderten Frist keine Vorschläge erarbeiten können, die einen breiten Konsens finden dürften. Dementsprechend sind dadurch sowohl der Rating-Ausblick für das Land als auch der fiskalpolitische Kurs in Frage gestellt. Schließlich kam es auch noch zu einer vorübergehenden Verunsicherung vieler Investoren, als die Rating-Agentur Moody's die Einschätzung für die staatsnahe norwegische Agentur „Eksportfinans“ um sieben Stufen senkte. Auch wenn es sich hier um eine temporäre Verschlechterung handeln dürfte, so belastete dieser überraschende Schritt ebenfalls die Stimmung an den Finanzmärkten.

Auch die Schwellenländer selbst lieferten nicht nur positive Nachrichten. Einige Staaten in Lateinamerika, wie im Fall von Brasilien, konnten zwar eine weitere Verbesserung ihres Ratings verzeichnen, gestützt auf eine stetige Verbesserung von Schuldenprofil und Realwirtschaft. Demgegenüber kam es aber auch zu Herabstufungen des Ratings von Ländern, bei denen die Rating-Agenturen die politische Stabilität, wie in Ägypten, oder den wirtschaftspolitischen Kurs in Ungarn in Frage stellten. Im Fall von Ungarn bedeutete die Herabstufung des Ratings von Moody's auf „Ba1“, dass dieses Land erstmals seit über 15 Jahren nicht mehr über drei "Investment-Grade" Ratings verfügt.

Die schlechtere Entwicklung einzelner Schwellenländer im ökonomischen oder politischen Bereich sollte allerdings nicht als repräsentativ für die gesamte Ländergruppe angesehen werden. So weisen viele Staaten weiterhin eine sehr stabile Entwicklung bei wichtigen Bestandskennzahlen wie Staatsverschuldung und Währungsreserven auf. Dies resultiert, wie schon in früheren Berichten geschildert, aus einer grundsätzlich auf Stabilität ausgerichteten Wirtschaftspolitik, die viele Länder auf eine bessere ökonomische Basis gestellt hat.

Darüber hinaus liefert die Veränderung weiterer, zyklischer makroökonomischer Kennzahlen für viele Volkswirtschaften ebenfalls keinen Anlass zur Sorge. Die jüngsten Indikatoren zur Entwicklung des Wirtschaftswachstums zeigen per Saldo einen stabilen Verlauf, der selbst durch den Exportrückgang in schwächelnde Industrieländer nicht massiv beeinträchtigt wurde. Daneben ist positiv anzumerken, dass sich der Trend sinkender Inflationsraten für viele Länder fortgesetzt hat. Zwar sind einige Regionen etwa in Afrika noch von einem Anstieg der Nahrungsmittelpreise betroffen, welcher sich stark in der Inflationsrate niederschlägt. In vielen anderen Emerging Markets konnte aber durch Basiseffekte sowie gute Ernten bereits eine Stabilisierung beim Preiszuwachs für Nahrungsmittel und Energie verzeichnet werden.

Hartwährungsanleihen
Die vergleichsweise schlechte Nachrichtenlage aus den Industrieländern belastete im November abermals die allgemeine Risikostimmung an den globalen Finanzmärkten. Entsprechend kamen auch USD-denominierte Anleihen von Schwellenländern leicht unter Druck, wobei sich zum Monatsende noch eine Erholung einstellte. Der Index lieferte einen „Ertrag“ von -0,9% (in USD). Deutlich besser als der Durchschnitt liefen Anleihen von vielen lateinamerikanischen Ländern mit solidem Wirtschaftsausblick, wie im Fall von Panama, Chile, Brasilien und Mexiko.

Daneben verzeichneten aber auch Emittenten mit niedrigerem Rating und einer geringeren Korrelation zur Gesamt-Anlageklasse eine überdurchschnittliche Ertragsentwicklung, wie etwa in Ecuador, Weißrussland, Pakistan und im Libanon. Die Elfenbeinküste sowie Argentinien kamen hingegen stärker unter die Räder. Generell wurde die Gruppe der „Underperformer“ jedoch von osteuropäischen Ländern dominiert; dazu gehören Kroatien, die Ukraine, Serbien und Ungarn. Grund dafür sind vor allem die teilweise engen wirtschaftlichen Beziehungen dieser Länder zu Kerneuropa.

Lokale Bondmärkte der Schwellenländer
Die lokalen Bondmärkte von Emerging Markets verzeichneten im November per Saldo eine ausgeglichene Entwicklung. Allerdings ergab sich innerhalb der Anlageklasse eine stärkere Streuung bei der Ertragsentwicklung. Dies wurde sehr stark von der jeweiligen Währungsentwicklung getrieben. Ein Grund dafür war die starke Aufwertung des Dollar gegenüber dem Euro im November (fast 4%). Dadurch war auch die Performance einiger Währungen in Asien und Lateinamerika gegen den Euro positiv. Allerdings gab es Ausnahmen: Der brasilianische Real verzeichnete im November selbst gegen den Euro einen starken Rückschlag, während der malaysische Ringgit und der mexikanische Peso nur einen leicht positiven Ertrag gegen den Euro lieferten. In Osteuropa konnte der russische Rubel eine stärkere Aufwertung verzeichnen, während ungarischer Forint und polnischer Zloty gegen den Euro an Boden verloren.

Bei der Performance lokaler Anleihen, in jeweiliger Landeswährung, war im November ebenfalls eine starke Divergenz zu beobachten. Deutliche Kursverluste waren für die Anleihen von Ungarn zu verzeichnen. Diese litten unter der schlechteren Rating-Einschätzung von Moody's sowie unter der Zinserhöhung durch die Zentralbank. Letztere war notwendig geworden, nachdem sich der Forint vorübergehend deutlich schwächer entwickelt hatte.

Auch die lokalen Bonds einiger anderer osteuropäischer Länder, wie in Polen oder in der Türkei, litten etwas unter der generellen Unsicherheit an den europäischen Finanzmärkten. Demgegenüber lieferten die Anleihen von Brasilien, in ihrer Landeswährung Real sehr starke Kursgewinne. Dies wurde vorrangig durch Erwartungen über ein moderateres Wirtschaftswachstum und die dadurch zu erwartende geldpolitische Lockerung getrieben. Die brasilianische Zentralbank reagierte auch schon auf dieses Bild, indem sie am letzten Tag des Monats den Leitzins um 50 Basispunkte auf elf Prozent senkte.

Fazit:
Die Gesamtbetrachtung der Emerging Markets zeigt – wieder einmal – die große Vielfalt dieser Ländergruppe. Die Divergenz vieler Länder ergibt sich unter anderem durch ein vorsichtigeres Investitionsverhalten vieler Anleger. Investoren fühlen sich derzeit besser bei Ländern aufgehoben, bei denen die makroökonomische Gesamtlage auch eine Stabilität in schwierigeren Zeiten gewährleistet. Dementsprechend dürfte auch die Unterstützung für Anleihen der stabileren Emerging Markets erhalten bleiben.


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*) Dr. Nicolas Schlotthauer, Head of Emerging Markets Debt, DB Advisor.
(Kontakt: nicolas.schlotthauer(at)db.com bzw. +49 (69) 71 706 34 85).