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Kommentar: Emerging-Markets-Anleihen: Negative Zinserwartung setzt Anleihen unter Druck

Emerging-Markets-Staatsanleihen und -Währungen erlitten im Mai einen teils sehr starken Rückschlag. Sorgen von Investoren über ein bevorstehendes Ende der lockeren Geldpolitik in den USA bildeten den Ausgangspunkt der Korrektur. Letztere wurde in den lokalen Bondmärkten weiter verstärkt, nachdem ausländische Investoren eine Anpassung bei ihren teils sehr hohen Investmentpositionen vornahmen. Dadurch stiegen die lokalen Renditen von einzelnen Ländern im Mai um bis zu 100 Basispunkte.

Dr. Nicolas Schlotthauer

Hartwährungsanleihen
Nachdem in US-Dollar notierende Emerging-Markets-Staatsanleihen sich im April etwas erholt hatten, erlitten sie mit einem Minus von 3,6% im Mai einen starken Rückschlag. Der Grund: Investoren fingen an, eine frühzeitige Änderung der US-ameri- kanischen Geldpolitik einzupreisen. Dadurch kam es zu einem Anstieg bei Renditen von amerikanischen Staatsanleihen, beispielsweise im 10-jährigen Bereich um ca. 45 Basispunkte. Deutlich besser als der Index liefen einerseits Länder mit niedrigem Rating sowie wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen, wie Pakistan, Ukraine, Argentinien, Weißrussland und Libanon.

Darüber hinaus waren auch ein paar Staaten mit Investment-Grade-Rating in der Gruppe der „Outperformer“ zu finden. Allerdings beschränkte sich dies weitestgehend auf Osteuropa. Lateinamerikanische Investment-Grade-Emittenten entwickelten sich durchgehend schlechter als die Anlageklasse insgesamt. Daneben waren auch Marokko, das neue Anleihen emittierte, und einige asiatische Emittenten in der Gruppe der „Underperformer“ angesiedelt.


Lokale Bondmärkte von Schwellenländern
Die lokalen Bondmärkte von Emerging-Market-Ländern mussten im Mai einen extrem starken Rückschlag hinnehmen und lieferten mit minus 6% in Euro einen deutlichen Verlust. Mit dieser negativen Monatsentwicklung rutschte auch die Gesamtper- formance seit Jahresbeginn ins Minus. Verluste kamen per Saldo sowohl von der Währungsseite, als auch von der Entwicklung der lokalen Anleihen Bei der Performance der lokalen Bondmärkte (in jeweiliger Landeswährung) war eine größere Streuung zu beobachten.

Ein massiver Renditeanstieg vollzog sich in nahezu allen Märkten von Lateinamerika (außer Chile) sowie in Südafrika. Hier kam es im Bereich der 10-jährigen Laufzeit zu Renditeanstiegen von bis zu 100 Basispunkten. Etwas besser hielten sich die meisten lokalen Bondmärkte in Osteuropa, hier handelten nur die lokalen Anleihen von Russland deutlich schwächer. Insgesamt resultierte der Renditeanstieg weniger aus einer Änderung des fundamentalen Ausblicks für viele Emerging-Market-Länder. Stattdessen diente der Anstieg der Renditen in den Kernmärkten als ein erster Auslöser für die Schwäche. Trotz der massiven Korrektur im Mai muss festgehalten werden, dass die Performance von einigen lokalen Bondmärkten (in jeweiliger Landeswährung) seit Jahresbeginn noch immer im Plus liegt.


Ausblick für Emerging Markets und Finanzmärkte
Im Mai trübte sich die Risikobereitschaft globaler Investoren aufgrund der Diskussion um die zukünftige Geldpolitik der US-Zentralbank ein. Gleichzeitig kam es aber auch zu einer massiven Korrektur bei Staatsanleihen der USA und von Deutschland. In Bezug auf Emerging-Market-Anleihen wären bei einem Schwenk in der US-Geldpolitik vor allem negative Effekte für lokale Anleihen und für Emerging-Market-Währungen zu erwarten. Diese Sub-Anlageklassen verzeichneten in den vergangenen Quartalen deutlich stärkere Mittelzuflüsse als bspw. die Anlageklasse der USD-Staatsanleihen. Dementsprechend ist bei ihnen auch die Abhängigkeit von der globalen Risikoneigung als deutlich höher einzuschätzen.

Erneut im Fokus waren im Mai auch Veröffentlichungen zur realwirtschaftlichen Entwicklung in China. Erste Schätzungen für Indikatoren wie den Einkaufsmanager- index lagen erneut auf der leicht schwächeren Seite. Damit wurden erneut die Diskussionen angeheizt, ob es zu einem stärkeren Rückgang des BIP-Wachstums in China kommen könnte. Positive Schlagzeilen lieferten im Mai einige Wachstumsindikatoren für osteuropäische Länder. Sowohl bei Ungarn als auch bei Rumänien lag das BIP-Wachstum im ersten Quartal deutlich über den Erwartungen, lediglich in Polen zeigte sich die Wirtschaftsentwicklung nicht so dynamisch. Ungarn konnte nach der guten Entwicklung im ersten Quartal sogar offiziell das Ende der Rezession vermelden. Gut für den mittelfristigen Ausblick dieser osteuropäischen Länder ist zudem, dass kein Inflationsdruck zu beobachten ist, sondern sich der Zuwachs der Preise stetig abschwächt.


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*) Dr. Nicolas Schlotthauer, Head of Emerging Markets Debt, DB Advisors.
(Kontakt: nicolas.schlotthauer@db.com bzw. +49 (69) 71 706 34 85)