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Kommentar Emerging Markets-Anleihen: Weiterhin auf Kurs

Emerging Markets-Anleihen lieferten im April einen positiven Ertrag und wurden nur begrenzt vom unsicheren globalen Umfeld getroffen. Neben einer Rallye in den höher verzinslichen Märkten profitierten auch einige Länder mit starken Kennzahlen sowie anhaltender struktureller Verbesserung.

Dr. Nicolas Schlotthauer

Rückblick April 2012
US-Dollar-denominierte Staatsanleihen der Emerging Markets verzeichneten im April wieder einen deutlich positiven Ertrag (+1,6% in US-Dollar). Trotz der teils unsicheren Entwicklung im globalen Umfeld gibt es weiterhin Interesse vieler Investoren, sich in dieser Anlageklasse zu engagieren. Einen besonders guten Ertrag lieferten dabei Anleihen von Staaten mit niedrigem bzw. ohne Rating (Elfenbeinküste, Ukraine, Georgien, Pakistan, Weißrussland) sowie von Emittenten, die in den Vormonaten einen stärkeren Rückschlag erlitten (Ungarn). Darüber hinaus konnten aber auch Bonds von einigen Ländern mit höherem Rating eine Outperformance erzielen (Mexiko, Panama, Peru, Südafrika). Im Gegenzug bestand die Gruppe der Bonds mit einer Performance deutlich unter Indexdurchschnitt ebenfalls größtenteils aus Ländern mit sehr niedrigem Rating (Argentinien, Belize, Ägypten, Vietnam, Serbien, Ghana, Irak).

Die lokalen Bond-Märkte der Emerging Markets lieferten im April ebenfalls einen positiven Ertrag (+1,5% in Euro). Dabei kam ein Großteil der Performance von der guten Kursentwicklung und den Kuponzahlungen der lokalen Bonds. Auf der Währungsseite gab es hingegen ein gemischtes Bild. Der ungarische Forint profitierte von einer verbesserten politischen Nachrichtenlage und konnte so den Rückschlag der Vormonate wettmachen. Daneben lief auch die türkische Lira gegen den Euro sehr gut, gestützt von Erwartungen über eine restriktivere Geldpolitik der Zentralbank. In Lateinamerika hielten sich der kolumbianische Peso sowie der peruanische Nuevo Sol besser, während der brasilianische Real eine starke Abwertung verzeichnete.

Beim Ranking der Performance lokaler Anleihen (gerechnet in jeweiliger Landeswährung) nahm Brasilien im April den letzten Platz ein. Dieser Markt war der einzige im Index, der (sogar ohne Währungsbeitrag) einen negativen Ertrag brachte. Daneben liefen auch die lokalen Bonds von den Philippinen, Chile und Russland deutlich schlechter als der Marktdurchschnitt. Eine starke Rallye war bei den Anleihen von Ungarn zu beobachten. Zusätzlich konnten sich auch die Bonds von Südafrika gut behaupten. Diese profitierten von stärkerer Nachfrage globaler Investoren, da dieser Markt zukünftig in mehr globalen Bond-Indizes enthalten sein wird.


Ausblick für die Anlageklasse
Aktuelle Entwicklungen in der Eurozone sorgten weiterhin dafür, dass die Frage nach einer Lösung der Schuldenkrise im Fokus blieb. Positiv für einen Großteil der Emerging Markets war allerdings, dass ihre Finanzmärkte weniger von diesem Thema belastet wurden. Investoren fokussierten sich auf die Nachrichten, die aus den Emerging Markets selbst kamen. Besondere Aufmerksamkeit genoss das Verhalten der Regierung von Argentinien. So veranlasste diese nicht nur eine Verstaatlichung des Unternehmens Repsol YPF. Sie ließ zudem in ersten Kommentaren offen, ob für den bisher nicht im Staatsbesitz befindlichen Anteil überhaupt ein Betrag größer Null an den bisherigen Eigentümer (Repsol) gezahlt werden solle. Dieses Thema liefert ein anschauliches Beispiel dafür, wie Wirtschaftspolitik in Argentinien betrieben wird. Zusätzlich kommt dadurch wieder stärker die Analyse von institutionellen Rahmenbedingungen auf den Radarschirm.

Die Frage nach dem Einfluss politischer Maßnahmen auf die Finanzmärkte beschränkt sich nicht auf solche Schritte, wie sie in Argentinien zu beobachten sind. Darüber hinaus greifen einzelne Länder zu Maßnahmen, um dem massiven Kapitalzufluss aus dem Ausland und den daraus resultierenden Effekten für die Finanzmarktentwicklung im Land zu begegnen. So besteht in Brasilien eine „Strafsteuer“ für Devisentransaktionen (bei Umtausch von ausländischer Währung in Real), während andere Länder eine Besteuerung der Zinserträge vornehmen. Zusätzlich wird in vielen Ländern die geldpolitische Steuerung über den Referenzzins auch vermehrt daran ausgerichtet, welcher Einfluss sich daraus auf die Wechselkursentwicklung ergeben könnte. Dementsprechend müssen solche Faktoren bei der Analyse von Investmentmöglichkeiten in lokalen Emerging-Markets-Anleihen ihren Niederschlag finden.

Auch die Themen "politische Stabilität" sowie "Reformbereitschaft" nehmen eine große Bedeutung ein. Entwicklungen wie in der Ukraine oder im vergangenen Jahr in vielen Ländern des Nahen Ostens sowie Nordafrika können in kürzester Zeit den Ausblick für die Entwicklung des Landes komplett ändern. Allerdings gibt es zu diesem Thema auch positive Beispiele in der Ländergruppe. So erfolgte in vielen Ländern der Anlageklasse nach Wahlen ein Machtwechsel, der geordnet vollzogen wurde (Ghana, Peru, Senegal). In vielen weiteren Ländern zeigten sich die politischen Systeme ähnlich stabil und ließen eine (zumindest weitgehende) politische Teilhabe der Bevölkerung zu.

Eine größere Divergenz innerhalb der Ländergruppe zeigt sich auch bei der Frage, welche Reformen zur Verbesserung des langfristigen Ausblicks umgesetzt werden oder zumindest schon geplant sind. Viele Emerging Markets profitierten in den vergangenen drei Jahren von einem sehr positiven globalen Umfeld. Der Anstieg der Rohstoffpreise half den rohstoffexportierenden Volkswirtschaften. Zusätzlich verzeichneten viele Staaten generell höhere Kapitalzuflüsse von globalen Investoren. Angesichts dieses guten Umfelds könnten einzelne Regierungen gegebenenfalls dazu neigen, notwendige, aber schwierige oder unpopuläre Reformschritte aufzuschieben. Dazu zählen die sogenannten „strukturellen Reformen“, die auf eine Verbesserung des Wirtschaftssystems abzielen sollten. Darüber hinaus besteht in vielen Ländern die Notwendigkeit einer Entwicklung bzw. Neuordnung des sozialen Systems. Dies ist notwendig, um eine Grundversorgung breiter Bevölkerungsschichten zu gewährleisten und so die Erträge aus dem ökonomischen Fortschritt in der Gesellschaft ankommen zu lassen. Das Thema "Reformbereitschaft" muss im Fokus bleiben und kann zu einer stark unterschiedlichen Entwicklung bei Emerging Markets führen.

Fazit
Die Emerging-Markets-Anleihen bieten weiterhin attraktive Investmentmöglichkeiten – und zwar weltweit. Themen wie Reformbereitschaft und politische Stabilität spielen eine zunehmend wichtiger werdende Rolle.


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*) Dr. Nicolas Schlotthauer, Head of Emerging Markets Debt, DB Advisor.
(Kontakt: nicolas.schlotthauer(at)db.com bzw. +49 (69) 71 706 34 85).