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Kommentar: Emerging Markets bleiben trotz aktueller Schwäche für Fixed Income attraktiv

Egal ob Türkei, Argentinien oder Brasilien — fraglos sieht das Bild, das sich Investoren derzeit von manchen Emerging Markets (EM) bietet, zunächst nicht besonders positiv aus. Tatsächlich sind die Rentenmärkte in den Schwellenländern in diesem Jahr unter Druck geraten und haben sich im Vergleich zu den Industriestaaten unterdurchschnittlich entwickelt.

Warren Hyland

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig und reichen von Sorgen über einen Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China über steigende US-Zinsen bis hin zum starken US-Dollar. Viele Investoren befürchten bereits eine Wiederholung der Schwellenländerkrise aus den 90er-Jahren, in der sich die Schwäche eines Landes (Mexiko) auf andere Länder (Thailand) ausweitete und zu massiven Korrekturen auf den Weltmärkten führte.

Doch viele der Probleme aus den vergangenen Krisen sind inzwischen behoben worden, da die Länder frei schwankende Wechselkurse gestatten und sich die Unternehmen der Schwellenländer zunehmend auch in ihren Heimatmärkten in Lokalwährungen finanzieren können. Starke Unternehmenskennziffern und attraktive Bewertungen machen Emerging Markets attraktiv für Anleger. Ganz grundsätzlich lässt sich festhalten, dass die jüngste Schwäche in den Emerging Markets (EM) der fundamentalen Stärke dieser Assetklasse widerspricht – gleichwohl eine Reihe geopolitischer Krisen durchaus Anlass zur Sorge gibt.

Spannungen nehmen zu
So verhängte die Regierung von US-Präsident Donald Trump in den vergangenen Monaten eine Reihe von Zöllen auf Stahl und Aluminium sowie Importzölle für Waren aus China in beträchtlichen Ausmaß. Dabei wurden die Zölle nicht nur gegenüber China erhoben, sondern beziehen sich auch auf langjährige US-Verbündete wie etwa die Europäische Union. Die Nachrichten über die Strafzölle, speziell zwischen den USA und der Volksrepublik, wurden von den Märkten nervös aufgenommen. Die Befürchtung steht im Raum, dass Gegenmaßnahmen die Spannungen zwischen den beteiligten Ländern weiter verschärfen und langfristig zu einem Handelskrieg führen könnten. Diese Eskalation könnte letztlich zu einer Abnahme der Wachstums-/Inflationsdynamik führen und das globale Wachstum stoppen.

Ein Großteil der Schwellenländer hat darauf bereits mit einer Abwertung der eigenen Währung reagiert. Zudem profitieren exportorientierte Branchen von den gestiegenen US-Dollar-Einnahmen im Vergleich zu den Kosten in Landeswährung, was den durch Zöllen entstehenden Kosten entgegenwirkt.

Kurzfristige Währungsschwankungen werden am Markt gerne als Stimmungsindikator herangezogen. Diese Schwankungen geben Auskunft darüber, wie es sich mit dem Vertrauen des Marktes in die Unabhängigkeit und Effektivität der Zentralbanken sowie der Entschlossenheit der Regierungen, sich an die Reformpläne und Ausgabendisziplin zu halten, verhält.

Dieser Stimmungsindikator kann sehr effektiv sein, um Regierungen unter Druck zu disziplinieren, wie wir jüngst in Indien, Brasilien und Südafrika gesehen haben.

Übermäßige Währungsbewegungen hingegen destabilisieren und zwingen die Zentralbanken zu einer aggressiven Straffung der Geldpolitik, was zu einer Abschwächung des privaten Konsums, einer Verlangsamung des Investitionszyklus, einem Anstieg der Inflation und letztlich zu einem schwächeren makroökonomischen Umfeld führen kann.

Dabei sind Wechselkursschwankungen für Unternehmen mehr ein “Rauschen“ als eine tatsächliche Gefahr, da Zahlungsausfälle nur selten durch Währungsfehlbewertungen verursacht werden. Zahlungsausfälle sind vielmehr eine Folge der sinkenden Warenpreise und/oder des Missmanagements der Bilanzen.

Gerade stark exportorientierte Unternehmen profitieren von dem gestiegenen US-Dollar gegenüber der günstigen Landeswährung, können sie doch auf diese Weise die gestiegenen Zollkosten ausgleichen.

Normalisierung der US-Zinspolitik kam nicht unerwartet
Die Normalisierung der Zinspolitik in den Vereinigten Staaten trifft die Schwellenländer auch alles andere als unvorbereitet. Viele Unternehmen und Staaten sind bereits seit 2013 und der erstmaligen Erwähnung des Wortes „Taper“ durch US-Notenbankchef Ben Bernanke damit beschäftigt, ihre Bilanzen zu stärken, Devisenreserven anzuheben, Leistungsbilanzdefizite zu reduzieren, das Kreditwachstum einzuschränken und ihre Währungen aufzuwerten. Die Wachstumsmärkte sind viel weniger abhängig von internationalen Finanzierungen und widerstandsfähiger gegen eine Straffung der Geldpolitik als je zuvor.

Steigende Zinsen gehen in der Regel auch mit einem stärkeren US-Dollar einher. In der Vergangenheit waren viele EM-Währungen an den Dollar gekoppelt und damit abhängig von den internationalen Kapitalmärkten. Die Entwicklung des Dollarkurses hatte einen erheblichen Einfluss auf die lokale Währung. Der Lokalwährungsmarkt hat sowohl in seiner Größe als auch in der Breite zugenommen. Für Unternehmen in Schwellenländern bietet er deshalb inzwischen die Möglichkeit einer kostengünstigsten Kapitalbeschaffung. Die Entwicklung des Dollars hat damit weit geringere Auswirkungen und die lokalen Zentralbanken verfügen über erheblich mehr Spielraum.

Die Schwellenländer zeichnen sich derzeit vor allem durch starke Fundamentaldaten aus. Sowohl die Staaten selbst als auch die Unternehmen haben seit der Finanzkrise viel getan, um ihre Bilanzen zu korrigieren.

Im Vergleich zu den entwickelten Märkten etwa lässt sich im Allgemeinen ein geringeres Leverage feststellen und die Unternehmen sind in der Regel gut kapitalisiert – ganz abgesehen davon, dass sich viele Firmen inzwischen in heimischen Währungen rekapitalisieren. Generell sehen die Unternehmensbilanzen so aus, als befänden sie sich in einem frühen Abschnitt des Konjunkturzyklus. Ein solides Wirtschaftswachstum sorgt für einen starken Rückenwind.

Starke Fundamentaldaten und attraktive Bewertungen
Seit Mitte April, als Zölle und Handelskriege zum Thema wurden, haben sich die Spreads der Schwellenländer deutlich ausgeweitet. Das wirft natürlich die Frage auf: Bieten Emerging Markets dem renditeorientierten Anleger einen Mehrwert?

Die Fundamentaldaten der Unternehmen sind weiterhin solide und sie sind keine Geisel der US-Dollar-Finanzierung mehr. Die Sorge vor unvorhersehbaren Makroereignissen, insbesondere die Gefahr eines eskalierenden Handelskrieges, sind selbstverständlich nach wie vor vorhanden.

Aber wie bei vielen ähnlichen Situation gilt: ein höheres Risiko bietet auch höhere Prämien. Ende September bot etwa der ICE BofA ML High Yield EM Corporate Plus Index (EMHB) einen Yield-to-Worst von 7,44 Prozent bei einer durchschnittlichen Kreditqualität von BB3. Der ICE BofA ML US High Yield Index (H0A0) bietet eine Yield-to-Worst von 6,22% und eine durchschnittliche Kreditqualität von B1. Schwellenländer bieten also bessere Renditen bei geringerem Kreditrisiko. Es liegt bei den Investoren, einen Makro-Call zu tätigen.

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*) Warren Hyland ist Portfoliomanager mit Fokus Emerging Markets bei Muzinich & Co.