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Kommentar Europäische Unternehmensanleihen: Die „Jagd nach Rendite“ dominiert

Der Juni brachte eine positive Renditeentwicklung bei Unternehmensanleihen, angetrieben von der Zinssenkung der EZB sowie der Ankündigung weiterer Maßnahmen. Die Anlageklasse bietet also auch zukünftig noch genügend Nachfragepotenzial.

Thomas Höfer

Euroland
Das „Ereignis des Monats“ war unserer Ansicht nach die seit langem erwartete Sitzung des EZB-Rats und die anschließende Pressekonferenz zu Monatsbeginn. Bereits vor der Sitzung hatten Mitglieder des EZB-Rats den Markt mit verschiedenen Einschätzungen und Verlautbarungen auf das, was die EZB tun könne, eingestimmt und so die Erwartungen angeheizt, die unserer Ansicht nach auch erfüllt wurden.

So kündigte die EZB ein ganzes Maßnahmenbündel an, unter anderem ein Paket zielgerichteter langfristiger Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO), verlängerten Zugriff der Banken auf unbegrenzte Liquidität bis Ende 2016, die Vorbereitung eines ABS-Ankaufprogramms und die Aufhebung der Sterilisierung früherer Anleihekäufe – begleitet von den Worten: „Wir sind noch nicht am Ende.“

Das bedeutet vermutlich, dass weitere Schritte wie eine quantitative Lockerung nicht auszuschließen sind, sofern die Ziele der jetzt ergriffenen Maßnahmen – Verhinderung einer Negativinflation, Reaktivierung der monetären Übertragungsmechanismen, z. B. durch Unterstützung einer verstärkten Kreditvergabe in den europäischen Peripherieländern – nicht erreicht werden.

Dafür sprechen auch die jüngsten Konjunkturdaten der Eurozone, die auf eine Wachstumsabkühlung hinweisen: Die Einkaufsmanagerindizes, der ifo- und der französische INSEE-Index zeigen unserer Ansicht nach eine nachlassende Beschleunigung der Wirtschaft und eine anscheinend auseinanderdriftende Konjunkturentwicklung in Frankreich und den übrigen Ländern der Eurozone an.

Zusätzlich wurde das Wachstum der US-Wirtschaft im 1. Quartal von -1,8% auf -2,9% massiv nach unten korrigiert. Die Hauptgründe scheinen im geringeren Konsum, der niedrigeren Produktion und weniger Exporten infolge widriger Wetterverhältnisse zu liegen.

Rückblick
Der Juni 2014 brachte weitere gute Renditen bei europäischen Unternehmensanleihen. Trotz des anhaltenden Konflikts in der Ukraine und den Spannungen im Irak und Nahen Osten, die zu einem Anstieg der Ölpreise führten, scheint die „Jagd nach Rendite“ der ausschlaggebende Faktor zu sein.

Im Juni wurden die Kreditmärkte vor allem durch die Zinssenkung der EZB und die Ankündigung weiterer Maßnahmen zur Verstärkung der Kreditvergabe in Europa angetrieben. Nachdem der Einlagensatz bereits auf null stand, bedeutet eine weitere Zinssenkung, dass die Banken für die Einlage von Geldern bei der EZB künftig bezahlen müssen. Außerdem signalisierte die EZB, dass die Politik der ultraniedrigen Zinsen noch eine beträchtliche Zeit in Kraft bleiben dürfte. Diese Maßnahmen verstärkten die strukturelle Nachfrage-/ Angebotsdynamik und die Risikobereitschaft der Anleger, was zu einer sehr soliden Nachfrage nach Euro-Zinsprodukten führte – insbesondere nach Anleihen mit Spread-Aufschlägen.

Auf Indexebene rentierten Unternehmensanleihen im Juni mit +0,62% (4,88% seit Jahresbeginn), während Finanztitel +0,47% (4,52% seit Jahresbeginn) erzielten. Papiere außerhalb des Finanzsektors gewannen +0,73% (5,16% seit Jahresbeginn). Insgesamt übertraf die Wertentwicklung von Unternehmensanleihen – vor allem außerhalb des Finanzsektors – diejenige von als sicher empfundenen Anleihen wie deutschen Bundesanleihen geringfügig. Letztere wiesen eine positive Rendite von +0,59% (4,96% seit Jahresbeginn) auf.

Ausblick
In den USA bestätigen die ökonomischen Indikatoren eine langsame aber stetige Erholung, die die Fed in ihrer Politik des allmählichen Abbaus der zusätzlichen monetären Stimuli weiterhin unterstützt. Allerdings ist die Geschwindigkeit, mit der diese Erholung stattfindet, weniger ausgeprägt als in vorangegangenen Aufschwüngen, was wiederum der Fed genügend Spielraum lässt, die Zinsen auf sehr niedrigen Niveaus zu halten. In Europa zeigt sich die Erholung noch in ihrer Anfangsphase, und die niedrigen Inflationsraten machen deutlich, dass die niedrigen Zinsen der EZB nicht in der Realwirtschaft ankommen. Dies gilt vor allem für kleine und mittlere Unternehmen der europäischen Peripherie. Dies sollte dazu führen, dass die EZB weiterhin eine unterstützende Politik verfolgt und somit auch weiterhin die Anlageklasse der Unternehmensanleihen nachgefragt bleibt.

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*) Thomas Höfer, Head of Financial Credit Europe, Deutsche Asset & Wealth Management
(Kontakt: thomas.hoefer@db.com; bzw. +49 (0)69 910 131 90)