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Kommentar: Frontier Markets, die neuen Emerging Markets?

Viele klassische Emerging Markets haben sich stark entwickelt – so zum Beispiel Mexiko, Russland oder Südafrika. Ihre Institutionen haben sich stabilisiert. Ihre Infrastruktur ist ausgebaut. Die Folge: Es dürfte ihnen schwerfallen weiter stark zu wachsen. Eine Alternative mit erheblichen Wachstumschancen sind die weniger bekannten Frontier Markets. Insbesondere Lokalwährungsanleihen können für Investoren interessant sein.

Am Anfang der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung
Ägypten, Nigeria oder Ghana sind einige Beispiele für Frontier Markets. Typische Merkmale solcher Märkte sind ein fehlender Investmentgrade-Status und ein niedrigeres Pro-Kopf-Einkommen im Vergleich zu den klassischen Emerging Markets. Meist ist ihre Infrastruktur schlechter und in vielen Sozialkennziffern wie Lebenserwartung und Alphabetisierungsquote schneiden sie eher schwach ab. Sie stehen noch am Anfang ihrer wirtschaftlichen, politischen und finanziellen Entwicklung – und gleichen in vieler Hinsicht den klassischen Emerging Markets von früher.

Politische Rahmenbedingungen verbessern sich
Die Frontiermärkte profitieren unter anderem von ihrer jungen und wachsenden Bevölkerung. Die Anzahl der Erwerbstätigen wächst schneller als die der übrigen Bevölkerung. Dadurch werden Mittel für die wirtschaftliche Entwicklung und den Sozialstaat frei. Gleichzeitig steigen durch diese Entwicklung das Pro-Kopf-Einkommen und der Konsum. Auf dem Weg hin zu einem nachhaltigeren Wirtschaftswachstum ist das ein wichtiger Schritt. Ebenso verbessern sich die politischen Rahmenbedingungen in vielen Frontiermärkten: Das liegt zum einen daran, dass die Wähler heute gebildeter sind und zum anderen, dass auch die politischen Führungen erkennen, wie wichtig ein funktionierendes Staatswesen für die Wirtschaft ist. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) trägt zu einer positiven Entwicklung an den Frontiermärkten bei: Er knüpft die Vergabe seiner Kredite an Bedingungen und überprüft deren Einhaltung. So haben sich beispielsweise in Ägypten das Wachstum, die Preisstabilität und die Staatsfinanzen durch das IWF-Programm verbessert.

Geringe Korrelationen
Aufgrund ihrer großen Rohstoffvorkommen und geringer Arbeitskosten sind Frontiermärkte auch zunehmend Ziel ausländischer Direktinvestitionen. Früher wurden Produktionen in Schwellenländer wie China verlegt. Dort sind die Arbeitskosten aber mittlerweile gestiegen, sodass Unternehmen ihre Produktionsstätten in Frontiermärkte verlagern. Positiv für Investoren ist auch, dass Investments in Frontiermärkte für Diversifikation im Portfolio sorgen können: Sowohl die Korrelation mit Industrieländern und klassischen Schwellenländern als auch untereinander ist meist gering. Gründe hierfür sind, dass noch immer die meisten der Investoren aus dem Land selbst stammen, passive Anlagen unüblich sind, die Auslandsverschuldung eher niedrig ausfällt, sodass internationale Währungs- und Zinsschwankungen keine große Rolle spielen, und die Länder meist weniger in den Welthandel einbezogen werden. Die innenpolitische und wirtschaftliche Lage eines Landes spielt bei Investitionen oft eine größere Rolle als die Einbindung in den Welthandel.

Lokalwährungsanleihen bieten Chancen auf hohe Risikoprämien
Frontiermärkte sind bisher in wenigen Portfolios vertreten und es gibt nur begrenzt Research. Dies kann zu sehr hohen Risikoprämien und Alphachancen führen. Folglich dürften Lokalwährungsanleihen attraktiv sein. In Afrika beispielsweise wurden ägyptische Anleihen interessant, als die Währung stark abwertete und man Ende 2016 zu flexiblen Wechselkursen überging. Heute ist Ägypten auf einem guten Weg: Die Inflation geht zurück, dürfte bald einstellig sein und die Außenpositionen verbessern sich. In Nigeria hingegen könnten kurzfristige Titel attraktiv bleiben. Die Renditen liegen dort bei mehr als 17%, Geld- und Fiskalpolitik erscheinen jedoch nicht nachhaltig. In Ghana ist der größte Sorgentreiber die Währung. Trotzdem bietet es attraktive Renditen und besitzt eine recht geringe und zurückgehende Inflation.

In Argentinien sind die Median-Inflationserwartungen für die nächsten zwölf Monate gefallen und die Dollarisierung ist leicht gebremst. Infolgedessen könnten die Zinsen zurückgehen, was wiederum Lokalwährungsanleihen zugutekäme. Indien gehört zwar klassischerweise nicht zu den Frontiermärkten, teilt mit ihnen aber viele Eigenschaften. Aufgrund langfristiger Disinflation und Strukturreformen kann es ein interessantes Investment sein. Seitdem die derzeitige Regierung im Amt ist, sind die Renditen gesunken. Zudem betreibt die Notenbank eine Inflationssteuerung, die sich positiv auf indische Anleihen auswirkt. Sollten weitere Strukturreformen umgesetzt werden, könnten die Renditen aller Laufzeiten langfristig fallen.

Schwieriger Zugang für Investoren
In Frontiermärkte zu investieren, ist jedoch häufig schwer. Grund dafür ist ein eingeschränkter Marktzugang für ausländische Investoren. So müssen diese in Indien beispielweise Investmentrechte in Staatsanleihen bei einer Auktion erwerben, wenn ihre Positionen 90% der maximal zulässigen Anlagen überschreiten. Zudem fehlen in Frontiermärkten drei Faktoren, die in entwickelten Ländern Schocks abfedern: Es gibt keine Pensionsfonds, die Finanzmarktstruktur ist lückenhaft und es fehlen aufsichtsrechtliche Schutzmechanismen. Deswegen macht ein researchbasierter, aktiver Investmentansatz auf Grundlage fundamentaler Einzelwertanalysen Sinn, wenn man über ein Investment in diese Märkte nachdenkt. Denn einige Aspekte sollten beachtet werden: die Wertpapierverwahrung, die Abwicklung, die Repatriierung, lokale Vorschriften sowie lokale Brokerdienste. Generell können Anlagen im Rahmen eines umfassenden Lokalwährungsanleihen-Portfolios oder aber auch mit einer gezielten Frontiermarkt-Strategie in Lokalwährungsanleihen für langfristige Investoren attraktiv sein. Sie haben Alpha- sowie Wachstumspotenziale und unterstützen die Diversifikation.

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*) Jeremy Cunningham ist Investmentspezialist bei der Capital Group.