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Kommentar: Für Anleiheninvestoren gilt zurück zur Risikowahrnehmung

Zum achten Mal richtete das unabhängige Kreditresearch-Unternehmen Independent Credit View (I-CV) zusammen mit der auf Anlagelösungen im Anleihenbereich spezialisierten Fisch Asset Management AG den Swiss Bond Congress aus. Der wichtigste Anlass in der Schweiz für institutionelle Bondinvestoren und Risikomanager präsentierte den Gästen in der Zürcher Börse am 22. September zehn Vorträge, darunter zwei Ausführungen von Daniel Stelter, unabhängiger und einflussreicher Ökonom sowie Bestseller-Autor aus Deutschland. Um Workshops ergänzt standen Einschätzungen und Empfehlungen für Anleiheninvestoren im Mittelpunkt des Kongresses.

Daniel Pfister

Insbesondere eines der größten Experimente der Finanzgeschichte - die Quantitative Easing-Programme - führt zu anhaltenden außergewöhnlichen Zeiten. Auch Strafzinsen für Anleger sind ein Novum in der Historie. Der Brexit ist ein weiteres Ereignis, welches für Investoren bedeutsam bleibt. Die Reihe ließe sich weiter fortsetzen. Es sind zahlreiche Entwicklungen, die es für künftige Anlageentscheidungen zu berücksichtigen gilt. Um die Herausforderungen im Anleihensegment bestmöglich zu meistern und um im Tiefzinsumfeld erfolgreich Rendite zu erwirtschaften, gab der Swiss Bond Congress den professionellen Anlegern und Risikomanagern Hinweise und Ideen aus verschiedenen Blickwinkeln. Zum einen durch Vorträge aus den Häusern Fisch und I-CV - und zum anderen durch Fachpräsentationen aus anderen Unternehmen, um deren Sichtweisen einfließen zu lassen.

Es kamen Vertreter der UBS AG, der Zurich Insurance Group Ltd., der Sulzer AG und der BKW AG zu Wort und erläuterten in den Vorträgen ihre Credit-Story und Unternehmensstrategien. Mehr als eine passende Ergänzung dazu waren die Ausführungen von Daniel Stelter, unabhängiger und Ökonom sowie Bestseller-Autor aus Deutschland. Er gilt als Querdenker erster Güte und nahm sich thematisch sowohl Banken als auch Länder vor. Stelter sorgte mit seinen pointierten Aussagen für beste Unterhaltung und interessante Sichtweisen. Er äußerte sich eindeutig: „Es gibt aktuell keinen Grund, um in Anleihen von Banken zu investieren.“ Zudem prangerte er offen die globale Schuldenproblematik an, deren Auswirkungen noch sehr schmerzhaft werden können.


Zehn Jahre Krise oder zehn Jahre vor der Krise
Nicht nur einmal stand die Frage im Raum: Waren die vergangenen zehn Jahre ein Jahrzehnt der Krise oder das Jahrzehnt vor der Krise? Das lässt sich zwar nicht abschließend beantworten, unterstreicht aber, in welchem schwierigen Umfeld Anleiheninvestoren agieren müssen. Es bereitet Sorge, dass geradezu eine Sucht nach Zentralbankgeld besteht und Risiken hintenangestellt werden. Investoren wurden beispielsweise von der EZB in längere Laufzeiten oder schlechtere Bonitäten getrieben, ohne die tatsächlichen Risiken zu berücksichtigen. Wir sind daher der Meinung, dass Anleger ihre Kreditrisiken noch genauer im Auge behalten müssen, um in dieser großen Spirale keine unliebsamen Überraschungen zu erleben.

Auf besonderes Interesse stießen die Auszüge aus der neuen I-CV-Länderstudie, die seit 2009 jährlich herausgegeben wird. Die Bonitäts-Einschätzungen der Staaten und ihrer wirtschaftlichen Entwicklungen gehören mit zu den wichtigsten Parametern, die Bondinvestoren bei ihren Anlageentscheidungen einfließen lassen sollten. Es zeigt sich aktuell, dass die Grenzen der Geldpolitik erreicht sind. Vielerorts werden andere politische Maßnahmen nötig sein, um beispielsweise eine Schuldenreduktion zu erreichen, schwache Bankensysteme zu stärken oder Reformen anzukurbeln. Entsprechend empfehlen wir Anleiheninvestoren bevorzugt Staaten mit stabilen politischen Rahmenbedingungen, intakten Bankensystemen und vorausschauender Fiskalpolitik. Beispiele sind Irland, Niederlande, Neuseeland und Südkorea. Allgemein sollten Investoren in diesem herausfordernden Umfeld die Risikowahrnehmung in den Vordergrund stellen und sich von der expansiven Geldpolitik nicht weiter in risikoreiche Anlageklassen drängen lassen.

Neben der Vortragsreihe fanden erstmals parallel Workshops statt. Swiss FinTech behandelte das Thema „Anlegen im Geld & Kapitalmarkt 3.0“ und I-CV-Experten widmeten sich thematisch der Erfüllung von Aufsichtsregeln sowie Schweizer Spitälern als Anlagewert und zeigten die Kreditanalyse im Praxistest. Die Resonanz der Workshops und die höchste Teilnehmerzahl mit über 120 Gästen bei der achten Ausgabe des seit dem Jahr 2003 ausgetragenen Kongresses unterstreicht den enormen Informationsbedarf bei den Bondinvestoren, um sinnvolle Anlageentscheidungen zu treffen. Denn trotz aller vorgetragenen Bedenken bezüglich der (geld-)politischen Entwicklungen gibt es erfreulicherweise auch im momentanen Umfeld interessante Opportunitäten im Anleihensegment.

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*) Daniel Pfister ist Mitbegründer und Geschäftsführer der Independent Credit View AG (I-CV). Vor der Gründung von I-CV im Jahr 2003 war er in verschiedenen leitenden Funktionen für das Privatbanking sowie das Kommerzgeschäft der Credit Suisse Group tätig. Er verfügt über zwanzig Jahre Erfahrung in der Finanzdienstleistungsindustrie, der Unternehmensanalyse und -bewertung. Pfister ist Betriebsökonom sowie Absolvent der International Banking School Chicago und befasst sich mit der Kundenpflege, der strategischen Positionierung und der Entwicklung des Unternehmens.