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Kommentar: Investieren und Gutes tun – funktioniert dies in der Praxis?

Nachhaltigkeit ist en vogue, das immer schneller zunehmende Angebot an ökologisch orientierten Investmentprodukten verwirrt viele Anleger. Bisweilen sind Zweifel angebracht.

Jon Sigurdsen

Viele Anleger wollen verantwortungsbewusst investieren und so einen positiven gesellschaftlichen Beitrag leisten. Rendite mit gutem Gewissen erzielen, lautet ihr Motto. Möglichst klimafreundlich in regenerativen Energien oder ethisch korrekt dank fair gehandelter Güter und Dienstleistungen soll das Vermögen vermehren.

Die Finanzindustrie hat längst reagiert, grüne Geldanlagen unterschiedlichster Ausprägung sprießen wie Pilze aus dem Boden, die Bandbreite ist immens. Allein im vergangenen Jahr wurden nach einer Auswertung des Sustainable Business Instituts mehr als 500 Fonds im deutschsprachigen Raum zum Verkauf zugelassen, die versprechen, nachhaltig zu investieren. So ist es nicht verwunderlich, dass viele Anleger in dem immer dichter werdenden Angebotsdschungel die Orientierung verlieren – und sich fragen, ob sie möglicherweise nur den Verlockungen eines Modetrends erliegen.

Vorsicht vor Greenwashing
Fakt ist: Die Emissionsprobleme rund um den Globus sind real. Der Druck, etwas zu tun, nimmt täglich zu. Nachhaltige Investments sind daher ein ebenso gesunder wie stabiler Trend, auch wenn es Bereiche gibt, die gehypt sind und die Anleger vermeiden sollten. Da es gleichzeitig immer mehr Chancen in diesem Markt gibt, erscheint ein aktives Management vor diesem Hintergrund umso wichtiger.

Die Crux: Es gibt keine einheitlichen Standards, die vorgeben, wann ein Fonds mit diesem Label versehen werden darf. Die Folge: Wo grün draufsteht, ist nicht immer grün drin. Manche Klimafonds gewichten beispielsweise die Google-Mutter Alphabet und Amazon sehr hoch – mit der Begründung, dass diese Konzerne angesichts ihrer hohen Gewinne vergleichsweise niedrige Emissionen verursachen.

Auf Basis einer traditionellen ESG-Betrachtung mag das stimmen, doch hier wird nicht die gesamte Wertschöpfungskette einbezogen. So wird gänzlich außer Acht gelassen, dass auch diese Emissionen schlecht für die Umwelt sind. Anbieter von Internet-Shopping und IT-Riesen sind gute Beispiele für das so genannte Greenwashing, wo Nachhaltigkeit nicht wirklich vorhanden ist. Allein zu argumentieren, „wer nichts Schlechtes tut, ist grün“, greift zu kurz.

Rendite hinterfragen
Anleger sollten sich daher die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmens ansehen und darauf achten, ob es in allen Geschäftsbereichen nachhaltig wirtschaftet. Dabei sollten sie sich nicht nur fragen, was diese Firma für ihre Kunden tut, sondern auch: Was geschieht bei den Kunden der Kunden? Ein Beispiel ist der im Dax gelistete Hightech-Materialien-Hersteller Covestro, an dessen Nachhaltigkeit manche Experten wegen der Erzeugung von Emissionen zweifeln. Zum Produktangebot von Covestro gehört unter anderem ein spezifisches Dämmmaterial. Es gibt zwar Emissionen bei dessen Herstellung. Aber es spart das 60fache der Produktionsemission, wenn man den Nutzen seiner Verwendung entlang der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigt. Das ist für mich ein wirklich nachhaltiges Investment.

Auch mit Blick auf die Renditechancen sollten Anleger die Augen offenhalten und sich bewusst sein, dass sie mit dem Kauf nachhaltiger Fonds ihr Exposure in bestimmten Bereichen erhöhen, andere dafür aber möglicherweise außer Acht lassen. So sind Sektoren wie das Gesundheitswesen, Telekommunikation, Verbrauchsgüter oder Finanzwerte im MSCI World-Index hoch gewichtet, während sie in grünen Fonds ein Nischendasein fristen. Laufen diese Aktien gut, verdienen Anleger mit traditionellen Investments mehr – was aber auch umgekehrt gilt.

Gerade bei starken Kursrückgängen könnten grüne Fonds aufgrund dieses Sachverhalts sogar etwas schwächer als der allgemeine Markt tendieren. Der Erfolg hängt somit vom Risikoappetit eines Anlegers ab – und davon, welche Themen am Markt gerade besonders beliebt sind.

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*) Jon Sigurdsen ist Manager des DNB Renewable Energy bei DNB Asset Management.