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Kommentar: Langen Anlagehorizont als Wettbewerbsvorteil stärker nutzen!

Pensionseinrichtungen können verstärkt in illiquide Anlagen investieren.

Tobias Bockholt

Die strategischen Allokationen von Planvermögen sind weiterhin stark von traditionellen Assetklassen wie Anleihen, Aktien und kleineren Immobilienpositionen dominiert. Mit solchen traditionellen Allokationen mit einem starken Fokus auf liquide Anlagen, stehen Pensionseinrichtungen im direkten Marktwettbewerb mit allen institutionellen Investoren – inklusive großer internationaler Akteure.

Pensionseinrichtungen haben den großen Vorteil langfristiger Verpflichtungen sowie eines gut planbaren Liquiditätsbedarfs. Analog kann daher in der Anlage verstärkt in illiquide Assetklassen investiert werden, die die gleichen Charakteristika wie „langfristig“ und „planbar“ aufweisen.

Im Bereich illiquider Strategien ist, mit Ausnahme des Immobilienmarktes, der Wettbewerb deutlich geringer und die Erträge sind gut über den Anlagehorizont prognostizierbar. Zusätzlich ist der Ertrag illiquider Kreditstrategien gegenüber klassischen Anleihen höher, da er sich aus der Vergütung des übernommen Kreditrisiko sowie der Illiquiditätsprämie zusammensetzt.

Deutsche Pensionseinrichtungen sind durch ihre langjährige Erfahrung im Bereich Immobilien mit Illiquidität im Portfolio vertraut, nutzen aber bisher nur zögerlich andere Strategien im illiquiden Spektrum. Die verstärkte Nachfrage hat zu sehr hohen Immobilienbewertungen geführt, weswegen alternative Kreditstrategien wie die direkte Unternehmens- oder Immobilienfinanzierung mehr zur Diversifizierung berücksichtigt werden sollten.

Aufgrund sich ändernden Marktgegebenheiten sowie regulatorischen Anforderungen sind alternative Renditetreiber für auskömmliche Renditen gefragt – insbesondere in Anbetracht der Wiederanlagenvolumina auslaufender Anleihen.

Diese Aussage wird sicherlich noch durch den Wegfall der Einlagensicherung für Schuldscheindarlehen und Namensschuldverschreibungen ab dem 1. Oktober dieses Jahres noch mehr in den Fokus rücken.

Solche Kreditstrategien sind oft mit Realwerten besichert, da zum Beispiel bei Immobilienkrediten im Falle eines Ausfalls der Durchgriff auf die finanzierte Immobilie gegeben ist. Ebenfalls bei direkten sowie indirekten Unternehmenskrediten („Direct Lending“ beziehungsweise „Senior Loans“) sind diese mit dem Anlagevermögen des Schuldners unterlegt. Die Besicherung spiegelt sich auch in deutlich höheren Wiedereinbringungsquoten („Recovery Rates“) bei einem Ausfall wider.

Dieser defensive Charakter schlägt sich auch in einer geringeren Volatilität und einem höheren Diversifikationsaspekt nieder. Portfolien mit einer Allokation im illiquiden Anlageuniversum haben im Vergleich zu Portfolien mit konventionellen Bond-Allokationen ein besseres Risiko-Rendite-Profil.

Darüber hinaus gibt es auch weniger defensive Strategien im illiquiden Kreditspektrum. Das sind zum Beispiel „Insurance Linked Securities“ (ILS) oder „Bank Capital Relief Trades“. Hier handelt es sich in beiden Fällen um Verbriefungen von Ausfallrisiken, also vergleichbar mit dem Geschäftsmodell einer Rückversicherung.

Analog zum Bankensektor, in dem aus regulatorischen Gründen die Unternehmensfinanzierung immer öfter direkt über Investoren erfolgt, übernehmen auch im Rückversicherungsgeschäft immer häufiger Fonds diese Aufgabe. Rückversicherungen nutzen vermehrt die Möglichkeit über die Begebung von zum Beispiel „Katastrophen-Anleihen“ eigene Risiken an den Kapitalmarkt weiterzureichen. Inzwischen haben kapitalmarktgedeckte Rückversicherungen am Gesamtmarkt mit rund 420 Mrd. US-Dollar per Ende 2016 einen Anteil von 18% erreicht und sind im vergangenen Jahr um weitere 4% gewachsen. (Quelle Willis Re, Ende Dezember 2016) Mit Blick auf das Renditeniveau im ILS-Markt sind für konservative ILS-Portfolien um die 4% p.a. realistisch, während eher aggressivere Strategien zwischen 7-11% erzielen können.

Die sogenannten „Bank Capital relief trades“ sind von ihrem Ansatz her vergleichbar mit dem ILS-Markt, nur werden in diesem Fall bestehende Kreditausfallrisiken durch die Banken an den Kapitalmarkt und somit an spezialisierte Fondsinvestoren weitergereicht. Die Vorgehensweise ist hier so, dass spezialisierte Asset Manager volle Transparenz auf das bestehende Kreditbuch einer Bank erhalten und sich Kreditportfolien zusammenstellen können, für die sie bei einem Ausfalls das Risiko tragen. Durch die volle Transparenz wird das klassische „Principle-Agent Problem“ gelöst und nicht nur die „schlechten“ Kredite seitens der Bank über Dritte rückgedeckt. Aufgrund der eigenkapitalbefreienden Natur dieser Anlagestrategie (bestehendes Eigenkapital wird hierdurch in Absprache mit den Regulierungsbörden wieder freigegeben), sind auch mit solchen Strategien Renditeniveaus – je nach Risikofreudigkeit – in gleicher Größenordnung wie im ILS-Markt erzielbar.

Betrachtet man die Anleiheallokationen über die Zeit, so werden diese oft in einem „Buy & Hold“ Ansatz – also ohne Nutzung der Liquidität – im Portfolio gehalten. Insbesondere finden sich hier verstärkt Schuldscheindarlehen und Namensschuldverschreibungen mit dem Verweis auf die vermeintliche Sicherheit durch die bisher geltende Einlagensicherung. Das Thema der Einlagensicherung ist in Kürze auch kein Argument mehr, da sie für institutionelle Investoren Ende des Jahres wegfällt. Eine Schlussfolgerung ist, dass die tägliche Handelbarkeit dieser Papiere nicht das entscheidende Kriterium ist und Anleger von Pensionsgeldern mit Illiquidität im Portfolio vertraut sind.

Als letztes Argument für eine stärke Berücksichtigung im Rahmen der Anlage von Planvermögen ist die Größe des illiquiden Kreditmarktes zu nennen. Dieser ist im Vergleich zum Markt notierter (liquider) Anleihen um etwa 50% größer und wird aufgrund der abnehmenden Kreditvergabe durch die Banken (Auswirkung von Basel III) in der Zukunft weiter wachsen.

Als Wehrmutstropfen für die Investition im illiquiden Bereich ist anzumerken, dass diese Strategien generell einerseits im Verständnis und andererseits in der Umsetzung komplexer sind. Daher geht die höhere Komplexität mit einer höheren Governance-Anforderung an die Entscheidungsgremien einher.

Eine eingehende Portfolioanalyse und des langfristigen Liquiditätsbedarfs ist Voraussetzung, um die mögliche Allokation in illiquide Strategien zu bestimmen. Zur Befüllung der ermittelten Quote ist eine profunde Selektion von vorhandener Strategien nach Maßgabe interner und externer Vorgaben durchzuführen und auf Implementierbarkeit zu überprüfen. In diesem Zusammenhang muss auch das vorhandene Governance-Budget berücksichtigt und gegebenenfalls für die Analyse, Auswahl und Umsetzung externe Dritte zu Rate gezogen werden.

Der Markt für illiquide Anlagen ist inzwischen auch indirekt von der aktuellen Zentralbankpolitik beeinflusst, da Gelder bereits auf der Suche nach auskömmlichen Renditen vermehrt aus traditionellen Anlagen umgeschichtet werden. Dies hat zu einer leichten Verringerung der Illiquiditätsprämie auf Gesamtmarktebene geführt, womit die Suche und Selektion von illiquiden Strategien mit fairen Bewertungen anspruchsvoller geworden ist und entsprechende Know-how erfordert.

Anleger von Pensionsgeldern sollten daher ihren langfristigen Anlagehorizont als Wettbewerbsvorteil stärker zur Nutzung von Illiquiditätsprämien einsetzen.

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*) Tobias Bockholt ist Senior Investment Consultant bei Willis Towers Watson.