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Kommentar: Mit gutem Gewissen

Institutionelle Investoren sorgen ganz entscheidend dafür, dass immer mehr Gelder nachhaltig investiert und verwaltet werden. Ein neuer Aktionsplan der EU-Kommission und gute Anlageergebnisse nachhaltiger Anlageinstrumente liefern entsprechende Argumente für die Annahme, dass sich dieser Aufwärtstrend fortsetzt.

Steffen Merker

Die anhaltend niedrigen Zinsen setzen viele gemeinnützige Stiftungen unter Druck. Denn die Erträge des Stiftungsvermögens reichen häufig kaum aus, damit die Stiftung nach Abzug der Verwaltungskosten ihrem eigentlichen Stiftungszweck nachkommen kann. Ähnlich herausfordernd ist die Situation für gemeinnützige Organisationen, aber auch deren Pensionskassen, die das Leistungsversprechen gegenüber ihren Beitragszahlern erfüllen müssen.

Bei allem Sicherheitsdenken in puncto Geldanlage stellen viele Investoren aus dieser Gruppe besondere Ansprüche an die Renditeerwartung ihrer Investments, mit deren strategischer Umsetzung sie vielfach einen Asset-Manager beauftragen. Zunehmend spielt dabei das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. Denn beide Seiten – die institutionellen Investoren aus dem öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Sektor ebenso wie die mandatierten Asset-Manager – sind gefordert, ganz umfassenden Pflichten nachzukommen. Schließlich agieren sie lediglich als Treuhänder der ihnen anvertrauten Mittel.

Dabei gilt es, alle Interessen der Geldgeber zu berücksichtigen. Dies betrifft nicht nur das Ziel, eine stabile, attraktive Rendite zu erzielen, sondern auch den Wunsch nach der Berücksichtigung ethischer, sozialer und ökologischer Kriterien bei der Geldanlage. Tun sie dies nicht, riskieren sie neben der Verletzung ihrer Obliegenheitspflichten zusätzlich auch eine Beschädigung ihrer Reputation – ihres wichtigsten Assets. Ein Sturm der Empörung in den sozialen Medien zum Beispiel wegen eines ökologisch zweifelhaften Investitionsprojektes ist in diesem Fall noch das geringste Problem.

Um dieses Thema von vornherein zu adressieren, empfiehlt es sich, dass beide Seiten – Investor und Asset-Manager – noch zu Anfang ihrer Zusammenarbeit definieren, was sie jeweils unter Nachhaltigkeit beziehungsweise nachhaltigen Investments verstehen. Ein gutes Beispiel dafür, wie dieser Prozess ablaufen kann, bietet die Diakonie Stetten. Dieses Sozialunternehmen unterhält in und um Stuttgart herum eine Vielzahl von Einrichtungen für Menschen mit geistigen Behinderungen und deren Familien, für junge Menschen mit Förderbedarf, Kinder, Jugendliche und Senioren. Dazu gehören zum Beispiel Wohn-, Arbeits-, Förder- und Ausbildungsplätze in Tochterunternehmen. Das Geld für die betriebliche Altersvorsorge der rund 3.800 Mitarbeiter wird so angelegt, wie es dem Leitbild der Diakonie entspricht, die sich für Inklusion einsetzt und einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der UN-Behindertenrechts-Konvention leistet. Investments, die diese Ziele konterkarieren, sind daher grundsätzlich ausgeschlossen.

Um den Anlageprozess in dieser Hinsicht richtig aufzusetzen und zu gestalten, hat sich die Diakonie Stetten schon vor mehreren Jahren für eine Zusammenarbeit mit der LBBW Asset Management – kurz LBBW AM – entschieden. Die LBBW AM managt bereits seit 2008 einen Spezialfonds, in dem die von der Diakonie Stetten eingezahlten Vorsorgegelder für deren Mitarbeiter verwaltet werden.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit hat es intensive Gespräche zwischen beiden Parteien zum Thema Nachhaltigkeit und nachhaltiges Investieren gegeben. Unter anderem haben die Diakonie Stetten und die LBBW AM gemeinsam erarbeitet, was beide unter dem Thema Nachhaltigkeit verstehen beziehungsweise wie sie sich eine Umsetzung im Rahmen einer Anlagestrategie vorstellen. Auf Basis der Leitlinien der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist daraufhin ein Best-in-Class-Ansatz mit strengen Ausschlusskriterien entwickelt worden. Dieses Konzept wurde im nächsten Schritt 2013 in den Anlageprozess des Spezialfonds implementiert, der seitdem nach diesem Nachhaltigkeitsansatz gemanagt wird.

Der nachhaltigkeitsorientierte Ansatz der LBBW AM und der Diakonie Stetten ist nur ein Beispiel dafür, dass Geldanlagen nach umwelt-, sozial- und Governance-verträglichen Faktoren (engl.: Environment, Social, Governance, kurz ESG) gerade unter institutionellen Investoren immer mehr Anhänger finden. Diese Art des Investments gilt schon lange nicht mehr als abseitige Idee von selbsternannten Weltverbesserern. Im Gegenteil: Der Markt wächst rasant und vieles spricht dafür, dass das Volumen der Assets under Management (AuM) im Bereich ESG-Anlagen in den kommenden Jahren noch dynamischer wachsen wird. Institutionelle Investoren werden daran allem Anschein nach einen entscheidenden Anteil beitragen. Aktuellen Zahlen des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG) zufolge waren im Jahr 2016 insgesamt rund 420 Mrd. Euro in der DACH-Region in Form von Investmentfonds, Vermögensverwaltungsmandaten und anderen Investmentlösungen in nachhaltigen Anlagen investiert. Das ist ein Zuwachs gegenüber dem Vorjahr von 29%. Knapp die Hälfte der allein in Deutschland gehaltenen ESG-Volumina entfallen dabei auf öffentliche Pensions- und Reservefonds (43%). Dazu kommen Versicherungen, betriebliche Pensionsfonds, kirchliche Institutionen und Wohlfahrtseinrichtungen sowie Stiftungen, so dass in Deutschland 90% der ESG-Anlagen von institutionellen Investoren gehalten werden.

Die dynamische Aufwärtsentwicklung spüren wir auch in unserem eigenen Hause. Die bei der LBBW Asset Management nach Nachhaltigkeitskriterien verwalteten Gelder (Assets under Management, kurz AuM) haben sich seit 2002 von wenigen Millionen Euro auf rund 19 Mrd. Euro im Jahr 2017 vervielfacht.

Investoren, die ESG-Anlagen bislang zurückhaltend betrachtet haben, werden umdenken müssen. Das Vorurteil, dass bei einer Fokussierung auf ESG-Anlagen Abstriche bei der Rendite zu machen sind, weil der Investmentkosmos eingeschränkt wird, andererseits aber bestimmte Branchen oder Themen, wie etwa Erneuerbare Energien, im Portfolio übergewichtet werden, überzeugt jedenfalls nicht mehr. Zahlreiche empirische Studien zeigen, dass Portfolios, die nach Nachhaltigkeitskriterien zusammengestellt werden, keinen systematischen Nachteil in puncto Rendite und Risiko gegenüber herkömmlichen Anlagen haben. Aktuelle Zahlen deuten eher im Gegenteil darauf hin, dass nachhaltige und ethische Anlagen im Fünfjahres-Vergleich sogar eine leicht höhere Rendite erzielt haben als die allgemeine Referenzgruppe.

So hat zum Beispiel der Fonds LBBW Nachhaltigkeit Aktien, der in die unter nachhaltigen Aspekten besten Unternehmen investiert, über einen 5-Jahres-Zeitraum mit einer Performance von 62% im Vergleich besser abgeschnitten als der Stoxx Europe 600, der in dem selben Zeitraum nur rund 44% zulegen konnte (Stand: 1. März 2018).

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*) Steffen Merker ist Nachhaltigkeitsexperte und Fondsmanager bei der LBBW Asset Management.