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Kommentar: Trotz EZB-Anleihekaufprogramm - Unternehmensanleihen bleiben attraktiv

Renteninvestoren müssen bereits mit sehr niedrigen Renditen zurechtkommen – insbesondere vor dem Hintergrund des EZB-Anleihekaufprogramms könnte das institutionelle Asset Management im Segment Unternehmensanleihen schwieriger werden. Welche Auswirkungen sind im Detail auf aktives als auch passives Asset Management zu erwarten?

Karsten Rosenkilde und Eric Wiegand (unten)

Der Anleihemarkt in Europa befindet sich schon seit einiger Zeit in einer schwierigen Phase. Zwar ist das Volumen an emittierten Unternehmensanleihen seit Anfang 2015 stark gestiegen. Viele Firmen nutzen das niedrige Zinsniveau, um sich günstig Kapitel zu beschaffen. Jedoch ist gleichzeitig das gehandelte Sekundärmarktvolumen an Unternehmensanleihen in Europa wie auch in den USA in den vergangen Jahren deutlich zurückgegangen. Beispielsweise höhere Eigenkapitalanforderungen für Banken beim Rentenhandel gelten als ein Grund für diese Entwicklung. Im Ergebnis fehlen Marktteilnehmer, die für Liquidität im Bondmarkt sorgen.

Nun wird durch die jüngsten Aktivitäten der Europäischen Zentralbank (EZB) die Arbeit von Asset Managern noch ein Stück komplexer. Denn seit der vergangenen Woche wird das bereits bestehende Anleihekaufprogramm durch Unternehmensanleihen ergänzt. In dem so genannten Corporate Sector Purchase Programme (CSPP) können künftig Corporate Bonds, die von Unternehmen mit Sitz in der Europäischen Union emittiert wurden und ein Investment-Grade-Rating besitzen, von der EZB gekauft werden. Es wird erwartet, dass die EZB im Monat Anleihen in Höhe von bis zu zehn Milliarden Euro kauft.

Warum sorgt das Kaufprogramm der EZB für Kopfzerbrechen? Zunächst einmal verbessern sich durch das Auftreten eines neuen Käufers die Refinanzierungsbedingungen für viele Unternehmen. Zudem sollte sich die Volatilität im Markt für Unternehmensanleihen verringern. Denn in Zeiten von Marktstress, wie es zum Beispiel im Herbst 2015 zu beobachten war, würde ein großer Käufer für eine stetige Nachfrage und somit eine größere Stabilität sorgen.

Die Schwierigkeit ist aber: Bereits nach Bekanntgabe des CSPPs sind Anleihe-Emissionen sprunghaft angestiegen, auf mehr als 49 Mrd. Euro alleine im März 2016. 
Damit verteilt sich das weiter geringe Handelsvolumen am Anleihemarkt auf einen noch größeren Bond-Pool. Außerdem: Mit dem CSPP-Start könnte das bereits niedrige Renditeniveau im Corporate-Bond-Segment weiter sinken.

Für das passive Asset Management gilt, dass sich indexorientierte Marktteilnehmer wie zum Beispiel ETF-Anbieter an die neuen Rahmenbedingungen anpassen müssen. Zwar bieten Renten-ETFs grundsätzlich zusätzliche Liquiditätsressourcen. Denn ein ETF bündelt hunderte Anleihen in einem Produkt, das standardisiert und transparent zu einem Börsenpreis gehandelt wird. ETFs schaffen so über die Börse als Sekundärmarkt eine zusätzliche Liquiditätsebene für Anleiheinvestments.

Allerdings herrschen spätestens seit dem Start des CSPP neue Marktbedingungen vor. Daher kann es sinnvoll sein, Corporate-Bond-ETFs mit angepassten Indizes aufzulegen, die von den klassischen Ratingregeln abweichen. Beispielsweise könnten die Indizes aufgrund des reduzierten Renditeniveaus nur diejenigen Investment-Grade-Bonds mit den höchsten Renditen enthalten. Zudem sollten die Indizes Anleihen nicht automatisch ausschließen, wenn sie von einem Investment-Grade-Rating heruntergestuft werden. Die oft beobachteten Preisverluste dieser als „Fallen Angels“ bezeichneten Anleihen können durch diese Buy-and-Hold-Strategie in Regel wieder aufgeholt werden. Insgesamt bieten solche so genannten „Yield-Plus-Strategien“ ein erhöhtes Renditepotenzial bei nur moderat erhöhtem Risiko und nahezu identischer Duration.

Die neuen Marktbedingungen bei Unternehmensanleihen würden allerdings eine weitere Änderung sinnvoll erscheinen lassen: Nach Auflage eines solchen Corporate-Bond-Yield-Plus-ETF sollten den ersten Investoren („Early Birds“) vorübergehend mit einer reduzierten Pauschalgebühr der Einstieg in solche neuen ETFs erleichtert werden. Denn nach dem Start des EZB-Programms ist mit höheren Transaktionskosten bei Corporate Bonds zu rechnen. Die sogenannten Skaleneffekte des ETFs wirken erst, wenn der ETF eine gewisse Größe erreicht hat. Dann sinken die Handelskosten und damit auch die Gesamtkosten („Total Cost of Ownership“) für alle Investoren. Die Deutsche Asset Management sieht bei einem neuen Yield-Plus-ETF auf Unternehmensanleihen eine Reduzierung der Pauschalgebühr um 60% bis zum Jahresende vor.

Auch für aktive Portfoliomanager haben diese neuen Rahmenbedingungen eine Reihe von Auswirkungen. Die Investition in Euro-Anleihen heimischer Firmen guter Bonität, der Kern des EZB-Kaufprogramms, wird komplexer. Eine Möglichkeit sind Ausweichstrategien. Investoren dürften, sofern es die Anlagerichtlinien erlauben, Euro-Anleihen von Unternehmen aus Nordamerika, Asien oder europäischen Ländern außerhalb des Euro-Raumes ins Portfolio aufnehmen. Eine andere Möglichkeit ist, die Bandbreite an Anleihearten für Investitionen zu erweitern. Aktive Fondsmanager können sich intensiver Hybrid- oder Nachranganleihen, Pfandbriefe oder strukturierte Anleihen ansehen. Eine weitere mögliche Strategie bleibt vielen Anlegern, vor allem aus dem institutionellen Bereich, aufgrund der hauseigenen Vorschriften oder regulatorischen Anforderungen allerdings verwehrt. Hier geht es um Anleihen ohne Investment-Grade-Rating, die zum Teil deutlich höhere Renditen bieten. Durch die höhere Nachfrage kommt es bereits seit einigen Wochen zu steigenden Kursen im Hochzins-Segment.

Jedoch ist trotz des EZB-Programms hervorzuheben: Insgesamt bleibt aus Sicht eines aktiven Portfoliomanagers der Unternehmensanleihen-Sektor trotz der zuletzt gesunkenen Renditen weiter interessant. Der Risikoaufschlag für Investment-Grade-Anleihen liegt mit aktuell 125 Basispunkten noch deutlich über dem Niveau vom Frühjahr 2015. Eine weiterer Rückgang des Spreads und damit verbundene Kurssteigerungen sind aufgrund bisheriger Erfahrungen zumindest möglich.

Fazit
Insgesamt wird das EZB-Programm voraussichtlich bei Investment-Grade-Bonds zu sinkenden Renditen und einer noch stärker angespannten Liquidität führen. Jedoch haben sowohl aktive wie auch indexgebundene Portfoliomanager haben Möglichkeiten gegenzusteuern. So können Renteninvestoren dennoch an attraktive risikoadjustierte Renditen partizipieren.

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*) Karsten Rosenkilde ist Senior Portfolio Manager for Investment Grade Credit, Deutsche AM, Eric Wiegand ist ETF Strategist EMEA, ebenfalls bei der Deutsche AM.


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