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Kommentar Unternehmensanleihen: Europeripherie wieder im Fokus

Der aktuelle Expertenkommentar aus dem Hause DB Advisors befasst sich mit dem Markt für europäische Unternehmensanleihen mit Investment Grade-Rating. Trotz weiterhin attraktiver Risikoaufschläge verstärkt sich der fundamentale Gegenwind für europäische Unternehmensanleihen. Investoren, die nicht an der vergangenen Rallye partizipiert haben, könnten jetzt noch Unternehmensanleihen im Portfolio aufbauen.

Thomas Höfer

Positiver Start ins Jahr 2012
Im ersten Quartal 2012 zeigte der Euro Investment-Grade-Unternehmensanleihemarkt eine deutlich positive Entwicklung. Der Mehrertrag gegenüber durationsadjustierten Bundesanleihen betrug in den ersten drei Monaten des Jahres fast 430 Basispunkte (bps). Angeführt wurde diese Bewegung von Anleihen aus dem Finanzsektor, die einen Mehrertrag von über 550 bps lieferten. Die Einengung der Credit Spreads von Investment-Grade-Unternehmensanleihen setzte sich im März fort, allerdings mit einem deutlich verringerten Momentum. Nachdem die Spread-Einengung im Januar 44 bps und im Februar 34 bps. betragen hatte, lag die Verringerung der Risikoaufschläge im März nur noch bei 19 bps.

Diese Bewegung wurde von vorrangigen unbesicherten und Lower Tier 2 Anleihen aus dem Finanzsektor getragen, während das Tier 1 Segment eine Schwächephase erlitt und eine Underperformance von 50 bps gegenüber Bunds zeigte. Obwohl das fundamentale Sentiment recht positiv bleibt, erscheint die Bewertung vieler Unternehmensanleihen nach den jüngsten Spread-Einengungen ambitioniert. Auch am Primärmarkt scheint die Zeit der großzügigen Neuemissionsprämien und der starken Überzeichnungen vorbei zu sein.


Primärmarkt allmählich im ruhigen Fahrwasser
Während im Januar und Februar zahlreiche Neuemissionen noch mit Prämien von bis zu 40 bps über der Sekundärmarktkurve angekündigt wurden, sahen wir im März auch Neuemissionen ohne jeden Aufschlag zur Kurve, die aufgrund hoher Nachfrage zum Teil auch enger gepreist werden konnten. Anleihen hoher Bonität aus dem Industriebereich blieben stark überzeichnet, während die Nachfrage nach Anleihen aus dem Finanzsektor nachzulassen schien. Einhergehend mit der wenig generösen Preisfindung entwickelten sich zahlreiche Anleihen nach der Emission negativ und notieren heute unter ihrem Ausgabepreis.

Da Neuemissionen nun keine Selbstläufer sind, konzentrieren sich Anleger nun wieder vermehrt auf fundamentale Faktoren. Nachdem der griechische Schuldentausch verarbeitet wurde, rücken nun andere Problemfälle in der Eurozone wieder in den Fokus der Marktteilnehmer, allen voran Spanien.

Der Finanzsektor bleibt zudem unter dem Einfluss der anhaltenden Diskussion um die Einführung und Ausgestaltung EU-weiter Restrukturierungsgesetze. Der zweite LTRO wurde von einer großen Anzahl von Banken in Anspruch genommen, hatte jedoch im Vergleich zum ersten nur einen begrenzten Überraschungseffekt. Nicht zuletzt haben nun die meisten Banken Anleiherückkäufe zur Optimierung ihrer Kapitalstruktur durchgeführt, und auch aufgrund der gestiegenen Kurse dürften nicht mehr viele solcher Rückkäufe zu erwarten sein.


Perspektiven
Die schrittweise Spread-Einengung im März sollte sich unseres Erachtens weiter fortsetzen. Obwohl sich die Risikoaufschläge in den vergangenen Monaten schon deutlich verringert haben, liegen sie immer noch oberhalb der Niveaus von 2010 oder Anfang 2011, ganz zu schweigen von den Vorkrisenniveaus Anfang 2007. Investoren, die an der vergangenen Rallye noch nicht voll partizipiert haben, sollten daher die aktuellen Spread Levels weiterhin als attraktiv erachten und Unternehmensanleihen aufbauen. Andererseits verstärkt sich der Gegenwind von fundamentaler Seite. Jenseits des Atlantiks werden weitere quantitative Lockerungsmaßnahmen seitens der Zentralbank unwahrscheinlicher, da sich die wirtschaftliche Gesamtsituation zu verbessern scheint.

Fazit
Der Mangel an weiterer quantitativer Lockerung schlägt sich negativ im Investorensentiment nieder. In der Eurozone stehen im April Präsidentschaftswahlen in Frankreich an. Aus der Europeripherie sind zudem weitere negative Nachrichten zu erwarten. Die Europäische Zentralbank scheint vorerst weder Zinsbewegungen noch weitere außerordentliche Maßnahmen zu planen, wir erwarten jedoch weitere Stützungsmaßnahmen im Falle einer Verschlechterung der wirtschaftlichen und fiskalischen Daten. Insgesamt sollten sich die Risikoaufschläge von Investment-Grade-Unternehmensanleihen weiter einengen, die Geschwindigkeit sollte sich jedoch im Vergleich zum Jahresbeginn verlangsamen.


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*) Thomas Höfer, Portfolio Manager, Head of Financial Credit Europe, DB Advisors.
Kontakt: thomas.hoefer(at)db.com bzw. Tel. +49 (69) 71 706 – 3190