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Kommentar Unternehmensanleihen: Nervosität an den Märkten

Nach einem starken Jahresbeginn wird der Markt erneut von Unwägbarkeiten wie dem spanischen Rating-Risiko oder den italienischen Wahlen beherrscht. Abwarten heißt die Devise aufgrund der unsicheren Nachrichtenlage.

Thomas Höfer

Rückblick
Nach einem starken Jahresbeginn im Markt für Euro-Investment-Grade-Unternehmensanleihen endete der Januar mit einigen rauen Handelstagen. Auf starke Spread-Einengungen in den ersten beiden Januarwochen folgte eine deutliche Reversion, so dass am Monatsende der Risiko- aufschlag auf Indexebene nur 3 Basispunkte niedriger lag als am Anfang. Dies entsprach einem Mehrertrag gegenüber durationsadjustierten Bunds von 7 Basispunkten. Der Gesamtertrag des Index war mit -116 stark negativ, was auf den ausgeprägten Zinsanstieg zurückzuführen ist.

Während der Ertrag in kerneuropäischen Unternehmensanleihen sowohl im Finanz- als auch im Industriebereich quasi dem von Bundesanleihen entsprach, war in der Peripherie abermals eine deutliche Outperfor- mance von Finanzanleihen (85 Basispunkte über Bunds) gegenüber Non-Financials (19 Basispunkte unter Bunds) zu verzeichnen. Innerhalb der Kapitalstruktur von Finanzanleihen beobachteten wir erneut eine starke Outperformance von Nachranganleihen.

Senioranleihen warfen kaum einen Mehrertrag gegenüber Bunds ab, während er bei Lower-Tier-2-Anleihen bei 50 Basispunkten und im stark nachrangigen Bereich sogar bei 85 Basispunkten lag. Allerdings ist dies auf eine stabile Entwicklung im Banken- sektor zurückzuführen. Der Versicherungssektor lieferte insbesondere im Nachrangbereich weniger erfreuliche Zahlen.

Zum Jahresbeginn profitierte der Unternehmensanleihemarkt von der generellen Risikofreude der Marktteilnehmer wegen des Kompromisses bezüglich der US-Fiskal- klippe. Obwohl das Problem nur um wenige Monate aufgeschoben ist, scheint dieses Thema für die Märkte momentan weit in den Hintergrund geraten zu sein.

Andere Unwägbarkeiten wie das spanische Rating-Risiko oder die italienischen Wahlen wurden zunächst von den Märkten ebenfalls ignoriert, und die Risikoaufschläge engten sich weiter ein.

Zu Jahresbeginn sahen wir zahlreiche Neuemissionen aus Ländern der Europeripherie, darunter einige Bankanleihen mit Ratings, die teilweise oder ganz im spekulativen Bereich lagen. Dies war tonangebend für den Jahresbeginn. Auf der anderen Seite emittierten allerdings einige defensive Unternehmen länger laufende Anleihen, die kaum eine Prämie zur Sekundärkurve mehr aufwiesen. Aufgrund dessen blieb die Nachfrage nach einigen dieser Emissionen hinter den Erwartungen zurück, was in Summe zu einer mageren Primärmarkt-Performance führte.


Ausblick
Investoren scheinen im Moment abzuwarten, zumal auch am Primärmarkt momentan deutlich verhaltener agiert wird als noch zu Jahresbeginn. Händler bleiben ebenfalls auf der vorsichtigen Seite, unsicher, ob die jüngste Spread-Ausweitung schon zum Nachkaufen einlädt oder ob es hierfür noch zu früh ist.

Wir sehen die aktuelle Spread-Entwicklung als Korrektur der starken Einengung aus dem vierten Quartal 2012 und den ersten beiden Januarwochen, die sich durchaus noch etwas fortsetzen kann.

Die Nachrichtenlage bleibt vorerst gemischt. Während die aus den USA kommenden Wirtschaftsdaten ein freundliches Bild zeichnen, überraschen einige europäische Länder weiterhin auf der negativen Seite. Anfang Februar wurden zudem die viert- größte niederländische Bank SNS verstaatlicht und Nachranganleiheinhaber sowie Aktionäre enteignet. Senioranleihen blieben außen vor, und wir gehen nicht davon aus, dass dieser Fall langfristig negative Auswirkungen auf den Finanzsektor haben wird - kurzfristig wird die Nervosität an den Märkten davon jedoch nur noch weiter angestachelt.

Strukturell sehen wir jedoch weiterhin den Boden geebnet für weitere Spread-Einengungen. Die Nachfrage nach Unternehmensanleihen sollte das Angebot noch für längere Zeit deutlich übersteigen, und die Suche nach Rendite sollte die Spread-Einengung zwischen Anleihen aus der Peripherie und dem Kern der Eurozone weiterhin unterstützen. Die italienischen Wahlen können kurzfristig für Aufregung an den Märkten sorgen, und das spanische Ratingthema ist vorerst ungelöst, aber die EZB bleibt in unseren Augen als letzte Instanz an den Märkten präsent und sollte einer massiven Spread-Ausweitung entgegen stehen. Wir bleiben konstruktiv für Unternehmensanleihen.

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*) Thomas Höfer, Portfolio Manager, Head of Financial Credit Europe, Deutsche Asset & Wealth Management.
Kontakt: thomas.hoefer(at)db.com bzw. Tel. +49 (69) 71 706 – 3190