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Kommentar: Währungen aus Schwellenländern feiern ihr Comeback

Verschiedene Gründe sprechen aus unserer Sicht für ein schwieriges Umfeld für den US-Dollar: Das BIP wächst nicht mehr so schnell (der IWF rechnet für die USA nach einem Wachstum von 2,9% im Jahr 2018 nur noch mit einem Plus von 2,5% für 2019), der Zinserhöhungszyklus der Fed ist in einem späten Stadium angelangt, und die Bewertungen des US-Dollar sind bei einem realen effektiven Wechselkurs, der 14% über dem zehnjährigen Durchschnittswert liegt, nun ausgereizt.

Koon Chow

Wenn und falls der US-Dollar seinen Höchststand erreicht, dann wohl auf einem holprigen Weg. Schließlich schürt eine Konjunkturabkühlung in den USA Ungewissheit über die weltweite wirtschaftliche Entwicklung und sorgt so für Volatilität in allen Anlageklassen. Verschärft werden die Schwankungen zudem dadurch, dass das Tempo bei der Rückkehr zur geldpolitischen Normalisierung von Region zu Region immer weiter auseinandergeht.

Vor diesem Hintergrund wird zwar nicht jede einzelne Schwellenlandwährung gegenüber dem US-Dollar gleichmäßig zulegen können. In der Gesamtbetrachtung gibt es aber durchaus Gründe, von einem allgemeinen Anstieg auszugehen: Anders als in den USA dürfte das BIP-Wachstum in den Schwellenländern 2019 mit rund 4,7% (den IWF-Prognosen zufolge ähnlich wie 2018) robust bleiben; außerdem sind Schwellenländer-Währungen nach mehreren Jahren, in denen sie gegenüber dem Dollar nachgegeben haben, grundsätzlich attraktiv bewertet.

Die besten Voraussetzungen bieten dabei die Schwellenländer-Währungen, die strukturell am wenigsten anfällig für Ausschläge im globalen Marktumfeld sind. Bei welchen Währungen dies der Fall ist, lässt sich historisch betrachtet an einer Reihe von Schlüsselfaktoren ablesen. Auf eine geringe Anfälligkeit für solche Schwankungen weisen etwa ein niedriges Niveau der kumulierten Portfoliozuflüsse von ausländischen Anlegern, ein Leistungsbilanzüberschuss oder nur geringes -defizit, eine in der Vergangenheit moderate Kreditausweitung in einem Land sowie eine geradlinige reale Wechselkursentwicklung und hohe Devisenreserven hin. Unserer Analyse zufolge erfüllt eine Reihe von Schwellenländer-Währungen die meisten dieser Kriterien und weist gleichzeitig einige positive zyklische Faktoren auf, die für eine Aufwertung gegenüber dem US-Dollar sprechen. Dazu gehören, sortiert nach unserer Präferenz, der Brasilianische Real, die Indonesische Rupiah, die Indische Rupie und der Polnische Zloty.

Der Brasilianische Real hat davon profitiert, dass er nach der Wahl eines unternehmensfreundlichen Präsidenten im Oktober 2018 mit einem geringeren Risikoaufschlag bewertet wurde. Und auch für die kommenden Monate birgt die Währung immer noch Aufwärtspotenzial, unter anderem aufgrund der von der neuen Regierung ausgegebenen Ziele, Anteile an Staatsbetrieben, Ölförderrechte sowie Staatsimmobilien zu verkaufen und die dringend notwendige Rentenreform in Brasilien voranzutreiben. Am stärksten dürften dabei die Privatisierungen und damit zusammenhängende Deregulierungsmaßnahmen den Real stützen, indem sie dem BIP-Wachstum und den Renditen auf Investments in Brasilien Auftrieb geben.

Wir glauben, dass die Indonesische Rupiah gegenüber dem US-Dollar möglicherweise noch mehr Boden gutmachen wird. Indonesien kann bereits eine recht ansehnliche Leistungsbilanz vorweisen, die sich – gestützt durch die Entscheidung der Regierung, die öffentlichen Investitionen zu drosseln, und dank der Zinserhöhungen der Zentralbank um 175 bps im Jahr 2018 – noch weiter verbessern dürfte. Durch den Zinsanstieg werden die Importe vermutlich zurückgehen, ohne dass das BIP-Wachstum dadurch erheblich belastet wird. Der IWF erwartet sowohl 2018 als auch 2019 einen BIP-Rückgang um 2,4%. Wir glauben dagegen, dass das Ergebnis 2019 am Ende besser ausfallen könnte.

Die Indische Rupie ist nicht nur strukturell weniger anfällig geworden, sondern wird derzeit auch durch niedrige Ölpreise und eine stark reduzierte Importbilanz für das Land unterstützt. Mit der verbesserten Leistungsbilanzdynamik und den immer noch ansehnlichen BIP-Wachstumsraten dürften Portfolio-Gelder zurück in das Land fließen und damit die Kapitalabflüsse von 6,6 Mrd. US-Dollar im Jahr 2018, verursacht durch die zuvor hohen Ölpreise und die starke Inflation, wieder ins Gegenteil verkehren.

Positiv sehen wir auch den Polnischen Zloty wegen seiner günstigen Bewertung und der Aussicht auf ein weiterhin robustes, vom Inlandskonsum getragenes BIP-Wachstum in Polen. Der Zloty entwickelt sich gegenüber dem US-Dollar tendenziell wie eine Hebelversion des Euro: Positive europäische Fundamentaldaten, die eine Aufwertung des Euro gegenüber dem Dollar stützen, strahlen auf die polnische Wirtschaft aus und lassen den Zloty so sogar noch stärker ansteigen. In den ersten Monaten des Jahres 2019 wird dieser Zusammenhang den Zloty wahrscheinlich zunächst in seiner Entwicklung bremsen, dürften doch die unlängst eingetretene (vorübergehende) Konjunkturabkühlung im Euro-Währungsgebiet, die Haushaltskrise in Italien sowie der Brexit den Euro/US-Dollar-Wechselkurs belasten. Wenn diese Negativfaktoren abklingen, hat der Euro jedoch alle Chancen auf eine Aufwertung gegenüber dem US-Dollar, was dem Zloty zusätzlichen Auftrieb verleihen dürfte.

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*) Koon Chow ist EM Macro und Devisenstratege bei Union Bancaire Privée (UBP).