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Kommentar: Warum Schwellenländeranleihen zunehmend an Bedeutung gewinnen

Mehr und mehr entwickeln sich Schwellenländeranleihen zu einem festen Bestandteil eines jeden Anlegerportfolios. Diese Entwicklung scheint dabei kein kurzfristiger Trend zu sein, sondern lässt sich gleich auf mehrere langfristige Trends zurückführen. Es lassen sich wesentliche Aspekte analysieren, weshalb Investoren sich zunehmend für diese Anlageklasse interessieren und diese an Bedeutung gewonnen hat.

Eric Wiegand

Ein zentraler Punkt ist die deutlich gewachsene Attraktivität des Emerging Markets Bonds Segmentes. Zum einen lässt sich ein starkes Wachstum des Marktsegmentes US-Dollar Anleihen feststellen, die von öffentlichen Institutionen in Schwellenländern begeben werden. So hat sich das weltweit ausgegebene Volumen dieser Anleihen von 1994 bis Mitte 2018 von 110 auf 870 Mrd. US-Dollar vervielfacht. Dies bietet Investoren ein größeres, breit diversifiziertes Universum, einhergehend mit einem geringeren Risiko bei Währungsschwankungen, als zum Beispiel Emerging Markets Anleihen in Lokalwährungen. Auch sind mittlerweile über 50% der Schwellenländeranleihen mit Investment Grade bewertet. Mit einer Rendite von im Schnitt 6% stehen Schwellenländeranleihen auch im Vergleich sehr gut da – insbesondere, wenn man sie mit europäischen Hochzinsanleihen vergleicht. Die zwei Faktoren Marktgröße und -tiefe sorgen dafür, dass Schwellenländeranleihen, die bisher eher taktisch für das Portfolio genutzt wurden, zu strategischen Positionen werden.

Positive Wachstumsaussichten der aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien
Ein möglicher Grund für den deutlichen Zinsvorsprung von Schwellenländeranleihen ist in deren Wachstumsaussichten zu finden. So erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) für die asiatischen Schwellenländer in den kommenden fünf Jahren Wachstumsraten von mehr als 6% p.a. Während die Wachstumskurve klassischer Industrieländer abflacht, liegen diese in Schwellenländern noch deutlich höher. Für Indien werden sogar bis zu 7,7% Wirtschaftswachstum prognostiziert. Von solchen Wachstumszahlen sind die großen Volkswirtschaften wie die USA und die Eurozone weit entfernt. Der IWF beziffert das reale BIP-Wachstum in den USA auf 2,5% für 2019 und auf nur noch 1,4% in den Jahren bis 2023. Für die Eurozone werden 1,9% im laufenden Jahr erwartet, und ein mittelfristiger Rückgang des Wirtschaftswachstums auf ebenfalls nur noch 1,4%. Auch hat das seit vielen Jahren strukturell höhere Wachstum der Schwellenländer dazu geführt, dass diese mittlerweile knapp 60% zur weltweiten Wirtschaftsleistung (BIP) beitragen.

Die volkswirtschaftliche Dynamik der Emerging Markets und der wirtschaftliche Aufstieg Asiens scheinen unaufhaltsam. Hauptgründe sind die einerseits florierende heimische Wirtschaft mit steigenden Immobilienpreisen und anziehenden Exporten und die weiterhin positiven Aussichten. Dieser Vorsprung bei den Wachstumsraten lockt Investoren an. Während die dynamisch expandierenden Volkswirtschaften – wie China, Indien oder Brasilien – vor allem für Aktienanleger interessant waren, sind mittlerweile auch Staatsanleihen aus Schwellenländern zu einer ernst zu nehmenden Anlageklasse geworden.

Investoren-Psychologie spielt immer noch eine wichtige Rolle
Trotz der guten Ausgangslage in puncto Wachstumsaussichten, bleiben aber die politischen Risiken weiterhin bestehen. Entsprechend sollten Investoren genau prüfen, in welchem Schwellenland sie ihr Geld anlegen. Zu den regionalen Risiken, die Anleger im Auge behalten müssen, zählt zum Beispiel Indien. Hier stehen im Frühjahr 2019 Wahlen an. Eine Wahlniederlage von Premier Narendra Modi, halten Beobachter für durchaus möglich und dies könnte die anspruchsvolle Reformagenda ins Stocken bringen. Ähnliches gilt für Indonesien, die größte Volkswirtschaft Südostasiens. Hier muss sich Präsident Joko Widodo im April einer Wiederwahl stellen.

Auch ist China, als größte Volkswirtschaft Asiens, ein gutes Beispiel, wie externe Einflüsse die Wirtschaft in Schwellenländern belasten können. Der Handelskonflikt mit den USA mit den angekündigten Zöllen hat das Potenzial, das Wachstum der chinesischen Ökonomie deutlich zu verlangsamen. Auch wenn die Möglichkeit besteht, dass China durch fiskalische und monetäre Lockerungen gegensteuert, bleibt hier eine Unsicherheit bestehen. Ein weiterer grundsätzlicher Aspekt, der gegen die Attraktivität von Schwellenländer-Anleihen sprechen könnte, ist der weltweite Trend zu steigenden Zinsen. Zwar ist das Zinsniveau global gesehen immer noch gering, aber Zentralbanken von Industrieländern wie Großbritannien, Kanada und Australien sind der US-Notenbank Federal Reserve dennoch bereits mit ersten leichten Zinssteigerungen gefolgt. Sind verzinsliche Anlagen in diesen Ländern mittelfristig wieder attraktiver, könnten sich Investoren gegen riskantere Anleihen aus Schwellenländern entscheiden.

Positive Fundamentaldaten und attraktives Risiko-Rendite Profil
Alles in allem haben sich Schwellenländeranleihen zu einer etablierten Anlageklasse entwickelt, die ein interessantes Risiko-Rendite-Profil bietet und über eine ausreichende Marktbreite verfügt. Um die Risiken bestmöglich zu umgehen, müssen Investoren allerdings genau prüfen, in welchem Schwellenland sie ihr Geld investieren wollen.

Daher kann es sinnvoll sein, über ein breit gestreutes Portfolio zu investieren. Über einen marktbreiten ETF, der entsprechende Indizes abbildet, ist die Anlageklasse effizient investierbar. Die Spreads für Schwellenländeranleihen haben sich bis Ende 2018 systematisch ausgeweitet. Für Anleger, die jetzt einsteigen, bedeutet das, dass sie für ihr Risiko eine höhere Rendite erhalten. Da Schwellenländeranleihen-ETFs in sich stark diversifiziert sind, kaufen Investoren verschiedene Länder mit sehr unterschiedlichen Volkswirtschaften in einem Portfolio und haben ein breit diversifiziertes Investment. Größter Emittent ist dabei Russland, mit einem Gewicht von fünf bis sechs Prozent. Somit haben Krisen in einzelnen Ländern keinen starken Einfluss und das Risiko eines Totalausfalls, das die Anlage in ein einzelnes Land mit sich bringt, wird deutlich reduziert. Zudem bieten ETFs eine kostengünstige und einfache Variante, schnell zu reagieren. Schwellenländeranleihen ETFs sind deutlich flexibler einzusetzen als aktive Fonds und ermöglichen es, von den günstigen Handelskosten zu profitieren. Auch zählten Emerging Markets Anleihen im letzten Jahr zu den beliebtesten ETF-Kategorien im Rentensegment mit stabil hohen Zuflüssen.

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*) Eric Wiegand ist Leiter Xtrackers Vertriebsstrategie Europa & Asien Pazifik, DWS.