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Liquid Alternatives: Trendfolger als Gewinner in 2022 & Verlierer im ersten Quartal 2023 – was kommt als Nächstes?

Trendfolgestrategien hängen insbesondere an den Trends, denen sie folgen, und der Geschwindigkeit, mit der sie umgesetzt werden. In den vergangenen 15 Monaten hatten die Trendfolger alle Hände voll zu tun, wie Tarek Abou Zeid, Partner bei Man AHL, beim 204. Hedgework berichtete. Im Interview beschreibt er, welche Strategien sich bewähren konnten und wo sich Schwachstellen befinden.

Tarek Abou Zeid

Hedgework: Tarek, die vergangenen 15 Monate brachten Anlegern schnell wechselnde Entwicklungen mit nur selten einem guten Ende. Wie stellt sich das aus Sicht eines Trendfolgers dar?
Abou Zeid: Für uns war – anders als bei vielen Long-only Strategien – das Jahr 2022 ein sehr Gutes. Trendfolger sind ja systematische Anlagestrategien, welche dann Gewinne erwirtschaften können, wenn ausgeprägte Trends an verschiedenen Märkten zu erkennen sind. Das Computersystem erkennt anhand der Preisdaten einen Trend nach oben oder nach unten und positioniert sich entsprechend.  Im letzten Jahr war das bei Zinsen stark ausgeprägt, beim US-Dollar und verschiedenen Rohstoffen – zumindest bis Oktober. Dort konnten Trendfolger stark profitieren und haben das Jahr meist zweistellig positiv abgeschnitten. Das erste Quartal im Jahr 2023 war wesentlich schwieriger – während die Trends Januar und Februar noch intakt waren, so hat der extrem schnelle Trendbruch in den kurzfristigen Zinsen im März den Trendfolgern stark zugesetzt und für Verluste gesorgt. Wir hatten also in den letzten 15 Monaten praktisch alles vereint: starke Trends und gute Ergebnisse in einem schwierigen Umfeld, wie nun im März schnelle Trendbrüche und schlechte Performance.

Hedgework: Welche Strategien konnten sich in diesem Umfeld am Markt behaupten, welche eher nicht?
Abou Zeid: Auch hier muss man die letzten 15 Monate unterteilen. Obwohl wir als einer der etablierten Trendfolger versuchen so viele unterschiedliche Märkte wie möglich zu handeln, waren im letzten Jahr häufig Trendfolger im Vorteil, die den Fokus auf eine geringe Anzahl und einfach zu handelnde Märkte hatten. Zinsen, Rohstoffe, Währungen war alles, was man für hervorragende Performance benötigt hat. Allerdings waren das auch die Märkte, welche im März für Verluste gesorgt haben. Daher bleiben wir bei unserem Mantra, so viele unterschiedliche Märkte zu handeln wie möglich, denn wer kann schon mit Sicherheit sagen, welche Märkte in der Zukunft „Trends“ aufzeigen werden?

Hedgework: Welchen Einfluss hatte der Faktor Zeit?
Abou Zeid: Gerade im März 2023 konnte man sehen, dass es vorteilhaft war, wenn man schneller gehandelt hat, um aus verlustbringenden Positionen aussteigen zu können. Das sieht man in der Performance-Analyse der Peergroup ganz deutlich. Die Trendfolger, welche einen längeren Zeithorizont beim Ändern Ihrer Positionierung hatten, mussten größere Verluste hinnehmen.

Hedgework: Welche Lehren lassen sich daraus für die Zukunft und insbesondere für das aktuelle Marktumfeld ziehen?
Abou Zeid: Ich denke, es gibt zwei Lehren daraus. Auf Kundenseite, dass man einmal mehr gesehen hat, dass Trendfolger ihrem Ruf gerecht werden, dass sie unkorrelierte Renditen erwirtschaften und gerade das „Crisis Alpha“ erbringen, das an ihnen so geschätzt wird – aber eben auch, dass es bei extremen Trendbrüchen zu Verlusten kommt. Daher ist es sinnvoll für ein diversifiziertes Portfolio eine Allokation von Trendfolgern zu haben. Und weil das Timing von diesen Positionen sehr schwierig ist, sollte es eine strategische Allokation sein.

Hedgework: Und der zweite Punkt?
Abou Zeid: Die zweite Lehre auf der Anbieterseite ist, dass man so breit wie möglich diversifiziert sein sollte, um geringe Korrelationen zu erreichen. Dies insbesondere, wenn man über die lange Frist erfolgreich sein will. Zudem ist es sehr wichtig, dass man unter Berücksichtigung der Handelskosten ein gutes Risikomanagement und eine perfekte Ausführung hat, sodass Positionen schnell geschlossen werden können, wenn der Trend mal gegen einen läuft.

Hedgework: Welche Chancen können sich dementsprechend eröffnen?
Abou Zeid: Durch die Beimischung von Trendfolgern in traditionelle Portfolios verbessern sich praktisch alle Kennzahlen, da Trendfolger zu Bonds wie auch zu Aktien gering oder zum Teil auch negativ korreliert sind. Das bedeutet stabilere Portfolios mit besseren Drawdown-Eigenschaften. Diese Einsicht begründet das starke Interesse am Thema gerade bei Institutionellen Adressen in den letzten Monaten.

Hedgework: Worauf sollten Anleger dabei explizit achten?
Abou Zeid: Bitte verzeihen Sie, wenn „i speak my book“ – aber es hat sich schon bewahrheitet, mit etablierten Anbietern zu investieren. Es gibt ein paar Anbieter in diesem Bereich, die eine sehr lange, erfolgreiche Historie aufweisen und auch weiter an der Verfeinerung der Systeme arbeitet. Sei das aufgrund der Geschwindigkeit des Handelns, mit Research-Institutionen zusammen zu arbeiten, sei es aufgrund neuer Modelle oder neuen Märkten, die möglicherweise wenig Korrelation zu den etablierten Märkten haben.

Hedgework: Ihr Ausblick auf den Rest des Jahres?
Abou Zeid: Das ist das Schöne an Trendfolgern – wir mögen als Person eine Marktmeinung oder Einschätzung haben. Am Ende aber sind es die Trends aus den Marktpreisen, die unser System erkennt und dann entsprechend Positionen bei einem Aufwärtstrend aufbaut, oder bei einem abwärtsgerichteten Trend Shortpositionen eröffnet. Daher verlassen wir uns – wie schon in den letzten 35 Jahren – darauf, dass der Computer das sehr gut erkennt und umsetzt. Dass er dies wiederum auch in besonders schwierigem Umfeld kann, hat er in den großen Krisen der letzten Jahre hervorragend bewiesen: 2000 bis 2003, 2008, März 2020 und 2022. Daher sind wir gespannt, was dieses Jahr noch bringt. Optimal für uns wären stetige Trends – und ich denke, die werden wir auch im Rest dieses Jahres noch sehen!


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Tarek Abou Zeid ist Partner und Senior Client Portfolio Manager bei Man AHL mit Hauptverantwortung für die Kundenkommunikation. Bevor er zu Man AHL kam, war er bei Amundi/Pioneer tätig, wo er Kunden bei der Konstruktion von anlageübergreifenden Portfolios und institutionellen Lösungen beriet. Davor arbeitete Tarek für Quant Capital, wo er systematische Strategien erforschte und umsetzte. Er hat einen Abschluss in Elektrotechnik mit den Schwerpunkten Signalverarbeitung und optische Kommunikation der RWTH Aachen und hat an der Stanford University an optischen Modulationsverfahren geforscht. Man AHL ist ein Team von Forschern, Entwicklern und Händlern von systematischen Anlagestrategien. Dabei werden wissenschaftliche Strenge und robuste Technologie auf verschiedene Datensammlungen und Hunderte von globalen Märkten angewendet. Durch eine innovative und kollaborative Kultur sollen für die Kunden Renditen über eine Reihe von diversifizierten Produkten erzielt werden.