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Meinung: Dividendenaktien sind kein Ersatz für festverzinsliche Anleihen

Investoren sind gegenüber festverzinslichen Anleihen zunehmend skeptisch eingestellt. Die tiefen Renditen und die drohende Gefahr von Wertverlusten bei einem Zinsanstieg lässt Anleger nach Alternativen zu den scheinbar unattraktiven Rentenpapieren suchen. Dabei werden oft dividendenstarke Aktien als möglicher Ersatz für Anleihen genannt. Bei genauer Betrachtung zeigt sich, dass hier sprichwörtlich Äpfel mit Birnen verglichen werden. Dividendenaktien unterscheiden sich nur wenig von anderen Aktienanlagen und eignen sich aufgrund des höheren Risikos nicht als Ersatz für Anleihen.

Lukas Riesen

Hohe Dividende oder tiefer Aktienkurs?
Das Erkennen von Dividendenaktien ist einfach. Die Dividendenrendite wird berechnet, indem die ausgeschüttete Dividende durch den Kurswert der Aktie geteilt wird. Ist dieses Verhältnis überdurchschnittlich hoch, erhält die Aktie das Prädikat Dividendenaktie. Aufgrund der zurzeit historisch tiefen Zinsen liegt die Dividendenrendite in vielen Fällen über der Rendite risikoarmer Anleihen. Daher stellen sich viele Investoren die Frage, ob Dividendenaktien bei vergleichbarem Risiko höhere Einnahmen generieren als festverzinsliche Anleihen.

Wären Kursverluste auf Dividendenaktien stets nur vorübergehender Natur und die ausgeschütteten Dividenden immer konstant, wären solche Titel tatsächlich ein möglicher Ersatz für Anleihen. Dies ist in der Praxis leider nicht der Fall, denn die Verhältniszahl zwischen Dividendenausschüttung und Kurswert sagt wenig über die Attraktivität einer Aktie aus. Eine hohe Dividendenrendite kann schlicht durch einen tiefen Aktienkurs begründet sein. Ebenso wenig muss eine konstante Dividendenrendite im Interesse des Investors sein, wie das Beispiel des Energiekonzerns E.ON exemplarisch zeigt. Die Dividendenrendite von E.ON veränderte sich in den letzten Jahren erstaunlich wenig, da sich sowohl Dividende als auch Aktienkurs deutlich reduziert haben.

Laufende Einnahmen nicht garantiert
Während bei Anleihen die Höhe des Zinscoupons vertraglich geregelt ist, hängt bei Aktien die Zahlung einer Dividende von der Fähigkeit der Unternehmung, einen positiven Geldfluss zu generieren, und vom Willen, diesen dem Aktionär auch auszuschütten, ab. Zusätzlich kennt der Investor bei einer Anleihe die Höhe und den Zeitpunkt der Rückzahlung. Da eine Aktie naturgemäß keine Rückzahlung vorsieht, ist der Aktionär abhängig vom zukünftig vorherrschenden Marktpreis. Folglich können laufende Ausgaben nur dann mit Dividendenaktien gedeckt werden, wenn der Investor zusätzlich über eine Liquiditätsreserve verfügt oder bereit ist, bei Bedarf einen Teil der Aktien zu verkaufen um die benötigte Liquidität zu beschaffen.

Dies verdeutlicht, dass nicht die Ausschüttung von Dividenden, sondern allein das Erzielen einer ausreichenden Gesamtrendite darüber entscheidet, ob laufende Ausgaben gedeckt werden können. Ist die Gesamtrendite genügend hoch, kann der Anleger jederzeit die benötigte Liquidität beschaffen, indem er einen Teil seiner Anlagen verkauft oder ausgeschüttete Dividenden nicht reinvestiert. Dabei darf durchaus angenommen werden, dass mit Aktienanlagen die erwartete Rendite höher ist als mit Rentenpapieren. Gleichzeitig steigt mit Aktienanlagen aber auch das Risiko und damit die Gefahr, dass das Anlageziel erheblich unterschritten wird.

Kaum Renditeunterschiede zu anderen Aktien
Auch wenn Dividendenaktien offensichtlich keinen direkten Ersatz für Anleihen darstellen, bleibt die Frage offen ob sich Dividendenaktien durch eine höhere Rendite oder ein geringeres Anlagerisiko auszeichnen. Die Vermutung liegt nahe, dass Unternehmungen, die einen großen Teil der Reingewinne ausschütten, eine größere Ausgabendisziplin an den Tag legen und aufgrund der knappen Mittel nur renditeträchtige Investitionsprojekte realisieren. Andererseits kann argumentiert werden, dass genau diese Unternehmungen wenig Zukunftspotenzial haben oder die Ausschüttungen auf Kosten der Substanz vornehmen.

Fazit
Eine Analyse der Gesamtrendite zeigt, dass Dividendenaktien im Vergleich zum gesamten Aktienmarkt in den letzten Jahren keine Mehrrendite generiert haben. Das Anlagerisiko, gemessen an der Volatilität und am Wertzerfall in Krisenperioden, war bei Dividendenaktien sogar geringfügig höher. Auch wenn Dividendentitel höhere laufende Einnahmen generieren, eignen sich diese genauso wenig als Ersatz für festverzinsliche Anlagen wie jede andere Aktienanlage.

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*) Lukas Riesen, CFA, ist Partner bei der Beratungsgesellschaft PPCmetrics, Zürich.