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Meinungsbeitrag: Mit Aktien und anderen Sachwerten den langfristigen Kapitalerhalt sichern

Historisch betrachtet waren solide, gut kapitalisierte Unternehmen schon immer wertbeständiger als Staaten oder Währungen. Vieles spricht dafür, dass Aktien auch die nächste Vermögenskrise überstehen werden.

Armin Sabeur

Anfang Mai feierte der Darmstädter Chemie- und Pharmakonzern Merck sein 350-jähriges Firmenbestehen. Zwanzig Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Kriegs gegründet (1668), hat sich das Familienunternehmen über dreieinhalb Jahrhunderte hinweg von einer Apotheke zu einem der weltweit führenden Wissenschafts- und Technologieunternehmen in den Bereichen Healthcare, Life Science und Performance Materials entwickelt. Damit handelt es sich bei der Merck KGaA um die mit Abstand älteste Gesellschaft im Deutschen Aktienindex. Als Ausnahme hinsichtlich langer Firmengeschichten können die Darmstädter dennoch nicht gesehen werden. So blicken zweidrittel aller DAX-Konzerne auf eine über 100-jährige Historie zurück, und (praktisch) alle diese Unternehmen haben über verschiedene Höhen und Tiefen hinweg per Saldo das Vermögen ihrer Anteilseigner gemehrt.

Langfristig auf der Sonnenseite
Dass dies auch für den Aktienmarkt insgesamt gilt, offenbart die Entwicklung verschiedener Aktienindizes. Mangels entsprechender Zeitreihen zum deutschen Markt ist hierzu allerdings der Blick über den Atlantik erforderlich. So ist der 1885 erstmals berechnete Dow Jones Industrial Average Index von damals 62 Punkten nach diversen Krisen auf inzwischen 25.000 Zähler angestiegen. Würde man – wie beim Performance-Index DAX – die Dividenden in die Berechnung mit einbeziehen, wären es sogar über 50.000 Punkte. Für den 1957 ins Leben gerufenen S&P 500 liegen sogar Rückrechnungen zurück bis 1789 vor. Ausgehend von ca. 0,5 Punkten notiert das Aktienmarktbarometer, das 70-80% der US-amerikanischen Aktienmarktkapitalisierung abdeckt, heute bei über 2.700 Zählern.

Anleger mit breit diversifizierten Portfolien haben bei entsprechendem Durchhaltevermögen selbst beim unglücklichsten Einstiegstiming – also unmittelbar vor einem Aktienmarktabsturz – trotz mehrerer Weltwirtschaftskrisen (z.B. 1857 und Ende der 1920er), zweier Weltkriege und sonstiger Verwerfungen auf lange Sicht immer eine positive Rendite erzielen können. Aktien haben ihre Eignung als Wertaufbewahrungsmittel sowie zur langfristigen Ertragserzielung in der Vergangenheit damit eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

40 D-Mark Kopfgeld als schwacher Trost
Ganz anders stellt sich die Situation am Geld- und Anleihemarkt dar. Hier gäbe es in diesem Jahr ebenfalls einen runden Geburtstag zu feiern, wenn der Jubilar nicht schon „verstorben“ wäre. Gemeint ist die Deutsche Mark, die im Rahmen der Währungsreform von 1948 am 20. Juni des besagten Jahres eingeführt wurde.

Die Währungsreform war damals aufgrund der hohen Staatsverschuldung, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg begann, sowie der darauffolgenden Inflation, verbunden mit dem Vertrauensverlust in die Reichsmark unumgänglich geworden. Dabei erhielten Bürger der Westzone für 100 Reichsmark 6,50 DM. Schuldner konnten sich freuen, wurden ihre Verbindlichkeiten über Nacht fast vollständig gestrichen. Sparer wurden hingegen um ihre Festgelder, Sparbücher und Anleihen betrogen. Da war das Starterpaket in Höhe von 40 DM („Kopfgeld“), welches jedem Deutschen zustand, nur ein schwacher Trost. Besitzer von Sachwerten blieben von diesen dramatischen Einschnitten dagegen verschont. So erfolgte die Umstellung von Aktien 1:1 und lediglich Immobilienbesitzer wurden später mit dem Lastenausgleich zur Kasse gebeten. Das jedoch war im Vergleich zum Verlust praktisch aller (Bar-)Ersparnisse harmlos.

Geschichte kennen, verstehen und berücksichtigen
Ohne Panik verbreiten zu wollen, kann es keinesfalls schaden, sich siebzig Jahre später erneut mit Währungskrisen und -reformen zu beschäftigen. So wird angesichts steigender Staatsschulden und maßloser Ankaufprogramme der Zentralbanken das Risiko einer ausgewachsenen Währungskrise immer realer. Es fehlen nur noch die Inflation und der anschließende Vertrauensverlust der Bürger in „ihr“ Geld. Der Aufstieg eurokritischer Parteien ist an dieser Stelle mehr als ein erstes alarmierendes Warnzeichen für die heimische Gemeinschaftswährung, und auch der Dollar wird durch die zunehmende Abschottungspolitik der USA und den Aufstieg Chinas als Weltleitwährung zunehmend bedroht.

Nun mag der Leser meinen, dass das Szenario einer Währungsreform heute politisch nicht durchsetzbar wäre. Anders als 1948 fehlen schließlich Besatzungsmächte, die entsprechende Maßnahmen einfach veranlassen, und unsere Politiker möchten gerne wiedergewählt werden. Andererseits könnten Letztere, kommen sie nun aus Berlin, Paris oder Rom dazu neigen, den schwarzen Peter auf Brüssel zu schieben. Ein aktueller Blick nach Italien ist sehr aufschlussreich. Auch die Bestrebungen einiger Staats- und Regierungschefs, die nationalen Einlagensicherungssysteme durch ein gesamteuropäisches abzulösen, sowie die jüngst wieder aufgekommene Diskussion um eurobondähnliche Staatsanleihen (Sovereign Bond-Backed Securities) sind Schritte in diese Richtung.

Stärker als in den Jahrzehnten zuvor muss es heute deshalb darum gehen, aus der Geschichte zu lernen und sich so zu positionieren, dass im Falle eines Falles das mühsam angesparte oder ererbte Vermögen langfristig gesichert wird.

Werthaltige Aktien mit langer Historie
Sachwerte sollten deshalb mehr denn je die Basis eines sinnvoll ausgerichteten Portfolios bilden. Dazu zählen wie eingangs gezeigt unter anderem solide Unternehmen mit einer gesunden Eigenkapitalquote, innovativen Patenten und weniger zyklischen Geschäftsmodellen. Während Aktiengesellschaften mit niedriger Sach- und Kapitalausstattung nach einem Kapitalschnitt oder einem ähnlichen Krisenszenario schnell in Konkurs gehen können, wird sich bei werthaltigen Firmen die Bewertung langfristig wieder stabilisieren und Verluste werden sich ausgleichen. Neben Merck haben eine ganze Reihe weiterer deutscher Unternehmen, wie etwa Siemens, Allianz, RWE oder Beiersdorf bereits seit über 100 Jahren vielen Krisen getrotzt, und ihre Anteile befinden sich auch deshalb in vielen Portfolios bedeutender Anleger weltweit. Ähnliche Unternehmen sind auch in Nordamerika und Japan zu finden.

Materielle Werte und natürliche Ressourcen
Einen zweiten Schwerpunkt sollten Investments in natürliche Ressourcen bilden. Dabei kann es sich beispielsweise um Minenwerte oder auch Direktinvestments in Edelmetalle oder andere Rohstoffe handeln. Denn auch im Zeitalter der Digitalisierung führt kein Weg an der Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse vorbei. Virtuell funktioniert Essen und Trinken nun einmal nicht, und auch in der sichersten Cloud wird man nie wohnen können. So werden Rohstoffe wie Agrarprodukte und Industriemetalle immer einer stetigen Nachfrage unterliegen.

Dabei bieten Commodities nach dem langjährigen Bärenmarkt inzwischen übrigens wieder hervorragende Opportunitäten. Gold hat sich zudem seit tausenden von Jahren als Tauschmittel bewährt und unterlag dabei praktisch keiner Entwertung.

Plan for the worst, hope for the best
Sollte es mit der Wirtschaft dagegen weiter aufwärts gehen, ohne dass die aufgezeigten Risiken und Entwicklungen eine veritable Währungskrise zur Folge hätten, würde andererseits auch dies für Investments in Aktien und andere Sachwerte sprechen. Die Unternehmen würden von einer anhaltend hohen Nachfrage profitieren und steigende Gewinne erzielen. Der Bedarf an natürlichen Ressourcen und damit auch ihr Preis dürften ebenfalls weiter zunehmen.


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*) Armin Sabeur (CFA) ist Vorstand und Portfolio-Manager bei OPTINOVA.