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Studie: Renaissance des Rentenmarkts setzt sich langfristig fort

Laut einer Studie der Union Investment werde der Finanzierungsbedarf des erwarteten US-Investitionsbooms für Aufwärtsdruck bei Zinsen langlaufender Anleihen sorgen. Rentenanlagen gewinnen damit auch gegenüber Aktien an Attraktivität. Als Folge können Investoren Ertragsziele wieder mit weniger Risiko erreichen.

Michael Herzum

Sandra Ebner

Trotz aktuell sinkender Notenbankzinsen wird sich die Renaissance des Rentenmarkts mittel- bis langfristig fortsetzen. Das gilt insbesondere für die USA, wo hohe physische Investitionen für entsprechenden Finanzierungsbedarf sorgen. Wie eine Studie von Union Investment zeigt, wird dies auf Sicht der nächsten Dekade mit Aufwärtsdruck bei den Zinsen länger laufender Anleihen verbunden sein. Für Europa ist das Ergebnis der Studie weniger eindeutig: Strukturelle Probleme und Unsicherheit dämpfen hierzulande vorerst die Investitionsbereitschaft. Perspektivisch sind aber ähnliche Entwicklungen wie in den USA zu erwarten. Viele Investoren können deshalb ihre Ertragsziele mit weniger Risiko als in der Niedrigzinsphase erreichen.

„Die globale Ersparnisschwemme, die nach der Jahrtausendwende zu einem stetigen Abwärtsdruck bei den Zinsen geführt hat, läuft aus“, konstatiert Studienautorin Sandra Ebner, Senior Economist bei Union Investment. Dafür gibt es eine Reihe struktureller Gründe. Besonders interessant: Der demographische Wandel in vielen westlichen Industrieländern stärkt die Stellung von Arbeitskräften und könnte für höhere Löhne und eine wieder etwas gleichmäßigere Einkommensverteilung sorgen. Weniger ungleiche Einkommen gehen aber tendenziell mit niedrigeren volkswirtschaftlichen Sparquoten einher.

Gleichzeitig erwartet Union Investment, dass sich das strukturelle Wachstumsumfeld aufhellt. „Die säkulare Stagnation ist Geschichte. Auslöser der Wende in den USA ist vor allem der Großmachtwettbewerb mit China“, sagt Ebner. Im Laufe der nächsten Dekade kommen dann noch Produktivitätseffekte, unter anderem durch Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung, dazu. „Bei KI wird es jedoch noch ein paar Jahre dauern, bis wir eine echte ökonomische Breitenwirkung sehen“, ergänzt die Analystin. Im Ergebnis werden sich öffentliche und private Investitionen deutlich dynamischer entwickeln als in den vergangenen Dekaden.

Am Kapitalmarkt dominiert dann nicht mehr der lange Zeit chronische Ersparnisüberhang, sondern die mit den Investitionen verknüpfte Nachfrage nach Finanzierungskapital. Beim sogenannten „natürlichen Zins“ gibt es bereits eine Trendwende. Dieses strukturelle, inflationsbereinigte Zinsniveau, war bis zur Coronapandemie über viele Jahre gesunken und lag zuletzt in den USA bei etwa 0,5%. Im Durchschnitt könnte es sich nach Einschätzung von Union Investment in der nächsten Dekade bei etwa 1,4% einpendeln.

„Gleichzeitig erwarten wir in den USA im Mittel eine strukturell etwas höhere Inflation von 2,3%“, erläutert Michael Herzum, Leiter Economics & Macro Strategy bei Union Investment und Mitautor der Studie. Insgesamt ergibt sich damit für den künftigen konjunkturneutralen Leitzins der US-Notenbank Fed ein Niveau von 3,7%. „Daran sieht man auch, dass die aktuellen Zinsen der Fed noch klar im Bereich einer restriktiven Geldpolitik liegen“, ergänzt Herzum.

Vielzitierte „Zinswende“ beschränkt sich auf kurzfristige Zinsen
Die in diesen Tagen vielzitierte „Zinswende“ mit wieder sinkenden Zinsen wird sich deshalb nach den Ergebnissen der Studie auf den Geldmarkt und kurzlaufende Anleihen beschränken. „Wir erwarten mittelfristig eine steilere Zinsstrukturkurve. Die Zinsen länger laufender Anleihen werden perspektivisch eher noch steigen“, erläutert Herzum. Dazu werde neben der steigenden Basisverzinsung noch eine weitere Entwicklung beitragen: Über einen längeren Zeitraum wurden Investoren nicht dafür belohnt, langfristig Fremdkapital zur Verfügung zu stellen – die so genannte Laufzeitprämie von Anleihen war sehr gering oder sogar negativ. Auch dies wird sich der Studie zufolge normalisieren.

Gründe dafür gibt es auf beiden Seiten des Anleihemarktes. Das Haushaltsdefizit der USA liegt aktuell bei knapp 6% und wird gerade unter einer erneuten Präsidentschaft von Donald Trump hoch bleiben. „Wir erwarten von Trump keine Senkung von Ausgaben. Stattdessen werden Steuersenkungen den Druck auf der Einnahmenseite noch erhöhen“, zeigt sich Sandra Ebner überzeugt. Gleichzeitig wird sich der Anleihemarkt in den nächsten Jahren in einem Umfeld hoher Unsicherheit und entsprechender Volatilität bewegen. „Für die Risiken, die mit mehr Volatilität verbunden sind, werden Investoren eine Prämie durchsetzen können, vor allem bei längeren Laufzeiten“, sind sich die beiden Experten von Union Investment sicher. „Gerade das hohe Nettoangebot an US-Staatsanleihen wird der Markt nur zu höheren Renditen absorbieren“, ist Makrostratege Herzum überzeugt.

Ertrag von Staatsanleihen holt gegenüber Aktien etwas auf
Auch für die Anlageklasse Aktien ist die Perspektive für die kommende Dekade positiv – zumindest für US-Werte und dort agierende globale Firmen. Ein Umfeld steigender Investitionen, höherer Produktivität und robusten Wirtschaftswachstums ist grundsätzlich vorteilhaft für die Gewinnentwicklung der Unternehmen und damit auch für die Kurse. Der Renditevorsprung gegenüber Staatsanleihen verringert sich jedoch. Der Grund: Je positiver das wirtschaftliche Umfeld, desto geringer ist im Durchschnitt das Risiko von Aktien. Die so genannte Aktienrisikoprämie, die Investoren verlangen, wird perspektivisch etwas abschmelzen.

Zusammengefasst zeigt die Untersuchung: Das Comeback des Rentenmarkts, insbesondere die wiedergewonnene Attraktivität von sicheren Staatsanleihen und Unternehmensanleihen hoher Bonität, wird auf Sicht der nächsten Dekade erhalten bleiben. Mit den höheren Anleiheerträgen verringert sich der Renditeabstand gegenüber Aktien. „Investoren haben deshalb eine komfortable Wahl bei der Steuerung ihres Gesamtportfolios“, bringt Herzum es abschließend auf den Punkt: „Weniger Risiko bei gleicher Rendite – oder mehr Rendite bei gleichem Risiko.“