Der Bericht zum Verbraucherpreisindex (VPI) für Juni bestätigt unsere Ansicht, dass die US-Wirtschaft in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 unter anderen Vorzeichen steht. Nachdem sich die Kerninflation in den ersten fünf Monaten des Jahres nur geringfügig verlangsamt hat, zeigen Frühindikatoren nun disinflationäre Tendenzen, die auf eine wesentlich langsamere Entwicklung der Kerninflation für den Rest des Jahres hindeuten.
Ungeachtet der positiven Juni-Zahlen sowie eines moderateren Beschäftigungsberichts halten wir es dennoch für wahrscheinlich, dass die Federal Reserve den Leitzins Ende Juli um 25 Basispunkte anheben wird. Obwohl die jüngsten Kommentare der Fed auf eine weitere Straffung über diesen Monat hinaus hindeuteten, gehen wir davon aus, dass die Erhöhung im Juli die letzte sein wird. Nichtsdestotrotz werden die Vertreter der Zentralbank wohl so schnell keine Siegesrunde drehen, sondern versuchen, die finanziellen Bedingungen so lange straff zu halten, bis sie sich wirklich sicher sind, dass die Inflation dauerhaft auf 2% zurückgegangen ist. Wir halten das für eine angemessene Risikomanagementstrategie für den Fall, dass die Inflation doch nicht so stark zurückgeht wie erwartet.
Gleichzeitig lässt sich festhalten, dass sowohl die Gesamtinflation als auch die Kerninflation des VPI positiv überraschten. Beide lagen im Juni unter den Konsenserwartungen. Zudem zeigen gleich mehrere Indikatoren in dieselbe Richtung: Die Entwicklung der Inflation bei Reise- und Freizeitdienstleistungen sowie der Gebrauchtwagen untermauern unsere Erwartung, dass sich die Kerninflation in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 deutlich abschwächen wird.
Wir gehen nun davon aus, dass sich die Kerninflation bis zum Jahresende auf das untere Ende der von uns erwarteten Spanne von drei bis 3,5% p.a. zubewegen wird. Wenn wir annehmen, dass die Benzinpreise in den USA der Deflation folgen, die derzeit in der Terminkurve für US-Großhandelsbenzin eingepreist ist, könnte sich die Gesamtinflation bis Anfang nächsten Jahres auf zwei Prozent abschwächen.
Die Inflation bei Reisen und Freizeit lässt nach
Die Hauptursache für die negative Überraschung bei der Kerninflation im Juni im Vergleich zum Vormonat lag in den volatilen Kategorien der Reisedienstleistungen, obwohl diese nur einen kleinen Teil des Warenkorbs ausmachen. Der Rückgang der Flugpreise mit -8% und der Hotels mit -2,3% gegenüber dem Vormonat haben die Gesamtinflation der Kerninflation um neun Basispunkte verringert. Zudem haben sich günstigere Kerosinpreise positiv auf die Flugkosten ausgewirkt. Die jüngste Festigung der Energiepreise deutet jedoch darauf hin, dass diese Entwicklung ein Ende haben könnte. Wir denken, dass der Rückgang der Reisepreise eine Stabilisierung der Nachfrage widerspiegelt. Denn auch die Inflation bei anderen Freizeitdienstleistungen kühlt sich ab. Darauf deuten die Kreditkartendaten hin, die auf ein moderateres Ausgabentempo in den letzten Monaten schließen lassen.
Die Inflation bei den Wohnkosten hat sich im Juni abgeschwächt und scheint sich etwas schneller zu normalisieren als erwartet. Zwar ist dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen, denn die Wohnungspreise sind im Jahresvergleich um 7,9% gestiegen. Dennoch zeigt die Entwicklung der Mietpreisinflation mit ihrem Höchststand im März an, wohin die Reise gehen und dass sich die Kerninflation insgesamt in der zweiten Jahreshälfte 2023 deutlich abschwächen dürfte.
Die Preise für Kerngüter selbst stagnierten im Juni. Sowohl die Inflation bei Neu- als auch bei Gebrauchtwagen war schwächer. Wir erwarten für die kommenden Monate eine weitere Deflation bei Gebrauchtwagen. Der Manheim Used Vehicle Value Index sank im Juni um rekordverdächtige 3,8% im Vergleich zum Vormonat, nachdem zu Jahresbeginn vorübergehende Faktoren die Gebrauchtwagenpreise in die Höhe getrieben hatten. Die verbesserten Lagerbestände im Einzelhandel und die langsameren Verkäufe scheinen die Auktionspreise bei Gebrauchtwagen zu dämpfen.
Fazit
Da die Inflation in den USA nach wie vor deutlich über dem Zielwert der Fed liegt, werden die positiven Berichte zum Juni die Fed-Beamten wahrscheinlich nicht davon abhalten, die Zinsen im Juli erneut anzuheben. Dennoch hellt sich das Gesamtbild langsam auf, denn die VPI-Daten und andere Frühindikatoren zeigen nun disinflationäre Tendenzen an. Unsere Prognose für die Inflation bei besonders inflationsresistenten Gütern scheint sich bei 3,5% einzupendeln. Im Vorjahr lag diese noch bei 8%. Zudem gehen wir davon aus, dass die monatliche Kerninflation bis Ende 2023 bei rund 2% liegen wird.
Nichtsdestotrotz bleibt die Kommunikation der Fed kritisch. Die Fed-Beamten werden ganz genau hinschauen, ob sich die Inflation anhaltend abschwächt. Sollte das nicht der Fall sein, könnten weitere Zinserhöhungen folgen.
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*) Tiffany Wilding, US-Ökonomin, und Allison Boxer, Ökonomin, PIMCO