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Value-at-Risk: Das Risiko beherrschbar machen

Institutionelle Investoren stecken in einem Dilemma. Einerseits benötigen sie eine ausreichende Rendite, die ihnen derzeit nur der Aktienmarkt liefert. Andererseits verhindert das Risikobudget einen höheren Aktienanteil im Portfolio. Aber es gibt Lösungswege. Eine Möglichkeit: Wer bei der Zusammenstellung seines Aktienportfolios den Value-at-Risk als absoluten Maßstab für sein Verlustrisiko betrachtet, kann sein Risikobudget schonen und trotzdem voll in Aktien investiert sein.

Philipp van Hove

Kaum etwas beschäftigt Investoren heute so sehr, wie das Thema des Risikomanagements. Das hat seinen Grund: Denn inzwischen nehmen sowohl Stärke als auch Häufigkeit von deutlichen Abwärtsbewegungen zu. Angesichts der Vielzahl derartiger „Fat-Tail“-Risiken sind Investoren deshalb auf der Suche nach Investmentansätzen und -strategien, mit denen sie auch in Extremsituationen ihre Verluste reduzieren können.

Die Herausforderung dabei: Im aktuellen Umfeld der extrem lockeren Geldpolitik der Notenbanken und der finanziellen Repression bringen sichere Staatsanleihen oder der Geldmarkt nur noch eine negative Realverzinsung. Eine, wenn nicht die Alternative liegt insofern im Aktienmarkt. Allerdings haben Aktienkurse die Eigenschaft stark zu schwanken. Ein größerer Aktienanteil im Portfolio würde das Risikobudget vieler institutioneller Investoren daher schnell aufzehren. Viele mischen Aktien deshalb, wenn überhaupt, nur in sehr kleinen Dosen bei.

Wenn man aber ein jederzeit vollständig in Aktien investiertes Portfolio konstruieren will: Gibt es einen Weg, die Chance auf eine ausreichende Rendite zu wahren und dennoch sein Risiko deutlich zu reduzieren? Tatsächlich haben sich inzwischen einige Ansätze herauskristallisiert, die genau darauf abzielen. Beispielsweise so genannte Low-Volatility- oder Low-Beta-Strategien. Dabei geht es darum, Aktien aus einem Index herauszufiltern, die weniger stark schwanken als der Gesamtmarkt oder einfach eine geringe Volatilität aufweisen. Doch hat diese Vorgehensweise einen Haken: Setzen Investoren diese Strategie strikt um, dann holen sie sich ein Klumpenrisiko ins Portfolio. Denn es sind in der Regel Werte aus nur wenigen defensiven Branchen, die diesen Kriterien entsprechen.

Um diesem Problem zu entgehen, gibt es die Möglichkeit, neben der Volatilität einer Aktie auch die Korrelation von Aktien untereinander mit einzubeziehen. Aktien, die in einem reinen Low-Volatility-Portfolio keine Berücksichtigung finden würden, werden dann nämlich in Kombination mit bestimmten anderen Aktien interessant. Beispiele dafür gibt es zuhauf. So könnten Aktien von Fluggesellschaften wie der Lufthansa, die von einem sinkenden Ölpreis profitieren und unter einer steigenden Ölnotierung leiden, mit Ölförderern, bei denen es genau umgekehrt ist, kombiniert werden.


Geht es am Markt bergab, verlieren die zyklischen Titel zwar, die defensiven Werte aber begrenzen die Verluste im Gesamtportfolio. In einem konjunkturellen Aufschwung dagegen könnten sich zyklische Werte vermutlich besser entwickeln, während die defensiven Werte diese Bewegung nur in geringerem Maße mit machen. Aus einem definierten Aktien-Universum kann ein Asset Manager nun jede mögliche Kombination von Einzeltiteln testen.

Doch die Überlegung kann man noch weiter treiben. Denn bei allem Verständnis für den Wunsch nach einer geringen Volatilität: Schwankungen nach oben – neudeutsch „Kursgewinne“ – haben noch niemanden wirklich gestört. Dann aber sollte besser die Reduzierung des Value at Risks für das gesamte Portfolio im Fokus stehen. Darauf basierend kann dann ein reines Aktienportfolio zusammengestellt werden, das den Value-at-Risk (VaR) minimiert und dabei ein eingeplantes Risikobudget mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit nicht überschreitet.

Diesem Investmentansatz folgend, haben wir einen Algorithmus entwickelt, der genau diesen VaR für jede beliebige Kombination von Aktien berechnet. Wir haben damit ein Aktienportfolio in der Eurozone gebildet, mit dem Ziel der Risikominimierung. Anschließend wurde für dieses Konzept ein ausführlicher Backtest durchgeführt. Zwischen dem Jahr 1999 und dem Jahr 2009 lag der VaR dieses Konzepts dauerhaft unter dem des damals gewählten Vergleichsindex, dem EuroStoxx 50. Durchschnittlich konnte der VaR um 54 Prozent reduziert werden. Vielleicht noch wichtiger aus Sicht von Investoren: Der monatlich prognostizierte VaR unseres Portfolios wurde in 94% der Fälle nicht überschritten.

Doch können mit dieser Strategie nicht allein die Risiken begrenzt werden. Vielmehr erzielte das Konzept aufgrund seiner asymmetrischen Partizipation am Gesamtmarkt zugleich einträgliche Renditen. Denn in negativen Monaten hatten wir eine geringere Partizipation an der Marktbewegung, als es in positiven Monaten der Fall war.

Das heißt umgekehrt, dass ein solches Portfolio in Aufwärtsbewegungen dem Markt zwar nur bedingt folgen kann, dafür aber seine Outperformance in Abwärtsmärkten erzielt. Dieses Konzept setzen wir bereits seit Anfang 2010 für mehrere Versicherungsgesellschaften ein. Und im Oktober 2011 haben wir es mit der Auflage des HANSAsmart Select E einer breiteren Investorenschicht zugänglich gemacht.

Der Fonds investiert auf Basis des Universums des Euro Stoxx NR ausschließlich in Unternehmen aus dem Euroraum, so dass keine Wechselkursrisiken bestehen, und er besteht aus einem konzentrierten Portfolio von 30 bis 50 Aktien, das monatlich neu berechnet wird. Die einzelnen Positionen haben darin ein Gewicht von 0,25 bis maximal fünf Prozent.

Bei der Aktienauswahl bleiben nicht nur Fundamentaldaten außen vor – auch der Index spielt bei der Titelselektion keine Rolle, weshalb der Tracking Error, also die Abweichung vom Index, hoch sein kann. Es ist ein rein quantitatives Modell, das auf Vergangenheitsdaten beruht. Auswahl und Gewichtung der Aktien basieren allein auf dem Algorithmus; die Meinung des Fondsmanagements spielt für die Auswahl einzelner Aktientitel keine Rolle.

Seit Auflage lag der Fonds per Ende August 2013 rund 46% im Plus. Der Euro Stoxx NR kam im gleichen Zeitraum nur auf ein Plus von 40% – und das obwohl der Fonds im Vergleich zum Index jederzeit ein deutlich geringeres Risiko auswies. So lag die vielbeachtete Volatilität annualisiert bei lediglich 12,7% – die des Index hingegen bei 20,2%. Mit dieser reduzierten Belastung unserer Risikobudgets können wir sehr gut leben – und unsere Anleger offensichtlich auch.

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*) Philipp van Hove ist Fondsmanager HANSAinvest Smart Select E.