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„Von ZIRP zu NIRP – erlebt SRI in Fixed Income einen Squeeze-Out?“

Von Zero Interest Rate Policy (ZIRP) zu Negative Interest Rate Policy (NIRP) – Investoren an den Rentenmärkten sehen sich harten Zeiten gegenüber. Da stellt sich die Frage, ob und wie lange Auswahlmodelle wie SRI – Socially Responsible Investments – noch Beachtung finden. Stevan Bajic diskutiert diese Frage beim 123. Hedgework und im nachfolgenden Interview.

Stevan Bajic

Hedgework: Herr Bajic, bei Ihrem Vortrag beim 123. Hedgework stehen das aktuelle Niedrigzinsumfeld und die Implikationen für Nachhaltiges Investieren im Vordergrund. Wieso denken Sie, ist das Thema zurzeit brisant?
Bajic: Investoren in Europa haben zurzeit mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Die Zinsen waren noch nie so tief wie jetzt – nicht nur für Staatsanleihen, sondern auch für Unternehmensanleihen. Und es drohen sogar negative Renditen. Das Zinsproblem ist akut und mit den Anleihenkäufen der EZB ab März wird dieses Problem nur größer. Das wirft die Frage auf, ob Investoren, gezwungen durch die aktuellen Gegebenheiten, das Konzept des Nachhaltigen Investierens in Unternehmensanleihen über Bord werfen.


Hedgework: Wie kommen Sie darauf?
Bajic: Die Frage ist, was man von SRI bei Fixed Income erwarten kann. Ein breiter Index für europäische Unternehmensanleihen rentiert im Schnitt mit 1%. Allerdings muss ein Investmentmanager das SRI-Research auch noch finanzieren. Im Schnitt werden Sie dafür 0,75% an Total Expenses (TE) pro Jahr für Ihren nachhaltigen Anleihenfonds zahlen müssen. SRI-Fonds hatten ein gutes Wachstum in den letzten Jahren, doch meiner Meinung nach basiert dies nicht auf soliden Fundamenten.

Hedgework: Wie steht es um die zu erwartende Mehrrendite durch SRI?
Bajic: Nachhaltiges Investieren hat in den letzten Jahren zwar stark an Bedeutung gewonnen, doch meiner Meinung nach geht die Überlegung für Renten nicht ganz auf. Bei Aktien wird dem SRI-Filter eine bessere Performance nachgesagt. Oft wird da vorschnell der Quervergleich zur Rentenwelt gezogen, doch mit einem Widerspruch. Bei besseren SRI-Ratings darf man grundsätzlich besser geführte und finanziell solidere Unternehmen erwarten, was niedrigere Risikoprämien bedingt. Die wiederum führen zu einem tieferen zu erwartenden Ertrag. Worin liegt dann der Vorteil von SRI? Darin, dass sich der SRI-Renteninvestor mit einem Feel-Good-Faktor tröstet? Oder sollte er in Renten von Unternehmen mit einem schlechteren SRI-Rating investieren, in der Hoffnung, dass das Unternehmen nachhaltiger wird und sich somit die Risikoprämie reduziert und der Investor davon profitiert? Das würde jedoch der Grundsatzidee des Nachhaltigen Investierens widersprechen.

Hedgework: Sollten Investoren Ihrer Meinung nach also gar nicht auf die Nachhaltigkeitsratings von Unternehmen schauen?
Bajic: Es ist durchaus nachvollziehbar, dass gewisse Investorengruppen aufgrund ihrer Anlagegrundsätze nur in ethisch korrekt handelnde Unternehmen investieren. Darüber hinaus sollten Investoren jedoch nicht mehr erwarten, denn die Rechnung geht nicht auf. Ich basiere meine Argumente auf Resultate aus meiner Forschung an der WHU-Otto Beisheim Schlool of Management, die belegen, dass hauptsächlich die Corporate Governance die Kreditaufschläge von Unternehmen beeinflusst. Wenn wir jedoch die Corporate Governance kontrollieren, dann stellen wir fest, dass bessere SRI-Ratings nur unter gewissen Umständen zu tieferen Risikoprämien führen und der Effekt nicht auf breiter Basis bewiesen werden kann. Einzig die Corporate Governance, vor allem Transparenz, Machtverteilung und die Kontrolle der Unternehmensführung, beeinflussen die Risikoprämien konsequent.

Hedgework: Welche Betrachtungsweise halten Sie für aussichtsreicher?
Bajic: Die meisten Pleiten in der jüngeren Vergangenheit resultierten aus schlechter oder mangelnder Corporate Governance – Enron, Parmalat oder auch Banco­Espirito Santo. Renteninvestoren könnten daher schätzungsweise 80% des Ausfallrisikos minimieren, indem sie nur in Unternehmen mit zufriedenstellender Corporate Governance investieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Prognosezeitraum. Wenn Sie eine fünfjährige Anleihe kaufen, können Sie mit guter Verlässlichkeit nur ein Jahr voraussagen. Von Jahr zwei bis fünf sind Sie wachsenden Unsicherheiten ausgesetzt. Deshalb sehen wir auch quartals- oder spätestens halbjahresweise Prognoserevisionen in der Finanzwelt. Fragen Sie sich da nicht, wieso Sie bei der fünfjährigen Anleihe auf die Rendite auf Verfall schauen, wo diese nur den aktuellen Kenntnisstand für das erste Jahr einpreist und die risikobehafteten Jahre danach vernachlässigt?

Hedgework: Womit sonst sollte der Investor den erwarteten Ertrag festlegen?
Bajic: Anstatt auf die Rendite auf Verfall, fokussieren Sie sich besser auf den Terminsatz im Zeitraum der hohen Prognoseungenauigkeit. Im obigen Beispiel sind dies die Jahre zwei bis fünf. Im ersten Jahr haben Sie den besten Informationsstand über die Lage des Unternehmens wie auch der Wirtschaft, in den Jahren zwei bis fünf kann jedoch alles bereits anders aussehen. Daher sollte der Terminsatz für die Jahre zwei bis fünf in Betracht gezogen werden. Alles andere verschleiert die wahre Entschädigung für das Risiko, das Sie eingehen. Wir nennen dieses Konzept „Forward Credit Rate“, weil sich diese Renditekennzahl auf die Entschädigung für das eingegangene Kreditrisiko fokussiert.

Hedgework: Ist die Forward Credit Rate nur ein theoretisches Konzept – oder auch realitätstauglich?
Bajic: Die Forward Credit Rate ist absolut realitätstauglich. Sobald Sie die Rendite auf Verfall und das Fälligkeitsdatum einer Anleihe kennen, können Sie sie berechnen. Sie unterteilen die Restlaufzeit der Anleihe in zwei Perioden. Periode 1 ist das erste Jahr mit hoher Prognostizierbarkeit und geringem Risiko, und die mit Prognoseunsicherheiten behaftete Periode 2 mit hohem Risiko sind die Jahre nach dem ersten Jahr bis zur Endfälligkeit. Wenn wir dann alle Renteninvestitionen auf Basis der Forward Credit Rate vergleichen, können wir die Anleihen mit dem höchsten Ertrag für die Prognoseunsicherheiten auswählen. Eine länger laufende Anleihe kann eine leicht höhere Rendite tragen – doch ob Sie mit dieser auch besser für die mit Unsicherheiten behafteten Jahre nach dem ersten Jahr entschädigt werden? Meist nicht.

Hedgework: Zahlt sich die Analyse bei dem heutigen Zinsniveau überhaupt aus?
Bajic: Das ist eine durchaus berechtigte Frage, denn ein typisches Investment­Grade-Portfolio wirft heutzutage eine Rendite von kaum mehr als 1% ab. Genau deshalb dürften sich große Geldmengen in Richtung renditeträchtiger Papiere bewegen, also zu High-Yield-Anleihen mit Ratings von BB+ und tiefer. Dort ist die Risikoentschädigung umso wichtiger, weil High-Yield-Anleihen auch ein höheres Ausfallrisiko tragen. Aufgrund der Funktionsweise der Terminsatzrendite können Sie bei richtiger Anwendung ein Portfolio mit relativ kurzlaufenden Anleihen zusammenstellen, wo sie erstens eine gute Informationslage über das Unternehmen haben, zweitens die mit Unsicherheiten behaftete Zeitperiode aufgrund der kurzen Laufzeit minimieren und drittens gleichzeitig den Ertrag während dieser Zeitperiode maximieren. Zu jeder Zeit und besonders im aktuellen Tiefzinsniveau ist es die Forward Credit Rate, die der Renteninvestor maximieren sollte und nicht die Rendite auf Verfall. Denn nur sie zeigt Ihnen die wahre Entschädigung für das eingegangene Risiko während der Anleihenlaufzeit.

Hedgework: Und wie lautet Ihr Fazit?
Bajic: Ich denke, dass wir hiermit möglicherweise auf einen kleinen Unterschied in der Betrachtungsweise hinweisen, mit jedoch gewaltigen Konsequenzen.

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Stevan Bajic ist Fondsmanager bei Altana Wealth in London und verwaltet den Altana Corporate Bonds Fund. Er studierte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Basel und ist Doktorand an der WHU – Otto Beisheim School of Management. Bevor er zu Altana Wealth kam, war er seit 2007 bei der Bank Sarasin & Cie AG in der Schweiz tätig.

Altana Wealth wurde im Jahr 2010 von Lee Robinson gegründet. Altana Wealth verwaltet den Altana Corporate Bond Fund, einen globalen Long/Short-Rentenfonds, der sich mit dem Konzept des Forward Credit Rate auf das beste Risiko-Rendite-Verhältnis bei Unternehmensanleihen fokussiert. Altana führt auch Aktienfonds, darunter den Altana Directors Dealing Fund. Die Strategie zeichnet sich dadurch aus, dass sie erfolgreiche von missglückten Insiderkäufen in der Vergangenheit unterscheidet und die Handelsstrategie dadurch lernfähig macht. Beide Strategien sind als UCITS-Fonds aufgelegt.

Altana Wealth hat Niederlassungen in London und Monaco, verwaltet ein Vermögen von insgesamt 120 Mio. US-Dollar und beschäftigt 17 Angestellte. Lee Robinson selbst ist mit 75 Mio. US-Dollar in Altana Wealth investiert.