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„Wenn etwas alternativlos ist, dann sind es nicht Aktien, sondern Diversifikation“

Dass die negativen Zinsen an den Märkten die Investoren zum Umdenken zwingen, ist ein Fakt. Allerdings ist die Erhöhung der Risikoquote nicht die einzige Lösung. Lutz Klaus, CIO bei Tungsten Capital Management, plädierte beim 134. Hedgework vergangene Woche in Frankfurt für eine effizientere Diversifikation der Portfolios und eine strikte Trennung von Alpha und Beta.

Lutz Klaus

Hedgework: Herr Klaus, ein Teil Ihrer Strategie ist es, Beta-Risikoprämien effizient zu heben. Wie können Sie das erreichen?
Klaus: Die Lösung finden wir in der Theorie. Und zwar im Tobin Separationstheorem. Wir müssen die Erkenntnisse nur so praktikabel wie möglich machen. Und das funktio­niert auch. Effizienz bedeutet in erster Linie, dass wir das Portfolio mit der höchsten Sharpe Ratio finden müssen. Im zweiten Schritt gilt es, das gefundene Portfolio auf das gewünschte Zielrisiko zu skalieren. Also zu hebeln, wenn es zu wenig Risiko hat, oder Kassequoten zu halten, wenn es zuviel Risiko hat. Während Kassequoten durchaus salonfähig sind, registrieren wir immer noch eine hohe Aversion gegen Hebel. Aber erst durch den Hebel können wir die Effizienz von Portfolien mit hoher Sharpe Ratio umwandeln in Portfolien mit attraktiven Renditen. Auf Hebel zu verzichten bedeutet, auf Effizienz zu verzichten. Das ist unwirtschaftlich und eigentlich können wir uns das gerade in Niedrigzinsphasen nicht erlauben. Beispielsweise erwirtschaftet unser Tungs­ten PARITON nur mit Beta-Risikoprämien eine höhere Sharpe Ratio als viele Multi-Asset-Fonds, deren Erfolg auf Alpha basiert.

Hedgework: Und was tun Sie auf der Alpha-Seite?
Klaus: Alpha heben wir mit einem Long/Short-Ansatz, wie wir ihn etwa beim Tungsten TRYCON umsetzen. Die Strategie überwacht systematisch ca. 40 liquide Märkte, darunter Aktienindizes, Staatsanleihen und Währungen. Der Kern der Strategie besteht aus einem Algorithmus auf Basis künstlicher Intelligenz, der täglich eine Vielzahl von Messungen aus dem Markt auswertet und prognostiziert, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Asset steigt oder fällt.

Hedgework: Sie setzen dabei auf ein selbst entwickeltes Prognosesystem, anstatt auf ein Trendfolgemodell. Weshalb das?
Klaus: Zunächst einmal sind wir der Trendfolge nicht grundsätzlich abgeneigt. Etwa ein Fünftel unserer Allokation steuern wir konsequent über ein solches Modell. Wenngleich die weit verbreitete mittel- bis langfristige Trendfolge langfristig vielversprechend ist, so ist sie doch recht träge. Für uns beißt sich das mit den schnelleren Informationsflüssen an den Märkten. Das ließe sich natürlich mit einem kurzfristigen Trendfolgemodell heilen. Mehr überzeugt uns aber ein Ansatz, der vereinfacht gesagt dynamisch zwischen den Stilrichtungen Contrarian und Momentum wechseln kann und täglich für jeden Markt neu bewertet, welches der vielversprechendere Ansatz ist.

Hedgework: Wie lange arbeiten Sie schon damit – und mit welchem Erfolg?
Klaus: Unser Quant-Modell ist seit September 2013 im Einsatz und hat seither über 12.000 Transaktionen generiert. In diesen grob zweieinhalb Jahren konnten wir unsere selbst gesteckten Ziele alle erreichen – wir streben eine Rendite von 6-8% pro Jahr an, eine Volatilität zwischen 5-7% sowie eine Korrelation von maximal 0,2 mit einer beliebigen Assetklasse.

Hedgework: Inwiefern kann das System an sich verändernde Situationen angepasst werden?
Klaus: Unser QuantMatrix getauftes Modell basiert wie gesagt auf künstlicher Intelligenz. So können wir einerseits eine Vielzahl von Einflussfaktoren in die Handelsentscheidungen einfließen lassen. Andererseits lernt der Algorithmus regelmäßig hinzu und kann sich dadurch auf veränderte Bedingungen einstellen.

Hedgework: Wie groß ist die Gefahr, dass Ihr System falsche Signale liefert und wie können Sie das korrigieren?
Klaus: Bei unserem Anlageuniversum von ca. 40 Märkten kommt es natürlich auch zu Positionen, die nicht für uns laufen. Entscheidend ist daher, dass das Portfolio so aufgebaut ist, dass wir es aushalten können, wenn einzelne Positionen sich nachteilig entwickeln. Unser Modell entscheidet börsentäglich, wie es in jedem Markt investiert sein möchte, was bedeutet, dass wir schnell auf neue Marktentwicklungen reagieren können. Und zwar rein systembasiert, ohne „Behavioral Bias“. Wenn es angezeigt ist, eine Position aufzulösen oder zu drehen, dann machen wir das – ganz egal, wie wir uns damit fühlen.

Hedgework: Das extrem niedrige Zinsniveau zwingt viele Institutionelle, ihre Aktienquote zu erhöhen, was zu Lasten der Diversifizierung geht und das Risikoprofil der Anleger verschiebt...
Klaus: Zunächst einmal werden Anleger nicht durch das niedrige Zinsniveau in Aktien gezwungen. Wir wissen schlichtweg nicht, ob Aktien mehr Rendite als zum Beispiel 10-jährige Bundesanleihen über die nächsten drei oder zwölf Monate, oder gar zehn Jahre abwerfen werden. Auch nicht bei 0% Zinsen. Schauen Sie nach Japan. Bereits 1998 sind dort die Zinsen unter 1% gefallen. Im Schnitt haben Sie seitdem trotzdem noch rund 3% p.a. mit Anleihen verdient und damit Aktien bei weitem outperformt. Auf Diversifikation zu verzichten und sich auf Sachwerte zu verlassen, hat sich in Japan definitiv nicht ausgezahlt. Es ist viel effizienter, die Diversifikation auszunutzen, ein effizientes Portfolio mit geringen Risiken zu konstruieren und es zu hebeln. So werden aus mageren Renditen dann wieder attraktive und das Risiko lässt sich viel leichter stabil halten. Wenn etwas alternativlos ist, dann sind es nicht Aktien, sondern Diversifikation. Schließlich sind die Risikoprämien heute immer noch attraktiv – nur das absolute Renditeniveau vielleicht nicht. Zielrenditen von 3-6% über Euribor sind auch heute durchaus machbar, dafür brauchen Sie keine hohe Aktienquote. Im Gegenteil, das können Sie auch realisieren mit gerade mal einem Drittel des Risikos von Aktien. Sie müssen nur den Baukasten ordentlich ausnutzen.

Hedgework: Alternativ schlagen Sie vor, zur Verbesserung der Performance Alpha und Beta optimal miteinander zu kombinieren. Was bedeutet das?
Klaus: Die optimale Kombination folgt aus einer sauberen Definition der beiden Ertragsquellen. Echtes Alpha ist immer vollständig unkorrelliert zu den Märkten. Wenn Sie ein ordentliches Beta-Portfolio als Basisportfolio haben, können unkorrelierte Alpha-Ansätze hervorragend Mehrwert schaffen. Je mehr Sie davon finden, umso besser. Diese sollten aber zwingend unkorreliert zum Beta-Basisportfolio sein – und möglichst auch untereinander. Zur Errechnung der optimalen Gewichte der Alpha-Strategien innerhalb des Alpha-Blocks eignet sich ein Equal-Risk-Ansatz. Wichtigste Parameter sind dabei die Qualität des Alpha-Blocks und dessen erwartete Sharpe Ratio im Vergleich zum Beta-Block.

Hedgework: Die Philosophie Ihres Hauses ist es, Alpha und Beta strikt zu trennen. Wäre aus Sicht der Kunden nicht die Kombination von Alpha und Beta besser?
Klaus: In Spezialfondsmandaten ist das kein Problem. Da kann man die Kombination ideal mit dem Investor abstimmen. Auf Publikumsfondsebene bleiben wir da puristisch. So können Dachfonds und kleinere Investoren hochprofessionell und flexibel arbeiten. Die Entscheidung darüber, wieviel Alpha zum Beta beigemischt wird, obliegt letztlich dem Allokator, nicht dem Fondsanbieter. Pures Alpha können Sie von überall her holen. Auch andere Anbieter haben tolle Alpha-Produkte. Trennen ist für alle Parteien wirtschaftlicher.

Hedgework: Welche Ergebnisse haben Sie mit Ihrem Anlagemodell bislang erreicht?
Klaus: Beide unsere Ansätze haben seit ihrer Auflage jeweils eine Sharpe Ratio um eins realisiert. Da die beiden wirklich vollständig unkorreliert sind, bietet sich ein 50/50 an. Wir kommen in dieser Kombination auf 6,7% Rendite bei einer Volatilität von 3,7%. Das entspricht einer Sharpe Ratio von rund 1,8. Wir kennen nicht viele Multi-Asset-Fonds, die solch ein Ergebnis in den vergangenen zwei Jahren darstellen konnten.

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Vita: Lutz Klaus ist Partner und CIO von Tungsten Capital Management. Zuvor war er für Sal. Oppenheim, die Pensionskasse Degussa und die Mayfair Vermögensverwaltung, dem Family Office der Herz Familie (Tchibo), tätig. Er besitzt einen Abschluss als „Diplom Ökonom“ der Universität Gießen und ist CFA Charterholder. Tungsten Capital Management ist ein 2006 gegründetes, partnergeführtes Investmenthaus, das unter der Marke „Tungsten Investment Funds“ ein breites Spektrum an Investmentfonds anbietet. Ein Grundpfeiler der Anlagephilosophie ist der Fokus auf die Maximierung der Rendite zum eingesetzten Risiko. Tungsten managt ein Volumen von 450 Mio. Euro.