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„Wir sehen aktuell keine Anzeichen, dass die US-Volkswirtschaft dieses Jahr in eine Rezession gehen könnte“

IPE D.A.CH Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Peter Becker, Investment Director im Londoner Büro der Capital Group, über den weiteren Ausblick an den Fixed Income Märkten 2025.

Peter Becker

IPE D.A.CH: Herr Becker, über wenig Volatilität konnten sich Anleger an den Zinsmärkten die letzten 18 Monate beileibe nicht beklagen...
Becker: Man muss bedenken, dass die deutliche Mehrzahl der Indikatoren in der zweiten Jahreshälfte 2023 noch auf eine wirklich tiefe Rezession hingedeutet hat. Wir haben dann in nicht einmal 12 Monaten eine starke Änderung der Erwartungshaltung bezüglich der Zinsentwicklung erlebt – von starken Zinssenkungen bis nahezu keinen Zinssenkungen. Diese Unsicherheit bezüglich der Geldpolitik hat die Volatilität an den Zinsmärkten hochgehalten. Aktuell erwartet der Markt 2-3 Zinssenkungen bis zum Jahresende, was durchaus realistisch erscheint.

IPE D.A.CH: Weniger Volatilität gab es dagegen an den Risikomärkten...
Becker: Das stimmt, der Aktienmarkt lief im gleichen Zeitraum über weite Strecken hervorragend und im Fixed Income-Bereich war High Yield die mit Abstand am stärksten performende Assetklasse. Auch die Spreads bei Corporates im Investmentgrade-Bereich sind nahezu auf ihr Allzeit-Tief gelaufen. Aber wir hatten, wie schon ausgeführt, sehr viel Volatilität auf der Zinsseite, insofern war 2023/2024 trotzdem für viele institutionelle Anleger ein schwieriges Umfeld zur Navigation in den Fixed Income Märkten.

IPE D.A.CH: Warum ist die Rezession in den USA dann doch nicht gekommen?
Becker: Wir haben uns darüber intensiv Gedanken gemacht, aber letztlich war wohl vieles noch aus der Pandemie heraus getrieben, wie die Verwerfungen an den Arbeitsmärkten, die schließlich mit fallender Inflation zu deutlich höheren Real-Löhnen geführt haben. Dies hat zu einem sehr stabilen Konsum – gerade in den USA – geführt, was wirtschaftlich natürlich sehr geholfen hat.

IPE D.A.CH: Welchen Einfluss hat die neue „Stimmung“ in Deutschland bzw. Europa zum Thema fiskalische und strukturelle Impulse, nicht nur bei den Themen Infrastruktur und Verteidigung?
Becker: Wir hatten in den letzten Jahren eine Divergenz ausgemacht zwischen den USA und vielen anderen Teilen der Welt, sowohl auf zyklischer als auch struktureller Basis. Die fiskalischen Maßnahmen in Deutschland und Europa könnten nun dazu führen, dass wieder eine Konvergenz stattfindet, in der sich die Zyklik, aber potenziell auch die strukturellen Faktoren wie Produktivität der Wirtschaftsräume annähern. Dies hätte weiter Auswirkungen auf Zinsen und Währungen, wie wir zuletzt auch schon gesehen haben.

IPE D.A.CH: Wie sieht es in den USA aus, trägt der Aufschwung noch weiter?
Becker: Wir sehen aktuell keine Anzeichen, dass die US-Volkswirtschaft dieses Jahr in eine Rezession gehen könnte. Allerdings könnten die Effekte der bisherigen Politik der neuen US-Administration wachstumsdämpfend wirken, was sich nun in einigen Indikatoren zeigt. Es bleibt abzuwarten, ob die eher wachstumsfördernden Maßnahmen, die im Wahlkampf angekündigt wurden, rechtzeitig kommen und wirken.

IPE D.A.CH: Was heißt das für die Zentralbankpolitik?
Becker: In Saldo sehen wir bei der FED weniger Spielraum für Zinssenkungen. Vieles der Administration Trump wird eher inflationär wirken, entsprechend vorsichtiger wird die Zentralbank reagieren. Anders sieht es da noch in Europa aus, wo wir gerade in den großen Volkswirtschaften eine deutliche Wachstumsschwäche sehen. Aber mit den neu angekündigten Programmen sollte es auch hier Wachstumsimpulse geben, die der EZB weniger Spielraum für weitere Zinssenkungen bietet.

IPE D.A.CH: Aber ich verstehe Sie richtig, dass dies in den Märkten auf der Zinsseite im Wesentlichen eingepreist ist?
Becker: Absolut ja, sowohl bei der Fed als auch jetzt bei der EZB, zumindest wenn wir beim Basisszenario bleiben. Sollten wir, zum Beispiel durch weitere politische Maßnahmen oder geopolitische Ereignisse, nicht in ein Inflations- oder Reflationsszenario kommen, so könnte 2025 ein Carry-Jahr werden, in dem man durchaus Rendite ins Portfolio aufnehmen kann, soweit es das Risikobudget hergibt.

IPE D.A.CH: Wie beurteilen Sie die zuletzt gesehenen Flows von institutioneller Seite in die verschiedenen Sub-Assetklassen?
Becker: Wir haben seit 2023 sehr viele Flows in Investmentgrade Corporates gesehen. Hintergrund war hier ganz klar die Rendite. Was wir allerdings nicht gesehen haben, war ein großes Interesse an High Yield. Niemand wollte wegen der Rezessionsgefahr zu tief ins Kreditrisiko greifen. Viele Investoren haben da zurückgeschreckt.

IPE D.A.CH: Kommt das Interesse nun – angesichts der exzellenten Performance – zurück?
Becker: Noch immer etwas zögerlich, aber wir sehen mehr Searches seit dem zweiten Halbjahr 2024 in High Yield. Nur wenige Investoren erwarten da, dass die Rezession doch kurzfristig kommt und sehen nun Chancen trotz der immer noch engen Spreads für High Yield.

IPE D.A.CH: Profitiert auch EMD von einer gestiegenen Aufmerksamkeit und Investitionsbereitschaft?
Becker: Wir sehen in der Tat Interesse für EMD in verschiedensten Variationen und das schon über die vergangenen zwei bis drei Jahre – auch von institutioneller Seite aus Deutschland. Bemerkenswert war das Interesse an Investments in lokalen Währungen, die trotz oder vielleicht auch gerade wegen der tendenziell über die letzten Jahre abwertenden EM-Währungen gesucht waren. Zum doch wieder gestiegenen Interesse hat sicher die umsichtige Politik der Notenbanken in den Emerging Markets beigetragen, die schneller – und meist auch besser – in und nach der Corona-Krise agiert haben und damit viel Kredibilität bei institutionellen Investoren sammeln konnten. Langfristig sollten bei einer guten Selektion auf Länderebene gute Renditen vereinnahmt werden können.

IPE D.A.CH: Stichwort Renditen, Sie haben bereits den Begriff vom „Carry-Jahr“ 2025 geprägt. Was ist denn in den einzelnen Sub-Assetklassen möglich?
Becker: Bleiben wir bei den Emerging Markets, da kann die laufende Rendite eines aktiv gemanagten Portfolios derzeit durchaus um 9% betragen. US High Yield liegt bei um 7,5% und im globalen Investmentgrade-Bereich bei 5-5,5% – das alles jetzt auf US-Dollar-Basis, sprich der Hedge in den Euro kommt für Euro-basierte Investoren noch hinzu, der aktuell rund 1,8-1,9% kostet.

IPE D.A.CH: Schaut man von Investorenseite auch zunehmend skeptisch auf die Risiken der ausufernden Staatsverschuldung?
Becker: Die hohe Verschuldung seitens der Staaten ist tatsächlich ein Thema das zunehmend diskutiert wird. Man setzt stärker auf Corporates als auf Staaten als Schuldner. Zum einen kann damit auf Index-Ebene auch deutlich besser diversifiziert werden und zum anderen gelten die hohen Schuldenstände zunehmend als nicht mehr adäquat eingepreistes Risiko.

IPE D.A.CH: Besten Dank für die Einblicke!