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„Wir sind der Ansicht, dass wir uns weiterhin in einem Niedrigzinsumfeld bewegen und dass unerwartete Ereignisse immer eine Herausforderung für die Märkte darstellen werden“

In einem Umfeld mit generell niedrigen Zinssätzen stehen Anleger laufend vor der Frage, wie sie Ihre Ertragsziele erreichen können. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach dazu mit Eli Pars, dem Co-Chief Investment Officer und Head of Alternative Strategies bei Calamos Investments, einem internationalen Vermögensverwalter mit Sitz im Großraum von Chicago. Pars leitet ein Team, das alternative Vermögenswerte in Höhe von mehr als 4 Mrd. US-Dollar verwaltet. Hierzu zählt auch die marktneutrale Ertragsstrategie, ein Absolute-Return-Ansatz des Unternehmens. In diesem Gespräch schildert Hr. Pars, wie es seinem Team mit dieser Strategie gelingen soll, die Volatilität zu dämpfen und beständige Erträge zu erzielen.

 

Eli Pars

IPE Institutional Investment: Können Sie uns zum Einstieg etwas über den Hintergrund von Calamos im Bereich der alternativen Anlagen erzählen?
Pars: Calamos befasst sich schon sehr lange mit alternativen Strategien. Unser Gründer, John P. Calamos sen., begann in den 1970er-Jahren in wandelbare Wertpapiere zu investieren, als diese im Grunde alternative Anlagen darstellten. Da es sich bei wandelbaren Wertpapieren um fest verzinsliche Papiere mit eingebetteten Optionen handelt, war unsere Erfahrung im wandelbaren Segment eine ausgezeichnete Basis für unsere Aktivitäten in den Bereichen Convertible Arbitrage und Covered-Call-Writing, den beiden Kernkomponenten unserer marktneutralen Strategie.

IPE Institutional Investment: Wie würden Sie die Schwierigkeiten umschreiben, denen Anleger heute gegenüberstehen?
Pars: Die heutige Welt mit ihren sehr niedrigen Zinssätzen bereitet Anlegern einiges an Kopfzerbrechen, unter anderem darüber, wie sich stabile Erträge ohne immense Risiken erzielen lassen. In der Vergangenheit konnten Rentenpapiere diese Aufgabe in Portfolios übernehmen, doch wer heute aus Anleihen Erträge erzielen möchte, muss ein hohes Bonitäts- oder Durationsrisiko, oder auch beide in Kauf nehmen. Bei europäischen Staatsanleihen sind Erträge momentan praktisch nicht darstellbar. Der Aktienmarkt, der einmal ruhiges Fahrwasser zeigt, und dann plötzlich, wie aus dem Nichts, extrem volatil wird, ist derzeit auch kein Zuckerschlecken. Während die Volatilität generell niedrig sein mag, war das Umfeld für Investitionen alles andere als einfach. Oft sind die Anleger nicht nur vom Ergebnis eines Ereignisses, sondern auch von der Reaktion des Marktes darauf absolut überrascht. Die bemerkenswertesten Beispiele hierfür waren im vergangenen Jahr 2016 der Brexit im Juni und die US-Wahlen im November.

IPE Institutional Investment: Wodurch unterscheidet sich bei Ihnen der Absolute-Return-Ansatz von der marktneutralen Ertragsstrategie?
Pars: Wir konzentrieren uns darauf, bei minimalem Zinsrisiko rentenpapierähnliche Erträge zu erzielen. Dazu verfolgen wir komplementäre Strategien mit unterschiedlichen Antworten auf die Volatilität. Und zwar einerseits, die Convertible-Arbitrage, also eine langfristige Volatilitätsstrategie, die auf absolute Erträge ausgerichtet ist, und andererseits das Covered-Call-Writing als Strategie bei kurzfristiger Volatilität, die Erträge aus Stillhaltergeschäften und die Mitnahme potenzieller Aufwärtstrends im Equity-Bereich bietet. Die Strategiezuweisung kann sich im Lauf der Zeit, abhängig vom Umfeld, ändern. Bei der Convertible-Arbitrage kaufen wir Wandelanleihen und gehen bei den zugrunde liegenden Aktien des Emittenten eine Short-Position, also eine Leerverkaufsposition ein. Dies ist eine Convertible-Arbitrage ohne den Einsatz von Fremdmitteln – eine traditionelle Hedgefonds-Strategie, eine der ersten Absicherungsstrategien, die überhaupt zum Einsatz kamen. Die Convertible-Arbitrage kann in jeder Art von Markt ein konsistenter Ertragsgenerator sein. Es gibt nichts, das jederzeit und immer, jeden Tag und jeden Monat, funktioniert, und dennoch sind wir der Überzeugung, dass die Convertible-Arbitrage etwas ist, mit dem wir Geld verdienen können, unabhängig vom Marktumfeld. Kniffelig an der Sache ist, dass eine Convertible-Arbitrage meist eine Spread-Strategie über den LIBOR ist, und da der LIBOR auf sehr niedrigem Niveau steht, ist der aus einer Convertible-Arbitrage in einem Jahr erzielbare Betrag nun einmal beschränkt. Und genau hier kommt unsere Covered-Call-Strategie ins Spiel. Diese Strategie hat einen höheren Beta-Faktor mit mehr Aufwärtschancen als die Convertible-Arbitrage. Bei der Covered-Call-Strategie handelt es sich dennoch um einen abgesicherten Ansatz. Das unserer Covered-Call-Strategie zugrunde liegende Aktienportfolio besteht aus rund 250 bis 275 Aktien, die alle im S&P 500 Index stehen. Unser Ziel ist es, unserem Equity-Buchwert Alpha hinzuzufügen, die Minimierung des Tracking Errors hinsichtlich des S&P 500 Index hat für uns allerdings Vorrang, da wir zudem mit S&P 500 Index-Optionen handeln. Wir verkaufen Calls auf den S&P 500 Index und kaufen Puts. Bei unserem Basisgeschäft, bzw. bei dem, was wir als unser „North Star“-Geschäft bezeichnen, zeichnen wir im Allgemeinen 80% Calls zum Nominalwert und kaufen 40-50% Puts zum Nominalwert. Unser Ziel ist es, Erträge wie bei Beteiligungspapieren zu generieren, und zusätzliches, über den Dividendenstrom hinausgehendes Einkommen zu erzielen, das zudem abgesichert ist. Insgesamt war das Gesamt-Beta gegenüber dem S&P 500 Index um einiges niedriger, allerdings mit einem relativ stabilen Ertragsprofil.

IPE Institutional Investment: Wie entscheiden Sie, welche Struktur Sie Ihrem Hedge-Profil geben?
Pars: Wir haben eine Kernabsicherung, die ein immerwährender grundsätzlicher Abwärtsschutz ist. Basierend auf diesem Schutz sehen wir uns an, was sich im jeweiligen Marktumfeld am besten eignet. Unser Ziel ist eine Absicherung, die so viel Abwärtsschutz wie möglich bietet, während sie gleichzeitig eine Teilnahme an Marktrallyes maximiert. Wir können uns kürzer- oder längerfristiger Optionen bedienen und unseren Einsatz von Spreads, Puts und Calls erhöhen oder senken.

IPE Institutional Investment: Gibt es Leitprinzipien, die Sie bei der Navigation durch Marktturbulenzen hilfreich fanden?
Pars: Allem voran möchten wir die Chancen nützen, die uns der Markt bietet. Einige unserer Mitbewerber verlassen sich bei der Konstruktion von Absicherungen viel stärker auf Regeln. Wir verfolgen einen flexibleren Ansatz und suchen schon vor Ereignissen, die Marktstörungen verursachen könnten, nach kostengünstigen Absicherungsmöglichkeiten. Diese Vorgehensweise steht nicht selten im Widerspruch zur vorherrschenden Stimmung im Markt. So ist es beispielsweise oft eine gute Idee, den Abwärtsschutz gerade bei einer optimistischen Marktlage zu erhöhen. Und zweitens positionieren wir das Portfolio so, dass es für möglichst viele Ergebnisse gewappnet ist, nicht nur jenes, das die Marktteilnehmer erwarten.

IPE Institutional Investment: Sie haben den Brexit erwähnt, ein Ereignis, das nicht so ausgegangen ist, wie die meisten es erwartet hatten. Wie hatten Sie sich hinsichtlich des Referendums positioniert?
Pars: Wir profitierten, weil wir unsere Bemühungen nicht auf die korrekte Voraussage des Ergebnisses konzentrierten, sondern unser Portfolio vielmehr so positionierten, dass es von jedem Ergebnis profitieren konnte. Ungefähr einen Monat vor dem Brexit hatte sich der US-Aktienmarkt von seinem Tief im Februar wieder erholt und war wieder in der Nähe der jüngsten Höchstwerte. Gleichzeitig waren die Optionspreise von ihrem Februarhoch gefallen. Wir reduzierten unsere Aktivitäten bei der Zeichnung von Calls und erhöhten unsere Absicherung über Put-Spreads und durch den Kauf von Outright-Puts. Wir kauften auch „Out-of-the-Money“-Calls zu einem relativ niedrigen Preis. Unsere Beweggründe dafür waren, dass uns diese Upside-Tail-Calls, wenn sich der Markt nach oben bewegt, oder die Volatilität wieder auf ein attraktives Niveau zurückkehrt, einen aggressiveren Verkauf in eine solche Bewegung hinein gestatten würden. Etwas mehr als eine Woche vor der Abstimmung stieg die Volatilität. Möglicherweise auch, weil der Markt zunehmend den „Verbleib“ als Abstimmungsergebnis erwartete, und damit eine Erholungsrallye, stieg auch die Volatilität von „Near-the-Money“-Calls. Da wir „Out-of-the-Money“-Calls gekauft hatten und bei den Calls leicht untergewichtet waren, waren wir für einen Verkauf in diese Call-Rallye positioniert. Wir verkauften einige „Close-to-the-Money“-Calls und verwendeten den Erlös zum Kauf von Put-Spreads, wodurch wir den Abwärtsschutz zu geringen Kosten verbessern konnten. Für jeden verkauften Call konnten wir 1,5 Put-Spreads kaufen und dabei Geld vereinnahmen. Damit steuerten wir mit einem über dem Normalbereich liegenden Verlustrisikoschutz und einem asymmetrischen Profil in ein wesentliches Ereignis, wodurch wir uns eine bessere Wahrscheinlichkeitsgewichtung im Ertragsprofil versprachen, und zwar unabhängig vom Ausgang des Referendums. Im Fall einer Marktrallye konnten wir uns auf unsere langfristigen Calls stützen. Im Fall eines Abstimmungsergebnisses zugunsten des Brexit und einem nachfolgenden Abverkauf an den Märkten hätten wir dank der hinzugefügten Absicherung mehr Flexibilität im Handel unseres Convertible-Arbitrage-Portfolios.


Abbildung zur Brexit-Strategie

IPE Institutional Investment: Als das Abstimmungsergebnis „Austritt“ feststand, brachen die Marktkurse ein. Welche Korrekturen haben Sie an Ihrer Positionierung vorgenommen?
Pars: Wir deckten den Anteil, der mit unserer Convertible-Arbitrage-Strategie in Zusammenhang stand, und verkauften Put-Spreads. Wir kauften auch die Calls zurück, die für einen Bruchteil des Preises gezeichnet hatten, für den wir sie verkauft hatten. Dank dem höheren Put-Schutz, den wir aufgebaut hatten, je näher die Abstimmung rückte, fühlten wir uns mit der Absicherung unseres Verlustrisikos noch immer gut. Die Deckung dieser Calls bedeutete für uns einen klareren Laufsteg in den positiven Bereich, sollte der Markt stark nach unten ziehen. Und schließlich erhöhten wir den Kapitalanteil unserer Coverd-Calls, als die Aktienwerte fielen, da wir unsere Maßnahmen zum Schutz vor Verlusten für ausreichend erachteten. Als der Markt wieder anzog, konnten wir durch den Verkauf von Aktien, die wir in unseren Convertible-Arbitrage- und Covered-Call-Portfolios in der Woche davor gekauft hatten, Gewinne erzielen. Wir verkauften auch Calls, um jene zu ersetzen, die wir gekauft hatten, als der Markt niedriger war.

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns vom Brexit zu einem anderen Ereignis kommen, das den Markt überraschte. Wie haben Sie sich im Hinblick auf die US-Wahlen im vergangenen November positioniert?
Pars: Auch hier wurde beides falsch gesehen, das Resultat und die Reaktion des Marktes auf dieses Resultat. Wie wir alle wissen, haben die Märkte generell auf einen Clinton-Sieg gesetzt. Allgemein wurde erwartet, dass die Märkte eine sinnvolle Korrektur erfahren würden, sollte unerwarteter Weise doch Trump gewinnen. Wir sicherten die Möglichkeit einer Korrektur dadurch ab, dass wir eine inkrementelle Long-Position auf Puts einrichteten, die am Tag nach der Wahl ablief. Als die Wahlergebnisse in den späten Abendstunden der Wahlnacht hereinkamen, brachen die Marktkurse ein. Über unsere Handelsabteilung in London kauften wir von einem Überseebroker ETF-Engagements im S&P 500. Bis der Markt in den Vereinigten Staaten am folgenden Morgen öffnete, hatte der S&P 500 Index bereits die gesamte Rallye nach unten hinter sich. Wir wickelten diese Geschäfte dann mit Gewinn ab.

IPE Institutional Investment: Können Sie uns einen abschließenden Gedanken mitgeben?
Pars: Wir sind der Ansicht, dass wir uns weiterhin in einem Niedrigzinsumfeld bewegen werden, und dass unerwartete Ereignisse immer eine Herausforderung für die Märkte darstellen werden. In diesem Jahr stehen mehrere wichtige europäische Wahlen an, die wir sehr genau verfolgen werden. Wir denken, dass unsere Konzentration darauf, Vorteile aus den Chancen mitzunehmen, die uns der Markt bietet, und unsere Vorbereitung auf möglichst viele Ergebnisse, uns einen Konkurrenzvorteil bescheren werden.

IPE Institutional Investment: Besten Dank für diese Einblicke.