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„Das Thema Inflation wird uns an den Märkten früher oder später beschäftigen“

IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit Dr. Oliver Schlick, Chef-Volkswirt und Geschäftsführer, sowie Jürgen Müller, Abteilungsdirektor Fondsmanagement Renten, BayernInvest Kapitalanlagegesellschaft über die aktuelle Entwicklung an den Bondmärkten und die aktuelle Aufstellung des Rentenfondsmanagements der BayernInvest.

Dr. Oliver Schlick (oben) und Jürgen Müller

IPE Institutional Investment: Lassen Sie uns mit dem „großen Bild“ an den Märkten einsteigen. Es werden derzeit viele Themen und Thesen herumgereicht. Wie ist Ihre Einschätzung?
Schlick: Ich möchte zwei wesentliche Punkte aufgreifen. Wir als BayernInvest sind zum einen weiterhin optimistisch was die weitere konjunkturelle Entwicklung angeht, sehen aber – speziell was die Rentenmärkte angeht – das Problem der Inflation auf uns zukommen. Hier spielt zwar insbesondere der Basiseffekt bei vielen Rohstoffen eine Rolle, aber auch der Wegfall von bisherigen Globalisierungseffekten – Stichwort ist hier z.B. der Lohndruck in China – und den gesehenen Effektivitätssteigerungen in der Produktion hat hier seinen Anteil. Zudem setzt sich bei den Notenbanken auch zunehmend die Meinung durch, dass Inflation nicht das allergrößte Übel an den Märkten ist. Entsprechend vorsichtiger wird man hier auch Gegenmaßnahmen ergreifen. Die EZB ist hier einer der letzten Mahner in der Wüste.

IPE Institutional Investment:  Wie sehen Sie die rückläufigen Zahlen zur Kreditvergabe?
Schlick: Das ist in der Tat ein Risiko für das konjunkturell positiv skizzierte Szenario. Hier muss man allerdings abwarten, wie sich dies im kommenden Jahr weiter entwickelt. Zur Vorsicht mahnen sollte es neben der genannten Inflationsthematik in jedem Fall.

IPE Institutional Investment: Das heißt aber, um auf die Rentenmärkte zu sprechen zu kommen, Gefahr durch steigende Zinsen…
Schlick:
Absolut. Man sollte sich durchaus Gedanken über Themen wie Inflation Linkers und Durationssteuerung machen. Das wird den Markt – aus meiner volkswirtschaftlichen Brille heraus betrachtet – noch weiter beschäftigen. Wenn Sie sich aktuell im Markt umhören, merken Sie auch, dass es tatsächlich auch in den Köpfen der Leute ist. Viele fahren bereits die Duration massiv herunter, viele sind bereits auf der Short-Seite. Es wir also nur die wenigsten unvorbereitet treffen. Die Skepsis gegenüber den Staatsanleihen ist in jedem Fall da, was auf der anderen Seite schon wieder vorsichtig machen sollte, ob das Szenario dann tatsächlich so eintritt…

IPE Institutional Investment: Wie würden Sie Ihr Szenario nun auf die Zinsstrukturkurve übertragen?
Müller:
Wenn unser erwartetes Szenario eintritt, dann müssen wir mit einem Bear Flattening der Zinsstrukturkurve rechnen. Sprich, die Notenbanken werden in die Exit-Strategien einsteigen. Dies hätte zur Folge, dass der Zinsanstieg am kurzen Ende auf kurze Sicht wesentlich stärker ausfällt als bei den langen Laufzeiten. Wir werden schrittweise im nächsten Jahr unsere Laufzeitenstruktur barbellieren, allerdings mit einer deutlich niedrigeren Duration im Vergleich zur Benchmark.

IPE Institutional Investment: Wie gehen nun Sie konkret in Ihren Portfolios vor? Lassen Sie uns über den Investmentprozess sprechen…
Müller:
Unser Investmentprozess ist ein aggregiertes Gesamtkonstrukt aus fünf Einzelprozessen. Dies sind in folgender Priorisierung: die Durationssteuerung, die Kurvenpositionierung, die Länderallokation, die Sektorallokation und letztlich die Beimischung von Inflation Linked Bonds. Wichtig ist dabei, dass jeder Prozess aus einem fundamentalen Teil, einem Fair Value-Modell und einer technischen Komponente besteht. Unsere Entscheidungen basieren auf einer Auswertung der einzelnen Prozessteile. Hieraus treffen wir dann nach vorher definierten Maßstäben unsere Entscheidungen für das Portfolio.

IPE Institutional Investment: Wie sehen Sie den Beitrag der einzelnen Prozesse zur Outperformance? Sie lagen ja in der Vergangenheit sehr gut im Rennen…
Müller:
  Alle Einzelprozesse konnten in diesem Jahr einen Mehrwert liefern. 10 Basispunkte gehen dabei auf das Konto der Durationssteuerung, 10 Basispunkte auf die Kurve und 20 Basispunkte auf die Länder- und Sektorallokation. Im BayernInvest Renten Europa-Fonds, unserem Publikumsfonds der nach dem Renten Core-Ansatz verwaltet wird, liegen wir damit Year-to-Date mit 40 Basispunkten über der Benchmark.

IPE Institutional Investment:
Wie würden Sie beschreiben, was seit dem Frühjahr an den Rentenmärkten passiert ist?
Müller:
Bei den Spreadprodukten im weitesten Sinne  haben wir in den Monaten März/April einen massiven Trendbruch gesehen. Schienen die Spreadausweitungen während der vorangegangenen Monate kein Ende zu nehmen, war jetzt drastisches Tightening angesagt. Dies hat auch unser Investmentprozess im 2. Quartal angezeigt. In der Folge haben wir unsere deutliche Übergewichtung in deutschen Staatstiteln und deutschen Covered Bonds drastisch reduziert und im Gegenzug hochrentierliche  Staatsanleihen bzw. hochrentierliche Covered Bonds erworben. Dabei konnten wir auch an der Vielzahl von Neuemissionen partizipieren. Letztendlich haben wir ein deutliches Untergewicht in der Spreadduration in ein Übergewicht geswitcht.

IPE Institutional Investment: Stichwort Länderebene – wie hoch schätzen Sie hier das Risiko eines Defaults ein bzw. ist so etwas überhaupt denkbar?
Schlick:
Nein, das ist nicht vorstellbar, sofern wir uns in Euroland bewegen. In erster Linie ist diese Aussage vor dem politischen Hintergrund zu sehen. Man wird hier definitiv einspringen um dies zu vermeiden. Man denke auch nur an die katastrophalen Folgen für den gesamten Staatsanleihenmarkt.

IPE Institutional Investment: Ihr gemanagter Fonds BayernInvest Renten Europa-Fonds konnte in der Vergangenheit exzellent performen, könnten Sie uns hier noch einige Details verraten?
Müller:
Der Fonds wird nach unserem „Renten Core-“Investmentkonzept investiert.  Als fundamental geprägtes Haus baut der Investmentprozess zu 50% auf der fundamentalen Einschätzung auf. Diese kann durch die technischen Ingredienzien bestätigt oder im Extremfall neutralisiert werden. Eine Umkehr der fundamentalen Einschätzung ist ganz bewusst nicht möglich. Insgesamt handelt es sich um einen aggregierten Gesamtprozess, der aus den oben genannten fünf verschiedenen Schritten besteht, die in Summe die Positionierung des Portfolios gegenüber der Benchmark festlegen. Aktuell sind wir hinsichtlich Duration und Kurve gemäß unserem Prozess neutral positioniert.  Die Spreadduration haben wir durch ein Übergewicht in den Hochspreadländern sowie eine Beimischung von Covered Bonds überproportional ausgeweitet. Der Fonds hat in der Kategorie Anleihen Europa mit fünf Sternen das höchste Rating von Morningstar erhalten.

IPE Institutional Investment:
Vielen Dank für diese interessanten Einblicke.