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Invesco-Studie beleuchtet Neuorientierung und Chancen in der Kapitalanlagepolitik der Versicherer

Die langjährige und weiterhin andauernde Niedrigzinsphase und das seit zwei Jahren geltende europäische Aufsichtsregime für Versicherungsunternehmen, Solvency II, stellen die Versicherungsbranche vor gewaltige Herausforderungen. Neben allen Anpassungsnotwendigkeiten des Geschäftsmodells durch neuartige Risiken und Entwicklungen wie die Digitalisierung, Kurzzeitversicherungen oder die Produktindividualisierung stellt insbesondere das „Japan-Szenario“ – die Sorge eines mittel- bis langfristigen Dauer-Niedrigzinsumfelds – die aktuell existenziellste Bedrohung für die Versicherungsbranche dar.

Steffen M. Hahn

Eine neue Invesco-Studie beleuchtet diese Herausforderungen und speziell den Einfluss des neuen Solvency II-Regelwerks auf das Asset Management der Versicherungsgesellschaften. Für die gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Müller-Reichart von der Wiesbaden Business School und Frank Romeike von RiskNET durchgeführte Studie wurden fundierte Gespräche mit 17 Vertretern der deutschen und österreichischen Versicherungswirtschaft aus vielen unterschiedlichen Rechtsformen und Unternehmensgrößen geführt.

Mit einem Kapitalanlagebestand der deutschen Erst- und Rückversicherer von rund 1,6 Billionen Euro (Ende 2017) ist die deutsche Versicherungswirtschaft einer der größten Investoren der deutschen Volkswirtschaft. Dementsprechend bedeutend ist auch die Veränderung der Portfoliozusammensetzung in Versicherungsunternehmen innerhalb der letzten Jahre, die in der für die Invesco-Studie durchgeführten Strukturanalyse der Kapitalanlagen von Versicherungsunternehmen deutlich wird. Demnach ist der Anteil von indirekt über Fonds gehaltenen Kapitalanlagen in den letzten Jahren deutlich gestiegen und entsprach 2016 etwa einem Drittel der Gesamt-Kapitalanlagen.

Substanzielle Verschiebungen haben sich insbesondere im Bereich der Rentenanlagen ergeben. Während das Engagement in Darlehen an Kreditinstitute und Pfandbriefe deutlich reduziert worden ist, haben börsennotierte Schuldverschreibungen einen signifikanten Zuwachs erfahren. In der Folge bezeichnen die Autoren der Studie die Rentenanlagen der Versicherer inzwischen in vielen Dimensionen – zum Beispiel geographisch und in Bezug auf die Anzahl der Emittenten – als sehr gut diversifiziert. Neben Staatsanleihen außereuropäischer Ländern könnten auch US-Kommunalanleihen oder niederländische Hypothekendarlehen zu einer zusätzlichen Diversifikation der Rentenanlagen beitragen. Ob sich in der Rentenanlage ein Engagement außerhalb des Euroraumes lohne, hinge dabei maßgeblich von den eventuell anfallenden Kosten der Währungsabsicherung ab.

„Perspektivisch muss der Anteil an festverzinslichen Wertpapieren im Anlageportfolio von Versicherern abnehmen, um die Renditeerwartungen der Versicherungsnehmer und die Renditeverpflichtungen der Verträge erfüllen zu können“, so Steffen M. Hahn, Director Institutional Business Deutschland bei Invesco. Wie die Studie zeigt, ist der Anteil der Aktienanlagen in den vergangenen Jahren jedoch nur moderat gestiegen. Zwar würden die Solvabilitätsquoten ein höheres Engagement ermöglichen. Bilanzielle Restriktionen stellten jedoch oftmals einen nicht überwindbaren Hinderungsgrund dar, wodurch die Branche regulatorisch bedingt auch nur unzureichend am Aktienboom der letzten Jahre profitiert hat.

Als ein zentrales Ergebnis der vorliegenden Studie wäre festzuhalten, dass Solvency II bei fast allen teilnehmenden Versicherungsunternehmen lediglich eine Nebenbedingung bei der Festlegung der strategischen Asset-Allokation darstellt und keinesfalls als Haupttreiber der Asset-Allokation verstanden wird. Insofern wäre – mit Ausnahme des sich bereits im Zeitraum vor der Einführung manifestierten Ansatzes eines stärkeren Asset Liability Matchings – kein systematischer Einfluss von Solvency II zu beobachten. Somit kommen bilanziellen Überlegungen, i.d.R. unter lokalen Rechnungslegungsvorschriften, und ökonomischen Einschätzungen bzw. Notwendigkeiten auch weiterhin eine wesentliche Rolle zu.

Wie die Studie feststellt, investieren Versicherer zudem bereits seit mehreren Jahren verstärkt direkt oder über Fonds in außerbörsliche Private Equity-Anlagen sowie spezielle Infrastrukturbeteiligungen. Auch im Immobilienbereich böten sich aber noch interessante Anlagemöglichkeiten, so eine der Handlungsempfehlungen. So bewege die Kombination aus einem noch mindestens drei Jahre andauernden Zyklus und einem Umfeld niedriger Spitzenrenditen immer mehr Investoren dazu, „Value Add“- und dabei insbesondere „Manage to Core“-Strategien zu verfolgen. Nach Ansicht der Autoren der Studie dürften mit der Schaffung von Core-Immobilien in guten Lagen attraktive Erträge erzielbar sein. Für die Identifikation der besten Investmentmöglichkeiten seien dabei ein gutes Verständnis der entscheidenden Objekteigenschaften sowie eine höhere Granularität im Hinblick auf die besonderen Eigenschaften von Teilmärkten nötig.

Neben diesen Einblicken und Handlungsempfehlungen für Versicherer beschäftigt sich die Invesco-Studie im Detail mit Fragen rund um die Bedeutung der Kapitalanlage für das Geschäftsmodell der Versicherungswirtschaft und den Einflüssen europäischer Regulatorik auf das Asset Management von Risikogesellschaften.